INVESTMENTFONDS - GASTBEITRAG

Zeit für Qualität und Liquidität

Börsen-Zeitung, 2.9.2011 Die jüngsten Ereignisse haben das Vertrauen erschüttert. Auch wenn sich die Weltwirtschaft nicht in einer Rezession befindet, ist die Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens eindeutig gestiegen. Jüngst sank die Rendite von...

Zeit für Qualität und Liquidität

Die jüngsten Ereignisse haben das Vertrauen erschüttert. Auch wenn sich die Weltwirtschaft nicht in einer Rezession befindet, ist die Wahrscheinlichkeit ihres Eintretens eindeutig gestiegen. Jüngst sank die Rendite von US-Bundesanleihen knapp unter 2 % – das zeigt, wie nervös die Anleger sind. Nun kommt es darauf an, reichlich Liquidität vorzuhalten und Anleihen sorgfältig auszuwählen.Da sich der globale Abschwung verstärkt, wurden auch wieder Rufe nach einer weiteren quantitativen Lockerung laut. Aber jetzt sind die Hindernisse wesentlich höher als in den vergangenen Runden der Konjunkturunterstützung. Die Inflationserwartungen steigen, und es wird vielerorts bezweifelt, ob eine weitere Konjunkturförderung wirksam wäre, da die entwickelten Volkswirtschaften bereits in Liquidität schwimmen. Gestörte WährungsmärkteQuantitative Lockerung gilt als Ursprung für die Abwertung der Währungen in der entwickelten Welt; das führt zu erheblichen Störungen an den globalen Währungsmärkten. Während China die Stärke des Renminbi kontrolliert, um solchen Ungleichgewichten entgegenzuwirken, schnellt beispielsweise der brasilianische Real in die Höhe. Zunehmend wird weltweit befürchtet, dass sich dies zu einem totalen Währungskrieg auswachsen könnte. Länder wie etwa Brasilien äußern ihr Missfallen. Als Nebenwirkung sind die Rohstoffpreise gestiegen, und deren inflationäre Wirkung wird nun in die entwickelten Volkswirtschaften importiert. Über Inflation besorgtIch bin besorgt, dass die Inflation kräftig steigen könnte. Alarmierend ist, dass viele Anleger darauf einfach nicht vorbereitet sind. An den Finanzmärkten schwindet die Liquidität. Entweder wegen des Dodd-Frank Act in den USA, der die Stabilität des dortigen Finanzmarkts sicherstellen soll, oder weil Banken aufgrund der verschlechterten Konjunkturaussichten ihre Finanzmittel zurückhalten. Deshalb ist eine sorgfältige Aktienauswahl innerhalb des Finanzsektors unabdingbar, und Investoren sollten sich auf die besten Emittenten konzentrieren.In den Kernländern Europas bleibt die Stimmung an den Aktienmärkten negativ. Die gegenwärtigen politischen Maßnahmen und die Reaktionen der Finanzinstitute werden als unzureichend angesehen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat das ihr Mögliche getan, um die europäischen Anleihenmärkte zu stabilisieren. Der Kauf von Staatsanleihen trug dazu bei, die Renditen der zehnjährigen spanischen und italienischen Staatsanleihen auf 5 % zu drücken. Diese Käufe sind sehr öffentlichkeitswirksam – die EZB hat täglich aktiv Staatsanleihen gekauft. Im Gegensatz zu früheren Käufen von Griechenland, Irland und Portugal hat die EZB für diese Maßnahme weder an Italien noch an Spanien Bedingungen gestellt. Das Ereignis wird auch als “sterile” Operation bezeichnet, d. h., die EZB finanziert diese Käufe nicht mit der Druckerpresse. EZB hat alles getanEinigen Anlegern wäre es wohl lieber, die EZB hätte mehr getan, aber ich glaube, dass sie alles in ihrer Macht Stehende getan hat, um die Märkte zu stabilisieren. Es gibt auch langfristige Pläne, und so finden bereits Gespräche statt, um die Kompetenzen des Rettungsfonds European Financial Stability Facility (EFSF) auszuweiten. Dieser Fonds wurde speziell dafür gegründet, die finanzielle Sicherheit in der Eurozone zu erhalten. Er hat bereits zuvor Rettungsaktionen für die Peripherieländer durch Ausgabe von top gerateten “AAA”-Anleihen unterstützt, was von einigen Martkteilnehmern als erster Schritt einer fiskalischen Konsolidierung interpretiert wird. Fiskalprobleme angehenDennoch waren diejenigen enttäuscht, die erwartet hatten, dass die EZB ein reines Eurobond-Programm ankündigen werde. Ich selbst hätte das für einen Fehler gehalten. Das Problem eines gemeinschaftlichen Anleihe-Programms besteht darin, dass es die Unterschiede in der Wirtschaftsstruktur der einzelnen Euro-Staaten ignoriert und an den aktuellen fiskalischen Ungleichgewichten nichts ändert. Es könnte dazu führen, dass die Kreditkosten in den europäischen Kernländern steigen und die Peripheriestaaten von preiswerteren Finanzierungen profitieren. Die Fiskalprobleme der Eurozone müssen aber zuerst angegangen werden.Die Verunsicherung führt dazu, dass die Anleger in sichere Häfen fliehen – das sind vor allem Staatsanleihen hoher Bonität und Edelmetalle. Die Kernländer Europas haben durch Stärke überzeugt, während die Peripherieländer teilweise schlecht abgeschnitten haben. Bei Credits haben die Finanztitel zwar eine schwächere Performance gezeigt, aber dies wurde durch die Stärke in anderen Segmenten der Unternehmensanleihen ausgeglichen. Und weil die Zeiten für Hochzins-Anleihen relativ schwierig sind, können schnelle Portfoliomanager attraktive Titel finden. Zwei GeschwindigkeitenDie Asset Allocation wird angesichts einer Welt der zwei Geschwindigkeiten bei Investments in Anleihen zunehmend wichtig. Die Vielfalt, die der Markt für US-Staatsanleihen mit seinem leichten Zugang und seiner Liquidität bietet, ist trotz der jüngsten Herabstufung durch Standard & Poor’s enorm. Die USA sind noch immer der größte und liquideste Anleihemarkt der Welt. Die Rentenmärkte Asiens bieten großartige Chancen – das BIP wächst in Asien deutlich stärker als in den USA oder in Europa.Die Fundamentaldaten für asiatische Kredite und Staatsanleihen sind gerade jetzt überzeugend. Daher ist es für Anleger sinnvoll, in dieser Region zu diversifizieren. Selbst wenn nachlassendes Wachstum, Staatsanleihe-Risiken und Währungsungleichgewichte die Anleger beunruhigen könnten, können sie noch immer profitieren, wenn sie diversifiziert bleiben und bei der Kreditauswahl sorgfältig vorgehen. Multi-Strategy-AnsatzKünftig sollten Anleger die Vergleichsindizes, die ihre Fondsmanager als Ausgangspunkt für ihren Investmentprozess verwenden, sehr sorgfältig betrachten – es gibt keine risikofreien Anlagen mehr. Sie sollten sich besonders vor exzessiven Engagements in Staatsanleihen und Finanzunternehmen mit schlechten oder schlechter werdenden Finanzmitteln hüten. Der derzeitige Aufbau globaler Vergleichsindizes hat zur Folge, dass der zunehmende Finanzierungsbedarf dieser Institute das Portfolio-Risiko dominieren wird.Das alte Sprichwort scheint gerade heute besonders aktuell zu sein: “Verleihe Geld nur an den, der es nicht braucht.” Anleger sollten nach Anleihen-Portfoliomanagern Ausschau halten, die in der Lage sind, durch fundamentales Research ein diversifiziertes Anlageergebnis zu erzielen – ein solcher Multi-Strategy-Ansatz verhindert, dass eine einzelne Position das Gesamtrisiko negativ dominiert.