Immobilien

Zinsschranke lastet auf der Branche

Ernst & Young: Substanzbesteuerung gefährdet Wohngebiete - Unternehmen für Investoren unattraktiver

Zinsschranke lastet auf der Branche

Von Thomas List, FrankfurtDie Immobilienwirtschaft sieht sich durch die am 01. 01. 2008 eingeführte Zinsschranke erheblich belastet. Dies ergab eine Umfrage des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) bei rund 650 Unternehmen (Rücklaufquote knapp 10 %). So können die meisten Unternehmen ihre Zinsaufwendungen nicht oder nur teilweise geltend machen und versuchen deshalb, durch bestimmte Maßnahmen die Ausnahmeregelungen in Anspruch zu nehmen.Nach der zum 01. 01. 2008 eingeführten Zinsschranke, ein Teil der Unternehmensteuerreform, können Zinsaufwendungen im Allgemeinen nur noch eingeschränkt als Betriebsausgaben geltend gemacht werden und damit den zu versteuernden Gewinn hierzulande vermindern. Ist der Saldo aus Zinsaufwand und Zinserträgen größer als 1 Mill. Euro, kann er nur bis zu maximal 30 % des Ebitda (Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibung) gewinnmindernd berücksichtigt werden. Die Zinsschranke kommt in drei Fällen nicht zur Anwendung:Der Saldo aus Zinsaufwendungen und Zinserträgen (Netto-Zinssaldo) übersteigt nicht 1 Mill. Euro (Freigrenze)Der Betrieb ist nicht Teil eines Konzerns (Konzernklausel)Der Betrieb gehört zwar zu einem Konzern. Dessen Eigenkapitalquote liegt aber über der des Konzerns oder höchstens 1 % niedriger (Escape-Klausel).Besonders stark von der Neuregelung betroffen sind Unternehmen mit einem hohen Fremdkapitalanteil. Dazu gehören Immobilienbestandshalter, Bauträger und Projektentwickler. “Durch die Zinsschranke müssen teilweise auch Unternehmen mit operativen Verlusten Steuern zahlen”, kritisiert Karl Hamberger von Ernst & Young im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Bei wie vielen Unternehmen es durch die Neuregelung zu einer solchen Substanzbesteuerung kommt, vermag allerdings auch der Steuerexperte nicht zu sagen. Die Schätzungen reichen von einer niedrigen dreistelligen bis zu einer vierstelligen Zahl.”Eindeutig ist aber, dass die Banken seit der Einführung der Zinsschranke bei der Kreditvergabe zurückhaltender sind”, sagt Hamberger. “Außerdem zahlen Investoren, die international tätig sind, jetzt für deutsche Immobilien weniger. Dies liegt eben nicht nur an der Finanzkrise, sondern auch an der Zinsschranke”, ist der Ernst & Young-Steuerexperte überzeugt. Bei deutschen Immobilienunternehmen werde diese zusätzliche Belastung zu weniger Investitionen in die Instandhaltung der eigenen Objekte führen. “Damit besteht mittel- bis langfristig die Gefahr der Verödung ganzer städtischer Wohngebiete.” 3 statt 1 Mill. EuroZur Abmilderung dieser negativen Konsequenzen schlägt Hamberger Änderungen der Zinsschranke vor. So sollten die 30 %-Grenze beim Ebitda auf 40 % erhöht werden und die 1-Mill.-Euro-Freigrenze in einen Freibetrag von 3 Mill. Euro geändert werden. Während bei Überschreiten einer Freigrenze um nur 1 Euro sofort der gesamte Betrag der Steuerpflicht unterliegt, wird bei einem Freibetrag nur die diesen Freibetrag überschreitende Summe besteuert.Die Erhöhung der Freigrenze von 1 auf 3 Mill. Euro, allerdings nur (rückwirkend) von Anfang 2008 bis Ende 2010, hat der Finanzausschuss des Bundesrates Ende März vorgeschlagen. Hamberger zeigte sich deshalb zuversichtlich, dass das Gesetz zumindest in diesem Punkt noch vor der Bundestagswahl geändert wird.