Finanzen persönlich

Rekorddividende für Dax-Investoren

Anleger können mit Fonds und Zertifikaten von der hohen Ausschüttung der Konzerne profitieren - Langer Atem erforderlich - Rendite wenig aussagekräftig

Rekorddividende für Dax-Investoren

Von Claas Tatje So hohe Dividenden haben Deutschlands Aktionäre noch nie erlebt. Rund 28 Mrd. Euro wollen allein die Dax-Konzerne in diesem Jahr ausschütten, doppelt so viel wie vor drei Jahren. An dem Geldsegen können auch Fondsanleger teilhaben, indem sie gezielt auf dividendenstarke Papiere setzen. Experten rechnen damit, dass sie langfristig mit dieser Strategie besser abschneiden als der Gesamtmarkt. Auch nach einer Auswertung der DWS, der Fondstochter der Deutschen Bank, hat die Dividende in den Aktien des Index S & P 500 seit 1930 rund 40 % zur Gesamtrendite beigetragen. Dividendenrendite steigtNach internen Berechnungen von Allianz Global Investors steigt die Dividendenrendite, das ist das Verhältnis von ausgezahlter Dividende zum aktuellen Kurswert, in diesem Jahr hierzulande deutlich gegenüber dem Vorjahr an – vorausgesetzt, die Hauptversammlungen nicken die entsprechenden Vorschläge der Vorstände ab. 2007 lagen die Ausschüttungen nur bei 25 Mrd. Euro. Damit nimmt die Dividendenrendite im Dax gegenüber dem Vorjahr voraussichtlich um 1 Prozentpunkt auf 3,7 % zu, im EuroStoxx 50 gar von 3,3 auf 4,6 %. Die höhere Rendite ist Teil einer veränderten Geschäftsstrategie der Unternehmen. Sie schütten einen höheren Teil ihres Reingewinns an ihre Anteilseigner aus; diese sogenannte Payout-Ratio der Dax-Unternehmen ist nach Berechnungen von Allianz Global Investors seit 2004 von 30 auf 43 % gestiegen. Darauf reagierend haben Fonds und Zertifikate, die sich auf dividendenstarke Papiere fokussieren, an Beliebtheit gewonnen – und zumindest zwischen 2003 und 2006 besser als der Aktienmarkt abgeschnitten. Fondskurse brechen einIm vergangenen Jahr allerdings brachen die Kurse von Fonds, die in Unternehmen mit hohen Ausschüttungen investieren, reihenweise ein. “Da wurde der gesamte Markt drastisch abgestraft”, sagt Karsten Niemann, der den Allianz RCM High Dividend Europe verwaltet. Dieser Fonds verlor 2007 rund 11 % seines Wertes. Der Grund: Hohe Dividenden schütten klassischerweise Unternehmen aus, die beständig hohe Renditen und entsprechend hohe Gewinne aufweisen – dazu zählen etwa die Branchen Energieversorger, Öl und vor allem Finanzwerte. “Die waren plötzlich weniger gefragt als Wachstumswerte”, sagt Niemann. Anleger spekulierten nach dem Growth-Ansatz – und investierten entsprechend in Unternehmen, die ihre Gewinne seltener ausschütten, sondern umgehend reinvestieren oder das Kapital für künftige Übernahmen im Unternehmen behalten – junge Softwareunternehmen sind ein Beispiel dafür. Defensive UnternehmenFondsmanager, die auf hohe Dividenden setzen, haben eher defensive Unternehmen im Portfolio. Noch immer machen Finanzwerte mehr als ein Drittel in Niemanns Fonds aus. Zwar würden die Dividenden im nächsten Jahr wegen der Finanzkrise gerade bei Banken und Versicherungen stark gekürzt, “aber die Kurse sind so im Keller, dass die Dividendenrendite dennoch häufig zwischen 5 und 6 % erreichen wird”, schätzt Niemann. Zudem hält er ganze Sektoren derzeit für unterbewertet. Aus diesem Grund hat Niemann knapp 9 % in die Energiebranche und 8 % in Telekomwerte investiert.Einen der größten Fonds, der auf hohe Dividenden setzt, den DWS Top Dividende, verwaltet Thomas Schüßler für die DWS. Er achtet bei der Auswahl darauf, dass die Ausschüttungsquoten zwischen 30 und 40 % des Gewinns liegen. “Wenn die Quote über 80 % steigt, müssen bei Anlegern alle Alarmsirenen angehen”, sagt Schüßler. Unternehmen, die einen Großteil ihres Gewinns umgehend an die Teilhaber ausschütten, bekommen spätestens in einer Rezession Probleme, ihr Dividendenversprechen zu halten. Wachstum entscheidendSchüßler warnt Anleger aber davor, nur auf die aktuelle Dividendenrendite zu schauen. Viel interessanter für das Portfolio seien Titel mit einer heute eher durchschnittlichen Dividendenrendite von 3 bis 4 %, zugleich aber hohem Dividendenwachstum zwischen 5 und 10 %. Gerade im aktuellen Marktumfeld sei es gefährlich, sich auf die hohe Dividendenrendite zu verlassen. “Bei vielen Finanzwerten hat sich die Dividendenrendite in den vergangenen Monaten auf bis zu 8 % verdoppelt, weil die Kurse enorm eingebrochen sind. Aber diese Unternehmen sind im nächsten Jahr oft nicht in der Lage, überhaupt eine Dividende zu zahlen.” Langfristig schlägt diese Strategie den Markt, davon ist zumindest Schüßler überzeugt. “Eine hohe Ausschüttung stützt die Performance, das ist ein eingebauter Vorteil”, sagt der Fondsmanager. Die Strategie könne demnach aufgehen, vor allem wenn man einen langen Atem habe und miese Jahre wie 2007 durchstehen könne, sagt Allianz-Fondsmanager Niemann: “Die Produkte sind eher etwas für langfristige Anleger, die mehrere Jahre investiert sein wollen.”Richard Stehle ist sich da nicht so sicher. Der Professor am Lehrstuhl für Bank- und Börsenwesen an der Berliner Humboldt-Universität hat die Vorsteuerrendite von Unternehmen mit hohen Dividendenrenditen mit Firmen verglichen, die weniger ausschütten. Aktien mit hohen Dividenden schnitten dabei besser ab. Dies führt Stehle aber auf die bisherige Benachteiligung von Dividenden bei der Einkommensteuer zurück.”Die Renditen beider Aktienkategorien dürften sich in Zukunft kaum mehr unterscheiden”, prognostiziert er. Schließlich werden ab 2009 die Gewinnausschüttungen von Unternehmen und die realisierten Kursgewinne privater Anleger pauschal mit 25 % besteuert. Nach dem bisherigen Verfahren waren langfristige Kursgewinne privater Anleger in Deutschland steuerbefreit. “Die neue Regelung kann Dividendentitel daher benachteiligen”, sagt Stehle.Anleger, die eher kurzfristig spekulieren, können die Dividende aber auch anders nutzen – als Risikopuffer. HSBC Trinkaus beispielsweise bietet sogenannte Capped-Bonuszertifikate an, bei denen Anleger von einem Risikopuffer von mehr als 40 % profitieren können. Ein Lufthansa-Zertifikat (TB0V0K) lockt mit einer jährlichen maximalen Rendite von rund 18 %, wenn das Wertpapier nicht um 41,38 % oder mehr fällt. Im Gegenzug vereinnahmt der Emittent die Dividende. Zusätzlich ist durch den Cap, den festgelegten Höchstkurs, die Rendite begrenzt. Anleger gehen bei diesem Zertifikat davon aus, dass sich die Lufthansa-Aktie eher seitwärts entwickelt, im schlechtesten Fall jedoch auf fast 10 Euro fällt. Am Mittwoch schloss die Aktie mehr als 6 % schwächer bei 16,87 Euro. “Bleibt die Aktie in diesen Grenzen, sind die Investoren deutlich besser gestellt als Direktanleger, denn solange die Barriere nicht berührt wird, zahlt die Bank je nach Zertifikat einen Bonusbetrag, der einer zweistelligen Jahresrendite entsprechen kann”, sagt Heiko Weyand, Zertifikateexperte der Bank. Grundsätzlich rät er im aktuellen Marktumfeld zu erhöhter Vorsicht. “Die Gier darf nicht zu groß werden, und deshalb sollte der Risikopuffer nach unten mindestens 30 % betragen, eher mehr.” Größere RisikopufferDas gilt umso mehr bei Aktienkörben, den sogenannten Multi-Bonuszertifikaten. Hier sind die Risikopuffer deutlich größer als bei ähnlichen Capped-Bonuszertifikaten, oft über 50 %. Weyand empfiehlt diese Produkte Anlegern, die ihr Geld nicht länger als 15 Monate investieren wollen.