K+S

Bafin hegt Zweifel an Abschreibung

Die im Herbst 2020 vorgenommene Abschreibung über 2 Mrd. Euro auf Kali-Assets durch den Düngemittel- und Salzproduzenten K+S hat ein Nachspiel. Die Marktaufsicht BaFin hegt den Verdacht, die Wertminderung sei zu spät erfolgt und zu niedrig ausgefallen. Analysten und Investoren reagierten vergräzt.

Bafin hegt Zweifel an Abschreibung

md Frankfurt

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hegt den Verdacht, dass eine Milliardenabschreibung von K+S zu spät vorgenommen wurde und zu niedrig ausgefallen ist. Die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) hat auf Verlangen der BaFin eine Prüfung zur Richtigkeit der vorgenommenen Wertberichtigung an­gekündigt. K+S teilte mit, an der Prüfung vollumfänglich mitwirken und alle erforderlichen Unterlagen bereitstellen zu wollen. „Der Vorstand ist davon überzeugt, dass die Wertberichtigung ordnungsgemäß und unter Beachtung aller relevanten Rechnungslegungsvorschriften vorgenommen wurde“, hieß es. Auch der Aufsichtsrat sehe derzeit keine davon abweichenden Anhaltspunkte. Das Management gehe daher davon aus, die Anhaltspunkte der BaFin entkräften zu können.

An der Börse reagierten Investoren indes geschockt – der Kurs der MDax-Aktie brach gestern in der Spitze um 17,2% auf 8,11 Euro ein und schloss 14,3% schwächer bei 8,39 Euro.

Nicht liquiditätswirksam

In dem Fall geht es um einmalige, nicht zahlungswirksame Abschreibungen auf Vermögenswerte der operativen Einheit „Europe+“ von rund 2 Mrd. Euro, die das Unternehmen aus dem nordhessischen Kassel im November vorigen Jahres angekündigt hatte (vgl. BZ vom 5.11.2020). Hintergrund waren niedrigere Annah­men zur langfristigen Kalipreisentwicklung und höhere Annahmen zum Kapitalkostensatz. Es war auch ein Eingeständnis von K+S, dass sich das Unternehmen bei der langfristigen Entwicklung der Kalipreise verschätzt hat. Betroffen von den Wertberichtigungen waren die deutschen Kaliwerke und das neue kanadische Werk Bethune. Die Wertminderung erfolgte im Abschluss des dritten Quartals 2020 und belastete entsprechend das bereinigte Konzernergebnis nach Steuern sowie den Return on Capital Employed (Roce), also die Rendite auf das eingesetzte Kapital.

Die BaFin bezieht sich auf „konkrete Anhaltspunkte“, dass K+S Vermögenswerte zu hoch bemessen haben könnte und der Wertminderungsbedarf ganz oder teilweise bereits zu einem früheren Zeitpunkt hätte erfasst werden müssen. „Ebenso können weitere Aktivposten von einem Wertberichtigungsbedarf betroffen sein“, hieß es in der Ad-hoc-Mitteilung, die das Unternehmen am Mittwochabend veröffentlicht hatte (vgl. BZ vom 18.Februar). Die DPR sei von der BaFin mit der Prüfung des Konzernabschlusses zum 31. Dezember 2019 sowie des verkürzten Abschlusses zum 30. Juni 2020 beauftragt worden.

Wirtschaftsprüfer von K+S ist Deloitte; allerdings testieren die Buchprüfer nur den Jahresabschluss, nicht Quartalsberichte.

Ebenso wie Investoren reagierten auch einige Analysten heftig. Markus Mayer von der Baader Bank räumte ein, dass vor detaillierteren Informationen erst einmal nur über die schlimmstmöglichen Konsequenzen spekuliert werden könne. Dazu gehörten eine verzögerte Mitteilung der Jahreszahlen, weitere Wertberichtigungen sowie eine Kapitalerhöhung zur Stärkung der Bilanz. So war die Eigenkapitalquote von K+S im dritten Quartal, als die 2-Mrd.-Euro-Wertminderung verbucht worden war, auf gut 26% eingebrochen.

Auch das Analysehaus Pareto Securities entwickelte ein Worst-Case-Szenario: Danach müsste K+S seine wegen des Düngerpreisverfalls erfolgte und nicht zahlungswirksame Milliardenabschreibung korrigieren. Allerdings unterstrich Analyst Knud Hinkel, dass auch in diesem Fall keine Barmittel abfließen würden.

Die Prüfung sei „sehr negativ“ für das Unternehmen, urteilte Analyst Sven Diermeier von Independent Research. Sie sei auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die BaFin wegen des Wirecard-Skandals besonders sensibilisiert sei, sagte er Reuters.

Vor Schuldenabbau

Dem hoch verschuldeten Unternehmen (Nettoschulden zum 30.9.2020: 4,55 Mrd. Euro) sollte der im Herbst angekündigte Verkauf des amerikanischen Salzgeschäfts für 3,2 Mrd. Dollar in bar an die Industrieholding Stone Canyon finanziell Luft verschaffen (vgl. BZ vom 6. und 7.10.2020). Der Deal soll im kommenden Sommer abgeschlossen werden und dank einer erfolgten Wechselkursabsicherung für einen sicheren Zahlungseingang von 2,5 Mrd. Euro sorgen. In diesem Zusammenhang erwartet das Management auch einen Buchgewinn in mittlerer dreistelliger Millionenhöhe.

„Auffällig war für uns, dass die milliardenschweren Wertberichtigungen einen Monat nach der Bekanntgabe der Verkaufsvereinbarung für das nord- und südamerikanische Salzgeschäft angekündigt worden sind“, sagte Diermeier Reuters. Wären die Wertberichtigungen bereits früher angekündigt worden, so der Independent-Research-Analyst, hätte das K+S bei den Verkaufsverhandlungen „deutlich unter Druck gesetzt“. Ob das angesichts der unterschiedlichen Geschäftsfelder – Salz und Kali – tatsächlich der Fall gewesen wäre, ist umstritten.

Aufwärts im Düngermarkt

In operativer Hinsicht dürfte es für den deutschen Düngemittel- und Salzhersteller zuletzt besser gelaufen sein. Darauf deuten auch die Zahlen der kanadischen Nutrien hin, die dieser Tage ihre Bilanz für 2020 vorlegte. Demnach profitierte der weltgrößte Düngerproduzent im vierten Quartal 2020 von einem Boom in der Agrarbranche. CEO Chuck Magro geht davon aus, dass die Nachfrage nach Dünger hoch bleibt und die Preise weiter anziehen. Davon würde auch K+S profitieren. Für das abgelaufene Jahr ist aufgrund der Milliardenabschreibung allerdings mit einem hohen Verlust zu rechnen. Nach neun Monaten lag der Fehlbetrag von K+S bei 1,98 Mrd. Euro.