Berlin unterstützt grünen Wandel beim Stahl

Kabinett billigt industriepolitisches Handlungskonzept - Branche baut auf schnelle Umsetzung und konkrete Förderprogramme

Berlin unterstützt grünen Wandel beim Stahl

Die Bundesregierung unterstützt die deutsche Stahlindustrie bei der Umstellung auf klimafreundliche Produktion. Die Branche rechnet mit erforderlichen Investitionen von 30 Mrd. Euro für die Transformation. Sie baut auf staatliche Unterstützung bei der Umstellung und gegen Carbon Leakage. wf/ab Berlin/Düsseldorf – “Wir möchten, dass die Stahlindustrie auch in 30 Jahren aus eigener Kraft wettbewerbsfähig und klimaneutral in Deutschland produzieren kann”, sagte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) vor der Presse in Berlin. Die Stahlindustrie sei eine “Schlüsselindustrie”. Das Bundeskabinett hatte zuvor ein Handlungskonzept von Altmaier gebilligt, das dieser mit der Wirtschaftsvereinigung Stahl und der IG Metall als führender Gewerkschaft in der Branche erarbeitet hatte. Allein die Stahlindustrie beschäftigt rund 86 000 Menschen – viele weitere sind es entlang der Wertschöpfungskette.Mit dem Handlungskonzept Stahl stelle sich die Politik eindeutig hinter eine wettbewerbsfähige, zukunftsfähige Stahlindustrie am Standort Deutschland, machte Altmaier deutlich. Es sei ein Signal für die Bereitschaft der Bundesregierung, die Transformation hin zu einer klimafreundlichen Wirtschaft und Indus-trie in den nächsten Jahren mit den Betroffenen gemeinsam zu gehen. Ziele der Bundesregierung sind dabei: Chancengleichheit auf dem globalen Stahlmarkt zu schaffen, den Carbon-Leakage-Schutz für die Stahlindustrie und andere energieintensive Industrien zu stärken und mit der Umstellung auf eine klimafreundliche Produktion Deutschland zum Vorreiter innovativer Klimaschutztechnologien zu machen.Die Stahlindustrie begrüßte das “kohärente industriepolitische Gesamtkonzept für die nächsten Jahre”. Konkrete Förderprogramme und die praktische Umsetzung müssten nun schnell kommen, mahnte Hans Jürgen Kerkhoff, Präsident der Wirtschaftsvereinigung Stahl, zugleich. Zunächst müsse die Branche die Folgen der Coronakrise bewältigen, in der Umsätze stark eingebrochen seien. “Das Konjunkturprogramm kann die Folgen abmildern, aber nicht vollständig ausgleichen”, sagte er.Für Investitionen zur Umstellung auf CO2-arme Stahlerzeugungsverfahren sind nach überschlägigen Berechnungen der Branche rund 30 Mrd. Euro nötig. Solche Summen könne die Branche jedoch nicht allein stemmen, machten Industrie und Gewerkschaft deutlich.Altmaier zufolge sind im Konjunkturprogramm der Regierung 9 Mrd. Euro für die Wasserstoffstrategie eingeplant. Er werde sich dafür einsetzen, dass weitere Mittel in den Bundeshaushalt in den nächsten Jahren eingestellt werden. Staatliche Investitionszuschüsse lägen in der Regel bei 25 bis 35 %. Sie müssten von Brüssel genehmigt werden. Kerkhoff zufolge spielt die industrielle Nutzung von grünem Wasserstoff, der aus erneuerbaren Energien hergestellt wird, eine zentrale Rolle. Dafür müssten aber die Kapazitäten ausreichen, mahnte er an.Die Stahlbranche rechnet in der nächsten Periode des EU-Emissionshandels mit Klimazertifikaten mit Zusatzkosten von fast 4 Mrd. Euro. Kerkhoff sprach sich für die Ausgabe kostenloser Emissionszertifikate aus sowie eine vollständige Kompensation des Strompreises. Sollten diese Maßnahmen nicht ausreichen, könnte für die verbleibende Lücke zusätzlich ein CO2-Grenzausgleich in Erwägung gezogen werden, um Carbon Leakage, also die Verlagerung von CO2-Emissionen, zu verhindern, sagte Kerkhoff. Altmaier legte sich in diesem Punkt nicht fest. Es gebe verschiedene Varianten gegen Carbon Leakage, die geprüft würden.Thyssenkrupp begrüßte das “Handlungskonzept Stahl”. Das Konzept stelle die richtigen Weichen für die Zukunft einer deutschen und europäischen Schlüsselindustrie. “Jetzt kommt es aber darauf an, die vorgeschlagenen Maßnahmen konsequent umzusetzen. Der Erfolg des Handlungskonzepts hängt auch davon ab, dass die Politik für grundsätzliche Chancengleichheit auf dem globalen Stahlmarkt sorgt und bewährte Carbon-Leakage-Regelungen bestehen lässt”, mahnte Thyssen-Stahlchef Bernhard Osburg.Zurückhaltend zeigte sich der Minister zu einer möglichen staatlichen Flankierung einer Fusion der Stahlkonzerne Thyssenkrupp und Salzgitter. Die Initiative müsse von den Unternehmen ausgehen und nicht von der Bundesregierung, sagte Altmaier. Beide Partner müssten von der Fusion überzeugt sein. Thyssenkrupp ist auf der Suche nach einem Partner für die Stahlsparte. Salzgitter hat den Essenern aber wiederholt einen Korb gegeben.