Brüssel startet neues Kartellverfahren gegen Google
ahe Brüssel
Nachdem die Europäische Kommission mit ihren Untersuchungen Ende April gegen Apple im Bereich des Musikstreamings und Anfang Juni gegen Facebook auf dem Kleinanzeigenmarkt schon für Schlagzeilen gesorgt hatte, legt die Brüsseler Behörde jetzt noch einmal nach und knöpft sich auch Google vor. In einem förmlich eröffneten Kartellverfahren sollen die Praktiken des Konzerns auf dem Markt der Online-Werbung genauer untersucht werden. Dabei geht es zentral um die Frage, ob Google sich bei Anzeigendiensten gegenüber den Konkurrenten bevorteilt und dadurch den Wettbewerb verzerrt hat. Betroffen wären dadurch andere Technologiedienste, Werbetreibende und auch Online-Verleger.
Allein im vergangenen Jahr setzte Google mit Online-Anzeigen 147 Mrd. Dollar um und damit mehr als jedes andere Unternehmen in der Welt. Google sammelt dabei Daten für gezielte Werbung, verkauft Werbeflächen und agiert auch als Online-Werbevermittler.
Damit sei das Unternehmen auf fast allen Ebenen der Wertschöpfungskette für Online-Werbeanzeigen vertreten, erklärte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. „Wir vermuten, dass Google es konkurrierenden Online-Werbediensten erschwert haben könnte, am Wettbewerb im Bereich der Werbetechnologie teilzunehmen.“
Google weist Kritik zurück
Google steht nicht zum ersten Mal im Visier der EU-Wettbewerbsbehörde. Der US-Konzern wurde bereits in drei Verfahren zu Bußgeldern von insgesamt mehr als 8 Mrd. Dollar verdonnert. Dabei ging es unter anderem um das Smartphone-Betriebssystem Android und die Shopping-Suche.
Nach Bekanntgabe des Kartellverfahrens kündigte Google an, sich konstruktiv damit auseinandersetzen. Tausende europäischer Unternehmen nutzten jeden Tag Googles Werbeprodukte, um neue Kunden zu erreichen und ihre Websites zu finanzieren, erklärte der Konzern. „Sie wählen sie, weil sie wettbewerbsfähig und effektiv sind.“
Die EU-Kommission verwies dagegen darauf, dass viele Verleger auf Online-Anzeigen zurückgriffen, um die kostenlose Bereitstellung von Online-Inhalten für Verbraucher zu finanzieren. Im Jahr 2019 beliefen sich die Ausgaben für Werbeanzeigen in der EU schätzungsweise auf rund 20 Mrd. Euro.
Die Untersuchungen sollen sich nun auf den Bereich der Werbeanzeigen konzentrieren, in dem Google sowohl für Werbetreibende als auch für Verleger eine Reihe von Diensten anbietet. Dabei geht es unter anderem um die Bedingungen zum Kauf von Online-Werbeanzeigen auf der Videoplattform YouTube.
Auch will die EU-Kommission wissen, inwieweit Google die Möglichkeiten der Wettbewerber beschränkt, auf Daten zur Nutzeridentität oder zum Nutzerverhalten zuzugreifen, die den Google-eigenen Werbevermittlungsdiensten zur Verfügung stehen. Auch die vom Konzern angekündigten Pläne, die Platzierung von Drittanbieter-Cookies auf dem Browser Chrome zu verbieten und sie durch das Instrumentarium der „Privatsphäre-Sandbox“ zu ersetzen, erregt das Interesse der Behörde. Zudem wird die Werbekennung auf intelligenten Android-Mobilgeräten und ihre Zurverfügungstellung Thema der Untersuchungen, wie in Brüssel angekündigt wurde.
Wie lange das Verfahren dauern könnte, wurde nicht bekannt. Die EU-Kommission erklärte lediglich, die Untersuchung „vorrangig“ zu behandeln.