Hauptversammlung steht an

Baywa sorgt für viel Zündstoff auf Aktionärstreffen

Dem Agrarhandelskonzern Baywa steht eine Hauptversammlung bevor, auf der womöglich viele kritische Stimmen zu Wort kommen werden. Ein Machtkampf, ein hoher Jahresverlust, eine gestrichene Dividende und die Talfahrt der Aktie sorgen für Verstimmung unter den Aktionären.

Baywa sorgt für viel Zündstoff auf Aktionärstreffen

Baywa sorgt für viel Zündstoff bei den Aktionären

Turbulente Hauptversammlung des Agrarhandelskonzerns am 11. Juni zu erwarten – Machtkampf und hohe Verluste drücken auf die Stimmung

Von Stefan Kroneck, München

Die Baywa hat in diesem Jahr schon für viele negative Schlagzeilen gesorgt: Machtkampf, Jahresverlust, gestrichene Dividende und schwacher Auftakt 2024. Das sind die Stichworte, die auf der am 11. Juni stattfindenden ordentlichen Hauptversammlung (HV) des zum genossenschaftlichen Sektor gehörenden Agrarhandels- und Energiekonzerns viel Zündstoff bringen werden.

In der Generalaussprache könnte es auf der Präsenzveranstaltung turbulent zugehen. Denn aufgrund der Entwicklung des Münchner SDax-Mitglieds dürften Aktionäre verärgert sein. Es besteht großer Gesprächsbedarf.

Neuer Versammlungsleiter

Der neue Aufsichtsratsvorsitzende wird zu tun haben, die Debatte in geordnete Bahnen zu lenken. Der erfahrene Genossenschaftsbanker Gregor Scheller trat Anfang Mai auf Basis einer gerichtlichen Bestellung den Posten des Chefaufsehers an. Nach einer über dreimonatigen Übergangslösung folgt er auf Klaus Josef Lutz, der nach einem verlorenen Machtkampf im Januar überraschend das Handtuch warf. Mit Scheller als Vertreter der Kapitalseite im Aufsichtsrat versucht der größte Einzelaktionär einen Neuanfang, um wieder Ruhe ins Unternehmen zu bringen. Die Bayerische Raiffeisen-Beteiligungs AG hält 38,1% des Grundkapitals. Hinter dieser stehen die Volks- und Raiffeisenbanken des Freistaats. Als Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern ist Scheller deren Cheflobbyist. Im Juli gibt er dieses Amt altersbedingt ab. Der HV-Einladung zufolge stellt er sich auf dem Aktionärstreffen formell zur Nachwahl. Sein Mandat soll bis 2028 laufen.

Konzern schweigt bislang

Lutz war zuvor jahrelang Vorstandsvorsitzender. Nach dem Wechsel an der Konzernspitze im Frühjahr 2023 übernahm der Jurist die Leitung des Kontrollgremiums, sein designierter Nachfolger Marcus Pöllinger trat den CEO-Posten an. Zum Eklat kam es zu Jahresbeginn, als Lutz auf einer außerordentlichen Sitzung Pöllinger absetzen wollte. Er warf ihm vor, gegen Compliance-Regeln verstoßen zu haben. Doch die übrigen Aufsichtsräte folgten Lutz nicht. Sie sprachen dem neuen CEO das Vertrauen aus. Regelverletzungen seien nicht feststellbar, hieß es.

Über die Hintergründe des Zerwürfnisses schweigt der Konzern. Daher werden vermutlich insbesondere Aktionäre aus dem Streubesitz (33,8%) Auskünfte darüber in der Generalaussprache fordern.  

Kursverfall drückt

Der Vertrag von Lutz als CEO wäre im März 2025 ausgelaufen. Für seine vorzeitige Amtsniederlegung kassierte er laut HV-Einladung eine Abfindung von 6,7 Mill. Euro.

Ein weiteres Ärgernis für die Anteilseigner ist der Kursverfall. Binnen eines Jahres büßte die Aktie über zwei Fünftel an Wert ein. Am Dienstag notierte sie mit 22,80 Euro nahezu unverändert. Zum Vergleich: Der SDax sprang im gleichen Zeitraum um 15%. Grund für das Debakel sind die tiefroten Zahlen. Nach einem Rekordgewinn im Jahre 2022 von 240 Mill. Euro verbuchte der Konzern im zurückliegenden 12-Monats-Turnus einen Fehlbetrag von 93 Mill. Euro. Das war nach Firmenangaben das erste Jahresdefizit in der Unternehmensgeschichte. Ursache waren gestiegene Zinsaufwendungen infolge höherer Marktzinsen und Wertberichtigungen auf steuerliche Verlustvorträge. Der Vorstand schlug daraufhin vor, die Dividende für 2023 komplett zu streichen.

Finanzschulden von 5,6 Mrd. Euro

Obgleich im ersten Quartal dieses Jahres der Fehlbetrag sogar auf 108 Mill. Euro wuchs, hält Pöllinger an seinem Ziel fest, die Baywa 2024 in die Gewinnzone zurückzuführen. Dazu kündigte er ein Restrukturierungsprogramm für das hochverschuldete Unternehmen an. Zur Bilanzvorlage Ende März rief der CEO 2024 zum „Jahr der Konsolidierung“ aus. Er stellt unrentable Bereiche auf den Prüfstand. Der Konzern plant, das internationale Solarhandelsgeschäft zu veräußern.

Zugleich will Pöllinger mit CFO Andreas Helber die Verbindlichkeiten abbauen. Ende März betrugen die Finanzschulden 5,6 Mrd. Euro. Das waren 170 Mill. Euro mehr gegenüber dem Ultimo 2023. Die Verbindlichkeiten sind das Resultat einer überwiegend fremdfinanzierten Expansion unter der Ära Lutz. Der frühere CEO stellte die Baywa mit zahlreichen Zukäufen breiter auf. Die Diversifizierung sollte dazu beitragen, den Konzern krisenfester zu machen.