Airbus sorgt für heiter bis wolkiges Programm
Luft- und Raumfahrtindustrie
Licht und Schatten bei Airbus
Belastungen im Satellitengeschäft überlagern die Ergebnisse – Sonderdividende und vorsichtige Prognosen angekündigt
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Gesche Wüpper, Toulouse
Airbus will die Produktion in diesem Jahr trotz anhaltender Probleme der Lieferkette weiter steigern. Der europäische Luft- und Raumfahrtkonzern will rund 800 Verkehrsflugzeuge ausliefern. Das wären gut 65 mehr als im vergangenen Jahr, in dem der weltweit größte Flugzeugbauer mit 735 Auslieferungen sein eigenes Ziel übertraf. Es wäre jedoch noch immer weniger als im Vor-Covid-Jahr 2019, in dem Airbus 863 Flugzeuge auslieferte.
Die Ziele für 2024 setzten voraus, dass es zu keinen weiteren Störungen der Weltwirtschaft, des Flugverkehrs, interner Abläufe und der Lieferketten komme, sagte Konzernchef Guillaume Faury. Die Situation der Lieferkette verbessere sich, doch gleichzeitig fahre Airbus die Produktion hoch.
Engpassfaktor Lieferkette
So bestätigte Faury jetzt das Ziel, die Produktion des beliebten Mittelstreckenjets A320 bis 2026 auf 75 Maschinen monatlich zu steigern und die des A350-Langstreckenjets bis 2026 auf zehn Maschinen pro Monat. Allerdings müssen dafür die Zulieferer mithalten können und nicht wie der Triebwerkshersteller Pratt & Whitney mit Problemen kämpfen. Wegen Materialmängeln muss er hunderte von GTF-Triebwerken von A320neo-Mittelstreckenjets warten.
Faury äußerte sich deshalb vorsichtig zur Lieferkette. "Es wird besser, aber gleichzeitig wird es härter, weil wir hochfahren", sagte er. In der Lieferkette gebe es nicht nur einen Engpass, für den eine Lösung gefunden werden müsse, sondern mehrere. "Es ist eine Welt voller Engpässe." Die Situation hänge von den jeweiligen Zulieferern ab. Dabei seien Triebwerke einer der möglichen Engpässe.
Prognosen unter Erwartungen
Neben der Produktion will Airbus 2024 das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von zuletzt 5,8 Mrd. Euro auf 6,5 Mrd. bis 7 Mrd. Euro steigern. Der Free Cashflow vor Kundenfinanzierungen wiederum soll 4 Mrd. Euro betragen. Letztes Jahr betrug er vor Fusionen, Übernahmen und Kundenfinanzierungen 4,4 Mrd. Euro, 6% weniger als 2022. Airbus kündigte jetzt an, ab 2024 Transaktionen für Fusionen und Übernahmen aus der Kennzahl-Definition auszuschließen.
Beide Prognosen lägen unter den Erwartungen, urteilen die Analysten von RBC. Nach Ansicht anderer Experten fiel auch die Bilanz insgesamt durchwachsen aus. Das operative Ergebnis habe die Erwartungen verfehlt, erklärt Chloe Lemarie von Jefferies. Dies und die eher schwache Prognose würden jedoch von einem unerwartet starken freien Cashflow sowie der geplanten Sonderdividende kompensiert.
1 Euro Sonderdividende
Da sich die Nettoliquidität auf 10,7 Mrd. Euro verbesserte, will Airbus neben der regulären Dividende von 1,80 Euro je Aktie im April eine Sonderdividende von 1 Euro zahlen. Der Konzern wolle damit signalisieren, dass er sein Versprechen einhalte, seine Erlöse den Aktionären zugutekommen zu lassen, erklärte Finanzchef Thomas Toepfer. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass Airbus jedes Jahr eine Sonderdividende ausschütten werde, wenn die Nettoliquidität mehr als 10 Mrd. Euro betrage.
Der Umsatz von Airbus legte 11% auf 65,4 Mrd. Euro zu. Dagegen brach das Ebit um 14% auf 4,6 Mrd. Euro ein. Das Nettoergebnis fiel mit 3,8 Mrd. Euro 11% niedriger aus. Investoren reagierten enttäuscht, so dass die Airbus-Aktie am Donnerstag an der Börse von Paris zeitweise fast 1% auf 148,82 Euro nachgab.
Raumfahrt- und Verteidigungssparte drückt
Belastet wurden die Ergebnisse von der Raumfahrt- und Verteidigungssparte, deren Ebit wegen Abschreibungen und Sonderbelastungen von 600 Mill. Euro vor allem im Satelliten-Geschäft auf −118 Mill. eingebrochen ist. Die Sparte wird gerade umgebaut.
Ein weiterer Wermutstropfen ist die Ankündigung, dass die Erstauslieferung der Ultralangstreckenversion des A321, der A321 XLR, statt im zweiten erst im dritten Quartal dieses Jahres stattfinden soll. Für sie liegen 550 Bestellungen vor. Während Boeing weiter mit Problemen ringt, bereitet Airbus die Zukunft vor. Die Entscheidung über den Antrieb des geplanten Wasserstoffflugzeugs erwartet Konzernchef Faury 2025/26, den Start des Programms 2027/28.
Während US-Rivale Boeing die Probleme mit dem Mittelstreckenjet 737 Max in den Griff bekommen muss, bereitet Airbus die Zukunft vor. Der europäische Konzern gibt sich zuversichtlich, die Produktion des Konkurrenzmodells A320 wie geplant steigern zu können. Das setzt die Zulieferer zusätzlich unter Druck.