Atradius erwartet mehr Insolvenzen im Maschinenbau
sar Frankfurt
Der Kreditversicherer Atradius rechnet mit mehr Insolvenzen im Maschinenbau. Die Zahl der Schadenmeldungen sei in den ersten neun Monaten dieses Jahres um mehr als 40% gestiegen. Neben der Inflation belasten anhaltende Lieferkettenprobleme, etwa in der Chipproduktion.
„Aufgrund der unterbrochenen Lieferketten aus Asien sind die Unternehmer gezwungen, mehr Material auf Vorrat einzulagern, was wiederum mehr Liquidität bindet“, sagt Frank Liebold, Country Director Germany bei Atradius. Einige Firmen werden zudem bald auslaufende KfW-Kredite zurückzahlen müssen.
Die Schwierigkeiten der Maschinenbaubranche könnten auch zu Folgeproblemen bei den Abnehmern führen, mahnt Liebold – etwa wenn ein Unternehmen eine Maschine bestellt, die über Fremdkapital finanziert ist, und auf diese dann länger warten muss als gedacht. „Kommt es aufseiten des Maschinenherstellers zu Lieferverzögerungen, bedeutet das für den Kunden eine längere Wartezeit und damit – angesichts der aktuellen Zinsentwicklung – teurere Kredite.“
Produktionsrückgang möglich
Auch in der Stahl- und Metallproduktion sorgen die hohen Materialpreise Atradius zufolge für Schwierigkeiten, allerdings könnten Metallhersteller die steigenden Kosten bislang in den meisten Fällen an die Abnehmer weiterreichen. Dennoch rechnen die Risikoexperten von Atradius derzeit mit einem Produktionsrückgang um 1,6 %. „Bei Firmen mit geringerer Liquidität beobachten wir bereits jetzt, dass diese ihre Produktion drosseln und beginnen, Lagerbestände abzubauen“, sagt Liebold.
Noch gibt es allerdings auch in den kriselnden Branchen nur wenige Insolvenzanträge, im Maschinenbau lag die Insolvenzquote Atradius zufolge 2021 um 20 % unter dem langjährigen Mittel. Grund dafür sind die umfangreichen staatlichen Hilfen während der Pandemie.
Die angespannte wirtschaftliche Lage schlägt sich europaweit inzwischen auch in einer verschlechterten Zahlungsmoral nieder, wie die Studie „Europäische Zahlungsgewohnheiten“ des Forderungsmanagementdienstleisters Eos ergeben hat. Dafür wurden 3 200 Unternehmen in 16 europäischen Ländern befragt. Europaweit wurden den Teilnehmern zufolge zuletzt 21 % der Rechnungen verspätet oder gar nicht bezahlt (2019: 19 %).
In Deutschland ist die Zahlungsmoral im europäischen Vergleich am höchsten: Dort zahlten nur 14 % der Kunden verspätet oder gar nicht, dieser Anteil ist hierzulande seit 2019 konstant. Die häufigsten Folgen von verzögert beglichenen Rechnungen sind den Teilnehmern zufolge Liquiditätsengpässe (42 %) und Gewinneinbußen (51 %). Dadurch musste knapp ein Drittel bereits Investitionen reduzieren und Preise erhöhen. Jedes vierte Unternehmen in Deutschland wie auch in Europa erwartet, dass sich die Zahlungsmoral künftig verschlechtern wird.