Britischer Flugtaxi-Bauer verschafft sich finanziell Luft
Britischer Flugtaxi-Bauer verschafft sich Luft
Vertical Aerospace stärkt Bilanz und Liquidität – Anleger und Analysten goutieren Deal
kro Frankfurt
Die weltweiten Unsicherheiten rund um die Zertifizierung und Kommerzialisierung von Flugtaxis setzen nicht nur die deutschen Hersteller Volocopter und Lilium finanziell unter Druck. Auch der britische Rivale Vertical Aerospace hatte zuletzt Zweifel an der Unternehmensfortführung geäußert und den Zeitplan für die Zulassung seines Modells „VX4“ nach hinten verschoben. Statt 2026 soll es nun erst im Jahr 2028 so weit sein, wie aus einem Mitte November veröffentlichten Strategieupdate hervorgeht.
Dabei fiel das 2016 gegründete Start-up, das wie Lilium im Jahr 2021 via Spac an die New Yorker Börse gegangen war, zuletzt mit vergleichsweise niedrigen Cash-Reserven auf. Aus einer Prognose für das zweite Halbjahr ging hervor, dass die flüssigen Mittel gerade mal noch für rund sechs Monate reichen würden – die ebenfalls börsennotierten US-Rivalen Joby und Archer waren hier laut einer Barclays-Analyse zuletzt besser aufgestellt.
Runway verlängert
Im Rahmen einer mehrere Punkte umfassenden Finanzierungsvereinbarung mit dem Haupt-Gläubiger Mudrick Capital Management und dem Hauptaktionär sowie Gründer Stephen Fitzpatrick hat sich das Start-up nun jedoch finanziell Luft verschafft und gleichzeitig die Bilanz gestärkt. Die Vereinbarung sieht eine von Mudrick bereitzustellende Eigenkapitalspritze von 25 Mill. Dollar vor, wobei später nochmal bis zu 25 Mill. Dollar fließen sollen, sofern dieser Bedarf nicht ganz oder in Teilen von anderen Investoren eingebacht wird. Gründer Fitzpatrick, der zuletzt eine Frist für eine von ihm zugesagte Finanzspritze hatte verstreichen lassen, erhalte zudem die Option, weitere 25 Mill. Dollar zu den gleichen Bedingungen zu investieren. Der Runway, also der Zeitraum, in dem das Start-up ohne weitere Investitionen finanziell überleben kann, verlängert sich laut Reuters dadurch bis zum vierten Quartal nächsten Jahres.
Mit einem Debt-Equity-Swap stärke Vertical Aerospace nach eigenen Angaben zugleich seine Bilanz. Dabei sollen rund 130 Mill. Dollar an Wandelschuldverschreibungen von Mudrick zu einem Kurs von 2,75 Dollar je Aktie in Eigenkapital umgewandelt werden. Die Verschuldung von Vertical reduziere sich dadurch erheblich, so das Start-up.
Mehr Vertrauen auch unter Zulieferern
Sowohl an der Börse als auch unter Analysten kam der Deal positiv an. Der Aktienkurs legte seit der Ankündigung um fast 60% auf 7,65 Dollar zu, was allerdings noch weit entfernt von dem Niveau ist, das die Aktie in der ersten Zeit ihrer Börsennotierung erreicht hatte. Damals kostete die Aktie zeitweise mehr als 100 Dollar.
„Wir glauben, dass die Ankündigung eine erhebliche Verringerung des Risikos für die Aktionäre darstellt“, schrieb ein Analyst vom kanadischen Finanzdienstleister Canaccord Genuity. Außerdem schaffe er auch unter Zulieferern das Vertrauen, dass das Start-up während der kommenden Test- und Zulassungsphase in der Lage sein wird, für ein ausreichend dickes Kapitalpolster zu sorgen.
Ein Analyst des Finanzdienstleisters Raymond James betonte ebenfalls, dass die Transaktion dem Management mit seiner „Flightpath 2030“-Strategie Glaubwürdigkeit verschaffe. Er blieb jedoch bei seiner „Marketperform“-Einstufung für die Aktie. Der Canaccord-Analyst rät seinerseits zum Kauf.