Arzneimittelanbieter leiden unter der Pandemie
swa Frankfurt
– Die großen Pharmakonzerne haben während der Coronakrise bislang Widerstandskraft bewiesen, sie sind aber keine Nutznießer der Pandemie. Das Wachstum der führenden Arzneimittelanbieter hat sich 2020 weltweit deutlich abgebremst, geht aus einer Analyse von EY hervor. Die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft berücksichtigt die 20 größten Pharmakonzerne und schließt zudem die Darmstädter Merck in die Betrachtung mit ein. In dem Kreis legte der Umsatz in Summe im vergangenen Jahr um 4,4% auf 528 Mrd. Euro zu. 2021 hatte die Branche noch ein Plus von 12,8% erreicht, allerdings hatte sich hier auch die Übernahme von Shire durch Takeda niedergeschlagen.
Im Spektrum der einzelnen Anbieter ergibt sich ein höchst differenziertes Bild, wie EY-Branchenexperte Klaus Ort erläutert. Das globale Wachstum ist allein von US-Konzernen getrieben, die den Umsatz in Summe um 9,4% ausbauten, während die großen Pharmaunternehmen in Europa und Japan Einbußen hatten. Aus den Bilanzen der 21 untersuchten Konzerne lässt sich aus Sicht der Berater ablesen, dass die Dominanz der Firmen mit Sitz in den USA weiter zunimmt. Auf sie entfällt mehr als die Hälfte des gesamten Geschäfts.
In der Rangfolge der nach Umsatz größten Firmen zeigen sich einige Platzwechsel. Während Pfizer 2019 noch das zweitgrößte Pharmaunternehmen der Welt war, fiel es durch die Ausgründung von Upjohn auf Rang 6 zurück. Neu auf Platz 2 ist Abbvie angesiedelt, die mit der Übernahme von Allergan und einem organischen Wachstum einen Sprung nach vorn machte. Bristol-Meyers Squibb profitierte von ihrem neuen Krebsmedikament Revlimid, das allein für einen Umsatzschub von 10 Mrd. Euro sorgte. Einbußen hatte die Branche bei Medikamenten gegen Atemwegsbeschwerden, weil durch das Tragen von Masken weniger Menschen an grippalen Infekten erkrankten. Umsatzstärkstes Therapiegebiet bleibt die Onkologie.
Einbruch in Japan
Beim Blick ins Pharmageschäft nach Regionen zeigt sich, dass sich das Wachstum weltweit in den großen Märkten vermindert hat. Hier sind laut EY Covid-19-Effekte zu erkennen. In den USA halbierte sich das Umsatzplus 2020 auf 8,1%, wobei diese Zahl auch vom Spin-off des Segments Upjohn bei Pfizer beeinflusst ist. In Europa schrumpfte das Umsatzwachstum der Pharma von 5,6% auf 3,1%. Drastisch fällt der negative Swing in Japan aus, wo 2019 noch ein Umsatzplus von fast 13% gelungen war, und das Geschäft nun 2020 um 5,8% schrumpfte. Umsatzrückgänge zeigen in dem Markt die internationalen Anbieter Merck & Co. und Sanofi sowie die lokalen Konzerne Takeda und Otsuka. Andere Regionen verzeichneten nach der Analyse von EY ebenfalls ein niedrigeres Wachstum, was auf Umsatzrückgänge bei Pfizer, GSK und Bayer zurückzuführen sei.
Deutlich stärker als die Umsätze stiegen die Ausgaben für Forschung & Entwicklung, wenn auch mit einem Anstieg um 9,2% etwas weniger als im Vorjahr 2019. „Darin spiegeln sich auch die starken Anstrengungen der Unternehmen, schnell Impfstoffe und Medikamente gegen Corona auf den Markt zu bringen“, erklärt EY-Branchenexperte Alexander Nuyken. Viele Unternehmen hätten im Kampf gegen Corona wirtschaftliche Risiken in Kauf genommen.
Diese Aufwendungen spiegeln sich in der Ertragsentwicklung. So kam das Betriebsergebnis (Ebit) in dem Kreis der 21 Konzerne moderat um 2,7% auf 168 Mrd. Euro voran, womit die Marge von 26,2% auf 25,7% schrumpfte. An der Spitze der Rentabilität rangieren die Biotechkonzerne geführt von Gilead Sciences mit einer operativen Marge von 45,8%.