Beratung boomt in der Pandemie
hei Frankfurt – Die Strategieberatung Boston Consulting Group hat im zweiten Pandemiejahr 2021 weltweit einen Umsatzsprung um 25% auf 11 Mrd. Dollar hingelegt und damit ihre ursprünglichen Ziele deutlich übertroffen, wie aus einer Mitteilung der Gesellschaft hervorgeht. Dabei hatte das Geschäft in Deutschland und Österreich einen substanziellen Anteil an der positiven Gesamtentwicklung, wie Michael Brigl, der seit Jahresbeginn BCG in den Regionen Deutschland, Österreich, Polen, Schweiz, Tschechien und Ungarn führt, herausstreicht. Der Umsatzanstieg in Deutschland und Österreich wird ebenfalls mit „deutlich zweistellig“ angegeben.
Triebfaktor des Geschäfts war wenig überraschend die Beratung in den Bereichen „Klimaschutz, Digital & Analytics sowie Transformation“. Bei diesen Themenfeldern stehen die Unternehmen vor großen Herausforderungen. Brigl, der für BCG zuvor 15 Jahre in der Beratung von Private Equity tätig war, will das weitere Wachstum hierzulande im laufenden Jahr mit 1000 Neueinstellungen vorantreiben, davon zwei Drittel in der Beratung. Dabei strebt er ein breites Qualifikationsspektrum an, das als solches in der deutschen Wirtschaft noch weniger ausgeprägt ist als etwa im angelsächsischen Raum. Brigl gibt sich nun ganz unkonventionell: „Wir brauchen die unterschiedlichsten Blickwinkel auf zu lösende Probleme – zum Beispiel würden wir uns freuen, Klimaaktivisten einzustellen“, erklärte der Manager. Der Wettbewerb „um die klügsten Köpfe“ sei vielleicht so groß wie nie zuvor.
Die Beratung im Bereich Klimaschutz ist bei BCG weltweit auf beachtliche 10% vom Gesamtumsatz angewachsen, wie der ehemalige Deutschlandchef Matthias Tauber unterstreicht. In Deutschland haben sich die Erlöse mit Klimaprojekten im vergangenen Jahr auf eine nicht näher konkretisierte Größenordnung verdoppelt.
Keine Prognose
In den ersten drei Monaten dieses Jahres zeichnet sich für BCG eine anhaltend starke Nachfrage nach Beratungsleistungen ab. Allerdings traut sich das Management in der aktuellen geopolitischen Lage keine konkrete Prognose zu. Die Beraterbranche insgesamt rechnet grosso modo mit einem Umsatzzuwachs von rund 10%, wobei berücksichtigt ist, dass die Unternehmen derzeit praktisch von einem Ausnahmezustand in den nächsten übergehen – erst die Coronakrise, nun der Ukraine-Krieg.
Dabei hat für die Wirtschaft aktuell ein möglicher Engpass in der Energieversorgung Priorität. Denn er trifft die Unternehmen in einer Phase, in der die Nachfrage nach sämtlichen fossilen Energieträgern (Öl, Erdgas, Kohle) sowie nach Elektrizität deutlich anzieht, die zuvor durch die Pandemie gedämpft war. Hinzu kommen historisch niedrige Lagerbestände, wie BCG herausstellt. Russland liefere aktuell 54% des deutschen Gasbedarfs, 23% bei Öl und 14% bei Kohle.
Die Berater gehen indes nicht davon aus, dass es kurzfristig zu einem kompletten Embargo bzw. Lieferstopp für Russland kommt. Das Land decke global 12% des Bedarfs an fossilen Energieträgern ab. Dies sei kurzfristig nicht zu ersetzen. In diesem Fall wäre die Wirtschaft einem massiven Angebotsschock ausgesetzt, der eine herbe Rezession nach sich ziehen könnte, wie zahlreiche Experten warnen. BCG verweist außerdem auf bestehende Knappheiten bei erneuerbaren Energien und die hohen Logistikkosten für Flüssiggas.