Neuordnung des angeschlagenen Agrarhändlers

Baywa legt Ende Oktober Plan zur Zerschlagung vor

Der in Schieflage geratene Agrarhändler Baywa steht im Rahmen eines Sanierungskonzepts der Gläubigerbanken vor einer Zerschlagung. Nach langen Verhandlungen dürfte das börsennotierte Münchner Unternehmen dazu Eckpunkte Ende Oktober bekannt geben. Die Energietochter Baywa r.e. steht zur Disposition.

Baywa legt Ende Oktober Plan zur Zerschlagung vor

Baywa legt Ende Oktober Plan zur Zerschlagung vor

Solar- und Windkrafttochter dürfte bei Neuordnung des angeschlagenen Agrarhändlers zur Disposition stehen − Entflechtung mit Österreichern im Visier

Von Stefan Kroneck, München

Die Verhandlungen zwischen den Gläubigerbanken, dem Haupteigentümer und dem Vorstand zur Neuordnung der Geschäftsstrukturen des angeschlagenen Agrarhandelskonzern Baywa befinden sich offenbar in der Zielgeraden. Nach Informationen der Börsen-Zeitung will das Münchner Unternehmen die Pläne zur Neuaufstellung im Rahmen des Sanierungsplans Ende Oktober vorstellen. Im Kern wird es auf eine Zerschlagung des über 100 Jahre alten börsennotierten Unternehmens mit seinen genossenschaftlichen Wurzeln hinauslaufen.

Ende September legten die von den Gläubigerbanken für ein Sanierungsgutachten beauftragten Unternehmensberater von Roland Berger einen Entwurf zur Restrukturierung des Konzerns vor. Während die Öffentlichkeit seinerzeit über eine abermalige Finanzspritze (500 Mill. Euro), eine verlängertn Kredittilgungsstundung und einen bei der Energiedienstleistungstochter Baywa r.e. installierten Sanierungsmanager etwas erfuhr, blieb der Plan zur neuen Struktur des Konglomerats für die Allgemeinheit bis auf Weiteres unter Verschluss. Denn die Gespräche zwischen den beteiligten Personen erwiesen sich als äußerst zäh. Die Verhandlungen laufen seit rund drei Monaten. Das ist ein ungewöhnlich hoher Zeitaufwand für ein Unternehmen, welches sich in Schieflage befindet.

Milliardenkredite stehen auf dem Spiel

Zur Erinnerung: Mitte Juli erklärte sich die Obergesellschaft Baywa AG in einer Ad-hoc-Meldung zum Sanierungsfall. Das Unternehmen lief Gefahr, wegen Zahlungsunfähigkeit in die Insolvenz abzurutschen. Das wollten die Volks- und Raiffeisenbanken in Bayern, die über eine Beteiligungsholding 33,8% an der Baywa halten, und die Gruppe der Gläubigerbanken vermeiden. Zu Letzteren gehören die genossenschaftliche DZ Bank, die Unicredit-Tochter HypoVereinsbank und die Landesbank LBBW. Bei einer Insolvenz hätten die Geldhäuser viel verloren. Sie hätten auf ihre Darlehen hohe Wertberichtigungen vornehmen müssen

Die insgesamt 184 genossenschaftlichen Primärbanken im Freistaat sind derweil darum bemüht, den Imageschaden für sie infolge der Beinahe-Pleite der Baywa zu begrenzen. Deshalb gaben sie zuvor öffentlich eine Garantieerklärung für die Firma ab. Anders ausgedrückt: die genossenschaftliche Verbundfamilie zeigt sich bei einem Notfall eines ihrer Mitglieder „solidarisch“ – koste es, was es wolle. Das Überbrückungshilfen für die Baywa liegen jetzt schon bei 1,05 Mrd. Euro. Angesichts der desaströsen Lage des hoch verschuldeten Unternehmens könnten es noch mehr werden. Der Konzern sitzt auf einem Schuldenberg von über 11 Mrd. Euro, davon sind 5,4 Mrd. Euro Finanzverbindlichkeiten.

Kernaktivitäten bleiben erhalten

Aufgrund der relativ hohen Zahl von Verhandlungsteilnehmern sind die Meinungen und Interessen vielfältig. Das erschwert allerdings Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse. Es kristallisiert sich heraus, das große Teile des über 23.000 Mitarbeiter umfassenden Mischkonzerns herausgelöst werden sollen. Die Baywa soll sich künftig auf ihre Kernaktivitäten beschränken. Das sind vor allem die Aktivitäten im Agrarbereich (Handel, Landwirtschaftstechnik), im internationalen Agrarhandel (niederländische Tochter Cefetra), im Bauwesen (Baumärkte) und im Handel mit fossilen Brennstoffen (Heizöl). Diese vier Segmente umfassen rund 15.000 Beschäftigte. Das sind fast zwei Drittel des gesamten Personalbestands.

Im Gegensatz dazu stehen sämtliche Aktivitäten rund um das Geschäft mit Solar- und Windkraftanlagen zur Disposition. Das betrifft vor allem die Konzerntochter Baywa r.e. Sollte die Muttergesellschaft ihre Anteil an der Einheit von noch 51% abstoßen, beträfe das rund 4.600 Mitarbeiter – der Löwenanteil davon stammt von der Baywa r.e. Vor dem Hintergrund der katastrophalen Halbjahreszahlen der Baywa r.e. – hohe Finanzschulden und hohe Verluste prägen das Bild – ist für die Baywa dieses Geschäftsfeld kaum noch zu halten. Rohrkrepierer im Windparkprojektgeschäft sowie der Zusammenbruch des europäischen Marktes für Solarpanel machen eine entschlossenes Handeln notwendig. Wegen der Branchenkrise dürfte aber ein Verkauf derzeit kein Lösungsweg sein. Eine zeitaufwendige und teure Restrukturierung in Eigenregie ist wahrscheinlicher. Ein umfangreicher Personalabbau zeichnet sich ab.

Divergierende Meinungen

Derweil stehen für manchen Kreditgenossen auch die engen Verbindungen der Baywa mit den österreichischen Waren- und Kreditgenossenschaften auf dem Prüfstand. So ist die Raiffeisen Agrar Invest aus Korneuburg bei Wien mit 28,1% zweitgrößer Einzelaktionär der weiß-blauen Firma. Die Raiffeisen Ware Austria GmbH (RWA) gehört mehrheitlich dieses Beteiligungsvehikel. An der Lagerhaus-Konzernmutter RWA AG hält die Baywa wiederum 48%.

Erneuerer im Lager der Volks- und Raiffeisenbanken sehen in diesem Geflecht keinen Sinn mehr. Ihr Argument: es gibt kaum Synergien zwischen den Bayern und den Österreichern. Traditionalisten unter den Kreditgenossen halten dagegen, dass es gewachsene Strukturen seien. Das bedeutet, dass der Meinungsprozess unter den Kredit- und Warengenossen womöglich noch etwas dauern könnte, bis auf diesem Feld ebenfalls eine Entscheidung steht.

Der in Schieflage geratene Agrarhändler Baywa steht im Rahmen eines Sanierungskonzepts der Gläubigerbanken vor einer Zerschlagung. Nach langen Verhandlungen dürfte das börsennotierte Münchner Unternehmen dazu Eckpunkte Ende Oktober bekannt geben. Die Energietochter Baywa r.e. steht zur Disposition.