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Zuckerkrankheit ist ein Megatrend

Zahl der Patienten steigt dramatisch an - Schwellenländer holen auf - Novo Nordisk als Marktführer favorisieren

Zuckerkrankheit ist ein Megatrend

Die Ausbreitung der Zuckerkrankheit nimmt die Ausmaße einer Epidemie an. Experten schätzen, dass weltweit 366 Millionen Menschen an der Zuckerkrankheit leiden. Tendenz steigend. Der Diabetes mellitus ist wegen der aufwendigen Behandlung ein Megatrend für die Pharmaindustrie. Davon profitieren Insulinhersteller wie Novo Nordisk oder auch Pumpenproduzenten wie Insulet.Von Armin Schmitz, FrankfurtDänemark hat als erstes Land ernsthaft den Kampf gegen die Fettleibigkeit aufgenommen. Seit dem Oktober vergangenen Jahres erhebt das Nachbarland pro Kilogramm gesättigte Fettsäuren 16 dänische Kronen (umgerechnet 2,15 Euro) an Fettsteuer. Die Regierung in Kopenhagen hofft den Trend zum Übergewicht brechen zu können. Denn der Anteil der übergewichtigen Männer liegt bei 52 %, der der Frauen bei 38 %. Schlimmer noch sieht es in Deutschland aus. Rund 70 % der Bürger hierzulande schleppen mehr Kilos als ratsam mit sich herum. Noch bedenklicher ist, dass mehr als 20 % der Kinder bereits unter Adipositas (Fettleibigkeit) leiden. Bewegungsarmut, Cola, Big Mac und Pizza sind ein tödliches Gemisch. Laut “Donald-Studie” verzehren vier- bis sechsjährige Kinder hierzulande pro Jahr 50,9 kg Junkfood. Davon 23,3 kg zuckerhaltige Limonaden. Eine Tendenz, die nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Schwellenländern und Industriestaaten zu beobachten ist.Ebenso dramatisch wie die Fettleibigkeit entwickeln sich die Folgeerkrankungen. Dabei nimmt die Ausbreitung von Diabetes mellitus (siehe Kasten), also der Zuckerkrankheit, Ausmaße einer Epidemie an. Allein in Deutschland werden jährlich bei der älteren Bevölkerung rund 270 000 Neuerkrankungen diagnostiziert. Der Anteil der Diabetiker bei den 20- bis 79-Jährigen in Deutschland liegt bei rund 12 %. Damit liegt Deutschland in Europa an der Spitze. In Großbritannien liegt der Anteil der Diabetiker bei nur 4,9 % und in Italien bei 8,8 %. Dramatisch sind die Zahlen beispielsweise im Nahen Osten. Die Ärzte in Abu Dhabi rechnen, dass in ihrem Emirat fast jeder Zweite an Diabetes erkrankt ist. Die International Diabetes Federation (IDF) schätzt, dass weltweit 366 Millionen Menschen an der Zuckerkrankheit leiden. Bis 2030 soll die Zahl auf 439 Millionen Patienten klettern.Neben körperlichen Folgen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenversagen oder schlimmstenfalls Blindheit sind die Kosten riesig. In den USA betragen die direkten und indirekten Diabetes-Gesundheitskosten aktuell rund 143 Mrd. Euro, in Europa 93 Mrd. Euro. Die Pharmaindustrie erwartet wegen der Zunahme der Patientenzahlen und neuer Produkte einen Anstieg der Branchenumsätze von rund 34 Mrd. Dollar im Jahr 2010 auf mehr als 75 Mrd. Dollar in den nächsten zehn Jahren. Derzeit teilen rund 15 Pharmaunternehmen, Pumpenhersteller und Einmalproduktzulieferer den Markt unter sich auf. Mit der Verbreitung der Zuckerkrankheit in den Schwellenländern dürfte sich die Branche in den kommenden Jahren auf rund 50 Unternehmen erweitern.Mit einem Anteil von 52 % unbestrittene Nummer 1 im Diabetes-Markt ist Novo Nordisk. Das dänische Unternehmen erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von 66,3 Mrd. dänischen Kronen bzw. umgerechnet 8,9 Mrd. Euro. Rund 75 % entstammt dem Geschäft mit dem Diabetes mellitus. Das entsprach einem Plus von 9 % gegenüber Vorjahr. Der Gewinn pro Aktie verbesserte sich gegenüber 2010 um 22,7 %. Die EBT-Marge liegt bei 33 %. Gemäß den Schätzungen der von Bloomberg befragten Analysten wird der Gewinn bis 2013 um mehr als 38 % steigen. Dieser Optimismus schlägt sich auch in einem hohen für 2012 geschätzten Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 25 nieder. Da das Unternehmen bei den neuen Produkten wie GLP1-Präparaten sowie Ultra-Langzeitinsulinen in den Industriestaaten und auch den Schwellenländern gleichermaßen gut aufgestellt ist, gilt der Wert als die Investition in den Diabetes-Markt. Da die Aktie im laufenden Jahr bereits um 35 % gestiegen ist, sollten erst Kursrückschläge zum Einstieg genutzt werden.Ein weiterer wichtiger Anbieter ist die französische Sanofi, die Lantus, das weltweit am meisten verkaufte Insulin-Medikament, im Angebot hat. Allein 2011 machte Sanofi mit diesem Präparat einen Umsatz von 3,9 Mrd. Euro. Dank der Schwellenländer bedeutete dies ein Plus von 15 % gegenüber 2010. Trotz der auslaufenden Patente in den kommenden drei Jahren sieht sich Sanofi gut gerüstet. Die Bewertung der Aktie ist deutlich niedriger als die von Novo Nordisk. Allerdings ist das Unternehmen deutlich breiter aufgestellt.Das dauernde Spritzen von Insulin ist schwierig. Daher sind Insulinpumpen, wie sie beispielsweise der US-Marktführer Insulet herstellt, gefragt. Sie erlauben eine bessere Dosierung und verlässlichere Applikation von Insulin. Analysten erwarten, dass der Umsatz 2012 zwar um 40 % steigen wird. Der Wert ist jedoch noch nicht ausreichend profitabel.——Diabetes mellitusars – Der Diabetes mellitus (honigsüßer Durchfluss) ist eine der häufigsten Stoffwechselerkrankungen. Aufgrund eines absoluten oder relativen Insulinmangels kann Zucker nicht ausreichend verstoffwechselt werden. Die Medizin unterscheidet zwei Formen von Zuckerkrankheit: – Typ 1 entsteht durch eine Autoimmunreaktion gegen die körpereigenes Insulin produzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse. Diese Variante tritt vorwiegend bei jungen Menschen auf. Der Anteil des Typs 1 liegt bei bis zu 10 %. Die Behandlung erfolgt lebenslang mit der Injizierung von Insulin.- Typ 2 entsteht durch eine Unterfunktion der Bauchspeicheldrüse bei einer Insulinresistenz. Neben dieser Resistenz gilt Übergewicht als eine der Hauptursachen. Der Anteil des Typs 2 am Gesamtkrankheitsbild liegt bei rund 90 %. Davon sind normalerweise Erwachsene betroffen. Sie werden in der Regel mit Antidiabetes-Medikamenten in Tablettenform behandelt. ——