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Renaissance der Dividendentitel

Börsen-Zeitung, 19.10.2013 Die Weltwirtschaft gewinnt an Elan: Nachdem die Folgen der Weltfinanzkrise das Wachstum gebremst hatten, senden nun insbesondere die Volkswirtschaften in Europa und Japan Erholungszeichen. Zugleich erleben die USA dank der...

Renaissance der Dividendentitel

Die Weltwirtschaft gewinnt an Elan: Nachdem die Folgen der Weltfinanzkrise das Wachstum gebremst hatten, senden nun insbesondere die Volkswirtschaften in Europa und Japan Erholungszeichen. Zugleich erleben die USA dank der Schiefergas-Revolution eine industrielle Renaissance. Angesichts der noch immer bestehenden Unsicherheiten werden jedoch die Zinsen für Anleihen und Bankeinlagen noch für geraume Zeit sehr niedrig liegen. Daher bleiben Strategien attraktiv, die ein regelmäßiges Einkommen aus globalen Wachstumsaktien (Global Equity Income) erzielen. Insbesondere europäische Aktien rücken wieder stärker in den Blickpunkt.Für überbordenden Optimismus ist es jedoch zu früh: Die wirtschaftliche Erholung in Europa und Japan geht einher mit einem gebremsten Wachstum in einigen Schwellenländern. Doch auch die Industrieländer stehen vor großen, noch nicht bewältigten Herausforderungen: hohe Schuldenberge, die anhaltende Sparnotwendigkeit in den Staatshaushalten der Euro-Zone und der Zwang der Banken zur Bilanzverkürzung (Deleveraging) werden trotz der Hoffnungszeichen noch auf Jahre hinaus auf den entwickelten Volkswirtschaften lasten. Käufe halten anDie anhaltenden Schwierigkeiten zeigen sich zudem darin, dass die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) entgegen den Markterwartungen jüngst nicht damit begonnen hat, aus ihrer ultralockeren Geldpolitik auszusteigen. Noch immer kauft sie jeden Monat für 85 Mrd. Dollar Anleihen, um die langfristigen US-Zinsen niedrig zu halten. Auch deshalb werden die Renditen auf Staatsanleihen aus den USA und anderen Industrieländern trotz ihres moderaten Anstiegs im Frühsommer für absehbare Zeit gering bleiben. Das Niedrigzinsumfeld sorgt dafür, dass die Renditen auf Unternehmens- und Bankanleihen ungewohnt gering ausfallen und Bankeinlagen nur gering verzinst werden.Eine Alternative für Investoren bleiben globale Dividendenaktien: Sie sind mit Abschlägen beim Kurs-Gewinn-Verhältnis gegenüber dem Gesamtmarkt attraktiv bewertet. Investoren sollten jedoch genau auswählen: Einige hochrentierliche defensive Werte sind inzwischen sehr teuer. Und Unternehmen, die hohe Renditen, aber kein oder nur wenig Wachstum liefern, werden voraussichtlich unter einem Anstieg der Zinsen leiden. Bei Versorgern, die häufig hohe Dividenden zahlen, kommt als mögliches Problem hinzu, dass europäische Politiker versuchen, mittels Preiskontrollen auf dem Energiemarkt bei ihren Wählern zu punkten.Hingegen versprechen ausgewählte dividendenstarke Wachstumsaktien, auch wieder stärker aus Europa, attraktive Renditen von fünf bis sechs Prozent – und das bei einem erwarteten jährlichen Dividendenwachstum von 5 bis 10 %. Bei nicht wenigen dieser Unternehmen liegt inzwischen die Dividendenrendite über den Renditen ihrer Anleihen. Dies lässt sich beispielsweise für den britischen Telekommunikationsanbieter Vodafone und den US-Finanzdienstleister Blackstone beobachten. Historisch war es meist umgekehrt. Das zeigt auch, wie sehr die Anleihe-Renditen inzwischen gefallen sind. Europa sieht für Investoren wieder attraktiver aus, weshalb wir in dieser Region unsere Bestände an Aktien erhöht haben. So haben wir beispielsweise kürzlich BMW-Aktien gekauft, einem Gewinner in der Autoindustrie. Der bayerische Autohersteller reagiert weiterhin mit Innovation auf den Konkurrenzdruck. Mit dem Kauf von Bankaktien haben wir auf die wachsenden Anzeichen für eine wirtschaftliche Stabilisierung in der Euro-Zone reagiert. Wir halten etwa Aktien der französischen Großbank BNP Paribas, die eine starke Marktstellung hat und im Vergleich zu US-Konkurrenten attraktiv bewertet ist. Als attraktiv beurteilen wir auch die UBS-Aktie: Die Schweizer Großbank stärkte ihre Kapitalposition und konzentriert sich auf ihre Rolle als Vermögensverwalter, wo sie bereits eine weltführende Position einnimmt. Allerdings bleiben wir weiterhin vorsichtig bei Aktien aus den so genannten Randstaaten der Euro-Zone. Chancen in AsienAuf der Suche nach regelmäßigen Einkünften werden aktive Vermögensverwalter auch in Asien fündig. Hier gibt es zahlreiche Unternehmen mit hohen Dividendenrenditen und attraktivem Wachstum. Wir halten beispielsweise in Indonesien Aktien des auf Gasdistribution spezialisierten Unternehmens Perusahaan gas Negara (Pgas). Es profitiert von einer steigenden Nachfrage und einem vorteilhaften regulatorischen Umfeld, das zu Investitionen ermuntert.Darüber hinaus profitieren europäische Luxus-Konzerne von der wachsenden Mittelschicht in Asien. Während jedoch Swatch und LVMH im Hinblick auf Dividenden vergleichsweise wenig zu bieten haben, lohnt ein Blick auf den deutschen Bekleidungshersteller Hugo Boss. Für seine Aktie wird für 2014 eine Dividendenrendite von 4,3 % erwartet. Dabei hat das Unternehmen in Asien sogar noch Nachholbedarf. Eine weitere Expansion dort dürfte sich auch im Dividendenwachstum niederschlagen. Dividendeneinkommen lässt sich bei der Auswahl der geeigneten Aktien auch mit den Trends Deleveraging und Schiefergas-Revolution erzielen. Finanzinvestoren wie Blackstone, Intermediate Capital und Newcastle profitieren davon, dass Banken Kreditportfolien im Zuge der Bilanzverkürzung günstig an Investoren abstoßen müssen. In diesem Geschäft werden enorme Performance-Gebühren erzielt. Blackstone hat beispielsweise im Jahr 2009 für 1,07 Mrd. Pfund Sterling einen 50-prozentigen Anteil am Broadgate-Bürokomplex in der Londoner City erworben und in diesem Jahr für 1,7 Mrd. Pfund Sterling verkauft. Stetig steigende GewinneVom Schiefergas-Boom in den USA können Investoren etwa durch die Aktien des Chemiekonzerns LyondellBasell profitieren, für den Gas ein wichtiger Input-Faktor ist. Die unkonventionelle Förderung führt zu einem sinkenden Gaspreis und damit zu steigenden Margen bei LyondellBasell, weil der Konzern seine Endprodukte zu einem unveränderten Weltmarktpreis absetzen kann. Der Pipeline-Betreiber Enterprise Products aus Houston in Texas verzeichnet stetig steigende Gewinne durch die wachsende Nachfrage nach Transportkapazitäten für Erdgas und Rohöl.Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Für Investoren, die ein attraktives, regelmäßiges Einkommen aus ihren Anlagen erzielen wollen oder müssen, bieten sich als Alternative zu Anleihen weiterhin dividendenstarke Wachstumsaktien an. Dies gilt für Unternehmen, die von der Erholung in Europa und Japan wie auch von dem Wiedererstarken der US-Industrie und dem Deleverating der Banken profitieren. Investoren sollten bei der Auswahl der Aktien jedoch selektiv vorgehen.—-Stephen Thornber, Global Equity Income Manager bei Threadneedle Investments