Sanierungskonzept

Aktionärsschützer drohen Varta mit Rechtsstreit

Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz hofft weiter, dass die Streubesitzaktionäre in die Lösung für den strauchelnden Batteriehersteller Varta einbezogen werden. Falls nicht, werde man zu Gericht gehen.

Aktionärsschützer drohen Varta mit Rechtsstreit

Anlegerschützer droht Varta mit Rechtsstreit

dpa-afx Ellwangen

Aktionärsschützer setzen angesichts der drohenden Enteignung der Varta-Kleinaktionäre auf eine einvernehmliche Lösung mit dem kriselnden Batteriekonzern. „Wir hoffen, dass die freien Aktionäre am Ende noch in eine Lösung einbezogen werden“, sagte der Vize-Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Klaus Nieding, der Deutschen Presse-Agentur. Die Lage sei aber nicht einfach: „Wir stehen seit längerem mit den Beratern der Gesellschaft in Kontakt und sind enttäuscht von deren Informationspolitik. Transparenz scheint dort ein Fremdwort zu sein.“

Aus Sicht Niedings müsste eine Einigung auch im Interesse des Konzerns sein: „Dann käme Ruhe in die Sache rein.“ Finde man keine Lösung, werde man alle zur Verfügung stehenden Rechtsmittel ausnutzen. „Das heißt, wir werden dann zu Gericht gehen – und das kann die Dinge deutlich verzögern. Das ist nicht im Interesse der Gesellschaft, nicht im Interesse der Aktionäre – und im Interesse der Arbeitnehmer und der Kunden ist es schon gar nicht.“ Die DSW vertritt zusammen mit Partnern nach eigenen Angaben mehr als 3.000 freie Varta-Aktionäre.

Insgesamt sind derzeit noch 49,9% der Aktien im Besitz von Kleinanlegern. Mehrheitsaktionär Michael Tojner hält über seine Montana Tech Components aktuell 50,1% der Aktien.

Varta will Kleinanleger loswerden

Denn der Konzern aus dem schwäbischen Ellwangen strauchelt bereits seit einiger Zeit – und will im Überlebenskampf die Alt-Aktionäre aus dem Unternehmen drängen. Ermöglichen soll das das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG). In einem StaRUG-Verfahren können die Interessen der Aktionäre ausgehebelt werden. Das Verfahren hatte Varta im Juli angemeldet.

Neben einem Schuldenschnitt und neuen Krediten sieht das Sanierungskonzept vor, das Grundkapital der Varta AG auf null Euro herabzusetzen. Der Effekt: Die Aktionäre scheiden ohne Kompensation aus, und der Konzern verliert seine Börsennotierung. Danach sollen wieder Aktien ausgegeben werden, allerdings nur an eine Gesellschaft Tojners und den zum VW-Konzern gehörenden Sportwagenbauer Porsche . Beide lassen sich das je 30 Mill. Euro kosten. Von den Gläubigern kommen weitere 60 Mill. Euro als Darlehen.

Der Unmut der freien Aktionäre darüber ist groß: „Die Anwendung des Verfahrens zur kalten Enteignung der Anleger ist aus unserer Sicht missbräuchlich“, sagte Nieding. Die Aktionäre seien bereit, dem Unternehmen zusätzliches Kapital zur Verfügung zu stellen. Sie wollten nichts anderes, als sich an der Kapitalerhöhung beteiligen zu dürfen. „Wenn das nicht gewünscht ist, wollen wir aber wenigstens erreichen, dass die bisherigen Aktionäre für den Verzicht auf die Bezugsrechte entschädigt werden.“

Dauerkrise

Der Batteriekonzern steckt schon länger in der Krise. Die Gründe dafür sind vielfältig: Neben der stark schwankenden Nachfrage nach kleinen Lithium-Ionen-Knopfzellen, zum Beispiel für kabellose Kopfhörer, stehen auch Managementfehler im Raum. Kritiker werfen Varta unter anderem vor, sich zu abhängig vom Hauptkunden Apple gemacht zu haben und zu viel Geld leichtfertig investiert zu haben. Zu allem Überfluss hatten Hacker im Februar die Computersysteme des Unternehmens attackiert und die Produktion wochenlang lahmgelegt.

In den ersten neun Monaten 2023 machte Varta rund 554 Mill. Euro Umsatz. Aktuellere Geschäftszahlen gibt es wegen des Hackerangriffs nicht. Der Geschäftsbericht 2023 wird Ende Oktober erwartet, Angaben zum ersten Quartal 2024 im November.