ABB trotz Margensprung vorsichtig
kro Frankfurt
Der Schweizer Elektrotechnikkonzern ABB hat Anleger mit vorsichtig optimistischen Aussagen über die weitere Entwicklung der Profitabilität im laufenden Jahr etwas ratlos zurückgelassen. Die Aktie gab nach Handelsbeginn in der Schweiz etwa 2 % auf 26,23 sfr nach, erholte sich aber im Verlauf und schloss 0,3% fester mit 26,83 sfr. Die Marktkapitalisierung beträgt umgerechnet knapp 52 Mrd. Euro.
„Es sieht danach aus, als würden wir unser Margenziel ein Jahr früher erreichen“, sagte Konzernchef Björn Rosengren in einer Telefonkonferenz mit Journalisten zur Veröffentlichung der Geschäftszahlen aus dem dritten Quartal. Für 2023 hat sich der Siemens-Rivale eine operative Ebitda-Marge (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen zum Umsatz) von 15 % vorgenommen. Bereits im zweiten Quartal hatte der Konzern diesen Wert nur knapp verfehlt und ihn im dritten Quartal mit 16,6 % nun deutlich übertroffen.
Umsatz wächst
Beim 2023er Ziel deswegen nun noch eins draufzulegen, traut sich Rosengren allerdings nicht: „Wir werden zu gegebener Zeit unsere Ziele neu definieren, aber wir werden das nicht mehr in diesem Jahr tun“, sagte der CEO. Im vierten Quartal dürfte die Marge zunächst im Vergleich zum dritten Quartal sowieso wieder sinken. Das sei ein typisches Muster, das sich auch in diesem Jahr wiederholen werde. Der Umsatz soll derweil im letzten Jahresviertel niedrig zweistellig wachsen. Mehr sei angesichts hoher Vergleichszahlen aus dem Vorjahr nicht drin. Ein Bernstein-Analyst bezeichnete den Ausblick als „zu großzügig“.
E-Mobility-IPO dauert länger
Auch mit Blick auf den geplanten Börsengang der E-Mobility-Sparte will sich ABB angesichts der beständig hohen Volatilität an den Märkten noch etwas mehr Zeit lassen. Man halte zwar an dem Ziel fest, sagte Rosengren. Es sei aber nicht mehr davon auszugehen, dass der Schritt noch in diesem Jahr erfolgen werde. „Wir schauen uns die Marktentwicklung genau an und werden die Sache angehen, wenn wir das Gefühl haben, dass die Umstände passend sind“, so der CEO. Ursprünglich sollte der Börsengang des Ladesäulengeschäfts, mit dem ABB bei einer erhofften Bewertung von rund 3 Mrd. Dollar mindestens 750 Mill. Dollar einnehmen wollte, schon im zweiten Quartal über die Bühne gebracht werden. Kurz vor Ablauf der Frist wurde der Plan dann aber wegen des schwachen Marktumfelds verschoben. Die Sparte ist im Vergleich zum restlichen ABB-Geschäft relativ klein, wächst aber rasant. Für das laufende Jahr hatte sich der Konzern hier ein Umsatzplus von 40 bis 45 % vorgenommen. Das Ziel dürfte locker erreicht werden: In den ersten neun Monaten sei das Geschäft bereits um 50 bis 100 % gewachsen, wie CFO Timo Ihamuotila erklärte. Eine Verlangsamung des bisherigen Trends zeichne sich derzeit nicht ab.
Korruptionsfall drückt Gewinn
Während die operativen Geschäfte im dritten Quartal aus Sicht von Analysten stark verlaufen waren – der Auftragseingang hat sich im Vergleich zum Vorquartal mit einem organischen Plus von 16 % etwas verlangsamt, während sich das Umsatzwachstum mit 18 % beschleunigte –, zog eine Rückstellung im Zusammenhang mit einem Korruptionsfall in Südafrika den Gewinn nach unten. Zwei ehemalige ABB-Angestellte und ihre Ehefrauen sollen 2015 im Zusammenhang mit einem dort vergebenen Kraftwerksprojekt Bestechungsgelder in Höhe von rund einer halben Million Dollar entgegengenommen und einen Unterauftrag an ein nicht qualifiziertes Unternehmen vergeben haben. Der Konzern hatte sich mit der geschädigten Kraftwerksbetreiberin Eskom Ende 2020 auf eine Schadenersatzzahlung von 104 Mill. Dollar geeinigt.
Die nun zurückgelegten 325 Mill. Dollar waren für Zahlungen an die involvierten Straf- und Antikorruptionsbehörden vorgesehen, wie der Konzern Ende September mitgeteilt hatte. Der Konzerngewinn sank dadurch im dritten Quartal um 45 % auf 360 Mill. Euro.
Neuer Verhaltenskodex
„Wir sind zuversichtlich, dass es keine weiteren zusätzlichen größeren Rückstellungen in diesem Zusammenhang geben wird“, sagte Rosengren. „Seit der Fall an die Öffentlichkeit gelangt ist, hat ABB viel Zeit und Anstrengungen aufgewandt und einen neuen Verhaltenskodex eingeführt, Mitarbeiter geschult und ein Kontrollsystem eingeführt, um zu verhindern, dass etwas Derartiges noch einmal passiert.“ Es sei nun noch ein Fall offen mit einem Risiko von maximal 100 Mill. Dollar.