M&A

Baubranche steht vor Konsolidierung

Der Strukturwandel in der deutschen Bauwirtschaft dürfte sich in den nächsten Jahren beschleunigen. Die Berater von S&B Strategy rechnen mit einer verstärkten Konsolidierung.

Baubranche steht vor Konsolidierung

Von Helmut Kipp, Frankfurt

In der deutschen Baubranche nimmt der Konsolidierungsdruck zu. Vor allem im Hochbau sowie im Segment Ausbau und technische Gebäudeausrüstung wird die Zahl der Unternehmen bis 2030 zurückgehen, erwartet der M&A- und Strategieberater S&B Strategy aus München.

„Ein Großteil der deutschen Baubranche wird einen starken Konsolidierungsdruck erfahren“, sagt S&B-Partner Patrick Seidler im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Der M&A-Experte hat im Wesentlichen drei Faktoren ausgemacht, die den Trend zu größeren Einheiten antreiben: Nachfolgeprobleme, die Konvergenz der Gewerke und übergeordnete Themen wie Fachkräftemangel, Digitalisierung und Klimaschutz. Für ihre Studie hat S&B mehr als 500 Entscheider aus der Bauwirtschaft befragt.

Als Käufer kommen neben strategischen Adressen zunehmend auch Finanzinvestoren in Frage. „Private Equity hat ein deutlich größeres Interesse an der Bauindustrie als vor zehn Jahren“, sagt Seidler. „Früher hieß es, Bau ist zyklisch und schwierig, da lassen wir lieber die Finger davon. Das hat sich durch die CO2-Ziele und den Renovierungsstau gewandelt.“ Zunehmend sähen Finanzinvestoren Potenziale in dem Wirtschaftszweig. Die Folge sei: Es werde mehr Gruppenstrukturen geben. „Kleinere Handwerksbetriebe werden sich zu Gruppen zusammenschließen. Das wird in den nächsten fünf, zehn Jahren massiv zunehmen“, erwartet Seidler. Finanzinvestoren suchten sich üblicherweise ein größeres Unternehmen, das die Plattform darstelle für eine Einkaufstour in attraktiven Regionen.

Baufirmen aus dem Ausland schauten sich ebenfalls verstärkt um. „Deutschland ist in Europa einer der spannendsten Märkte“, sagt Seidler. Gerade aus Großbritannien komme zunehmendes Interesse. Französische Unternehmen engagierten sich seit Jahren stark in Deutschland. Größere Gesellschaften, die bisher eher auf die USA oder nach Asien geblickt hätten, nähmen nun stärker den deutschsprachigen Raum in den Fokus.

Moderate Multiples

Die Preise für Übernahmen siedelt der Berater beim Vier- bis Sechsfachen des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) an. Im Vergleich zu vielen anderen Branchen fallen die Multiples also niedrig aus. Für einen Eigentümer, der keinen Nachfolger habe, seien die Multiples aber immer noch attraktiv. Denn die meisten Inhaber hätten ein starkes Interesse daran, ihre Firma in gute Hände zu geben.

Eine zunehmende Zahl von Firmeninhabern aus der Babyboomer-Generation zieht sich laut S&B, die auf die Baubranche spezialisiert ist, altersbedingt zurück. Viele fänden weder in der Familie noch im Unternehmen einen geeigneten Nachfolger. Um den Fortbestand und die Arbeitsplätze zu sichern, müssten Inhaber verstärkt nach M&A-Lösungen Ausschau halten. Derzeit hätten etwa 9200 Unternehmen in der Baubranche ein Nachfolgeproblem. Seit 2010 sei ihre Zahl um rund 6% jährlich gestiegen. Dieser Trend werde sich – wenngleich abgeschwächt – fortsetzen. Bis 2030 werde die Zahl der nachfolgelosen Unternehmen um 2% im Jahr zunehmen.

Die steigende Komplexität von Gebäuden erfordert laut S&B umfassendere Serviceangebote. Dadurch würden Abgrenzungen zwischen den Gewerken aufgeweicht. Als Beispiel nennt Seidler Wärmepumpen, die im Verbund mit Fotovoltaik oder Solarthermie und Batteriespeichern eingebaut werden. Ein Heizungsbauer brauche also viel mehr Kompetenzen als vor zehn Jahren. Eine Lösung sei, dass sich verschiedene Unternehmen zu Gruppen oder in Plattformmodellen zusammenschließen.

Im Hochbau wird die Zahl der Unternehmen nach Schätzung von S&B bis 2030 um 23% auf 24780 sinken, im Segment Ausbau und technische Gebäudeausrüstung um 38% auf gut 98400. Bei den Bauzulieferern gebe es bereits mehr große Unternehmen, so dass der Konsolidierungstrend hier weniger stark ausgeprägt sei, sagt Seidler. Mehr Unternehmen werden dagegen im Bereich Planung/Ingenieurbüros und bei Hausmeisterdiensten erwartet. Erfahrungen mit M&A hätten nur knapp 20% der Unternehmen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.