Amazon hofft mit MGM auf mehr als ein Quantum Trost
Von Sebastian Schmid, Frankfurt
Die Preise für exklusive Film- und Serieninhalte sind aufgrund des wachsenden Streaming-Geschäfts in den vergangenen Jahren rasant in die Höhe geschossen. Im Wettstreit um die Gunst eines globalen Publikums investieren Marktführer Netflix sowie die Rivalen Walt Disney, Apple und Amazon Milliarden in eigene Produktionen. Aber auch der Wert exklusiver Rechte an erfolgreichen Filmreihen und Serien steigt stetig. Die nun verkündete Übernahme des Hollywood-Studios MGM durch Amazon für 8,5 Mrd. Dollar ist nur der jüngste Beweis dafür.
Das ist mehr Geld, als Walt Disney für Marvel und Lucasfilm zusammengenommen zahlen musste, als man sich die Unternehmen samt ihren Filmen und Rechten 2009 und 2012 einverleibte. Vor drei Jahren legte Disney für den Rivalen 21st Century Fox dann allerdings schon mehr als 70 Mrd. Dollar auf den Tisch, um Netflix mit einem eigenen Streaming-Dienst und genug Top-Inhalten Paroli bieten zu können. Alle drei Transaktionen machten den Micky-Maus-Konzern zum Rechtekönig von Hollywood. Acht der zehn umsatzstärksten Kinofilme aller Zeiten zählen zum Disney-Katalog (siehe Grafik). Nur zwei davon sind originäre Disney-Inhalte. Die anderen sechs Filme wurden entweder direkt oder indirekt zugekauft. Und auch die übrigen Blockbuster an den Kinokassen befanden sich praktisch ausschließlich in Händen großer Konzerne wie Warner Media, die mehrheitlich zu AT&T gehört, oder NBC Universal, die der US-Kabelriese Comcast kontrolliert.
Damit blieb Amazon praktisch nur noch MGM. Für das Studio, das die filmischen Rechte an James Bond hat, ist das Technologieschwergewicht der Ausweg aus der Hedgefonds-Falle, in der das Unternehmen seit der Insolvenz 2010 steckt. Hauptanteilseigner von MGM ist Anchorage Capital, die zusammen mit drei weiteren Investoren im Rahmen einer Konkursvereinbarung Eigentümer wurde. Zuletzt betrug der Umsatz, der mit einer 4000 Filme umfassenden Bibliothek erzielt wurde, knapp 1,5 Mrd. Dollar im Jahr. Vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen blieben davon etwa 20% als Gewinn hängen. Unter Anchorage gelangen nach der Insolvenz die bislang finanziell erfolgreichsten Filme des Studios. So wurde 2015 der James-Bond-Film „Skyfall“ in die Kinos gebracht. Dieser spielte 1,1 Mrd. Dollar an der Kinokasse ein. Die drei „Hobbit“-Filme, die 2012, 2013 bzw. 2014 ihr Leinwanddebüt feierten, kamen zusammengenommen auf 2,9 Mrd. Dollar.
Obwohl es immer wieder Gerüchte gab, dass Anchorage MGM verkaufen könnte, wurde es nie konkret. Zuletzt kam es 2018 zum Führungsstreit mit dem von den Hedgefonds eingesetzten Chief Executive und Filmmogul Gary Barber. Bei der Trennung erhielt der gebürtige Südafrikaner, der den Konzern mit Erfolgen wie den Bond-Filmen „Skyfall“ und „Spectre“ sowie rigiden Sparmaßnahmen wieder profitabel machte, mehr als nur ein Quantum Trost. US-Medienberichten zufolge wurden ihm Unternehmensanteile im Wert von 260 Mill. Dollar gewährt. Nun dürfte auch Amazon darauf hoffen, dass MGM im Wettstreit um exklusive Streaming-Rechte nicht nur der verbliebene Trostpreis ist.