Atlantia verkauft Hochtief-Beteiligung
bl Mailand
Der italienische Infrastrukturkonzern Atlantia hat den Verkauf seiner gesamten Hochtief-Beteiligung von 14,46% an den spanischen Baukonzern ACS bekannt gegeben. Dieser hält künftig 70% der Anteile an dem deutschen Unternehmen. Atlantia erhält 51,43 Euro je Anteil bzw. insgesamt 577,8 Mill. Euro. Atlantia erklärte, der Verkauf erfolge im Rahmen der Strategie, nicht zum Kerngeschäft gehörende Aktivitäten zu verkaufen und das Beteiligungsportfolio zu rationalisieren. Der Atlantia-Aktienkurs reagierte kaum auf die Ankündigung.
Der damalige CEO Carlo Bertazzo hatte einen Verkauf des 2018 erworbenen Hochtief-Anteils bereits im März angedeutet, indem er ihn als reine Finanzbeteiligung bezeichnete. Atlantia hat nach dem von der Regierung erzwungenen Verkauf der 88-prozentigen Tochter Autostrade per l’Italia (Aspi), einem Autobahnbetreiber, eine Neuausrichtung vorgenommen. Das Unternehmen ist beim Bruchsaler Flugtaxihersteller Volocopter eingestiegen und hat für fast 1 Mrd. Euro die Siemens-Verkehrstechnik-Tochter Yunex übernommen. Außerdem wurden Autobahnbetreiber in Mexiko und in den USA erworben.
Aktuell denkt Atlantia angeblich über eine Übernahme des US-Autobahnbetreibers Chicago Skyway und einen möglichen Börsengang der Mautsystemtochter Telepass nach. Ziel ist es, sich ausschließlich auf Infrastrukturen und Mobilitätsdienstleistungen auszurichten und die Position in diesem Segment durch Investitionen und Akquisitionen auszubauen. Aus dem Verkauf von Aspi erlöste Atlantia rund 8 Mrd. Euro, die teilweise in Akquisitionen fließen sollen. Atlantia gehört zum Imperium der Familie Benetton, die dabei ist, den Konzern von der Börse zu nehmen. Künftig wird der Infrastrukturkonzern, an dem die Benetton-Beteiligungsholding Edizione 33% hält, zu 60% von Edizione kontrolliert. Den Rest werden Blackstone und – zu einem kleinen Teil – die Sparkassenstiftung CRT halten.
Atlantia ist derzeit an der Börse mit 18,8 Mrd. Euro bewertet und hat im ersten Halbjahr einen Nettogewinn von 300 (i.V. minus 200) Mill. Euro eingefahren. Im Gesamtjahr wird ein Umsatz von 6,8 (2021: 6,4) Mrd. Euro angepeilt. Außerdem soll die Verschuldung, die noch vor einem Jahr bei 38,6 Mrd. Euro lag, auf 21 Mrd. Euro zurückgeführt werden. Der Konzern betreibt in elf Ländern ein Autobahnnetz von 9800 Kilometern Länge, hält 15% am Kanaltunnelbetreiber Getlink, 50% am spanischen Infrastrukturkonzern Abertis und hat sechs Flughäfen.