Mobile World Congress

Cariad will mit Softwareneuheit zurück ans Steuer

Cariad stellt mit dem Application Store den ersten Baustein für ein neues Infotainment-System vor, das bis 2030 in 40 Millionen Autos implementiert sein soll.

Cariad will mit Softwareneuheit zurück ans Steuer

Von Heidi Rohde, Barcelona

Die VW-Softwaretochter Cariad hat auf dem Mobile World Congress (MWC) in Barcelona einen neuen „Application Store“ vorgestellt, der als erster Baustein der neuen Premium-Software „One.Infotainment-System“ gedacht ist. Für Cariad sei das neue Produkt „der erste große Meilenstein in unserem Jahr des Lieferns“, erklärte der CEO der VW-Sparte Dirk Hilgenberg anlässlich des Launches auf dem MWC und spielte damit direkt auf die Kritik von VW-Chef Oliver Blume an der Lieferfähigkeit der Softwareeinheit an.

Verzögerungen in der Entwicklung und Unstimmigkeiten mit den einzelnen Konzernmarken hatten im vergangenen Jahr die Modellplanung wichtiger Fahrzeugtypen gebremst und gelten als Sargnagel für den ehemaligen VW-CEO Herbert Diess, der seinen Posten im Juli vergangenen Jahres räumen musste.

Der neue „Application Store“ soll von Juli an in der nächsten Generation von Audi- und Porsche-Modellen zum Einsatz kommen, in weiteren Konzernmarken soll das Produkt sukzessive eingebaut werden. Neben „exklusiven Apps“ von Audi, Porsche und VW soll der Store auch Programme von Drittanbietern integrieren. Das Produkt sei „bewusst als offenes Ökosystem angelegt“, um dem Kunden die Möglichkeit zu geben, „sein Infotainment zu personalisieren“, sagte Riclef Schmidt-Clausen, Senior Vice President Intelligent Cockpit Body, der Börsen-Zeitung in Barcelona. Das in Zusammenarbeit mit der Samsung-Tochter Harman entwickelte Produkt, habe bereits „zahlreiche Partner“ unter anderem aus den Bereich Musik und Video, Gaming, Navigation, Parken und Laden gewinnen können.

Cariad will mit der als „Weltneuheit“ bezeichneten Software im Auto zurück ans Steuer. Das Produkt basiert auf „Android Automotive OS“, aber Schmidt-Clausen macht deutlich, dass es darum geht, „den Kunden mit einer eingebetteten Car-Infotainment-Lösung soweit zu überzeugen, dass er diese gegenüber alternativen Angeboten bevorzugt“. Damit spielt der Manager auf die global immer mehr verbreiteten Produkte von Google (Android Car) und Apple (Car Play) an. „Bei uns erhält der Kunde volle Kontrolle über die Verwendung der Daten“, betont er überdies und lässt zugleich durchblicken, dass es für den Automobilkonzern auch künftig entscheidend ist, die Kontrolle über die Vielzahl der in Fahrzeugen generierten Nutzungsdaten zu behalten.

Der Application Store bietet den Angaben zufolge einen skalierbaren Plattformansatz, der es Entwicklern ermögliche, ohne zusätzliche Anpassungen mehrere Marken und eine große Anzahl von Fahrzeugen im VW-Konzern zu erreichen. Es soll überdies sichergestellt werden, dass die Software jederzeit über W-Lan aktualisiert werden kann, ohne dass ein Werkstattbesuch nötig ist.

Der VW-Konzern hat unter Blume nicht nur die Lieferfristen für bestimmte Software-Entwicklungen gestreckt, sondern ist auch von dem zuvor kommunizierten „Eigenanteil von 60%“ abgerückt. Partnerschaften, wie sie Porsche seit längerem mit Apple pflegt, seien grundsätzlich unverzichtbar. „Keiner kann alles allein entwickeln, deshalb setzen wir mit Harman auf einen starken Partner“, betont auch Schmidt-Clausen. Allerdings gibt er auch das klare Ziel aus, dass der Automobilhersteller die Software-Hoheit im Auto behalten muss. „Allein im Volkswagen-Konzern werden bis 2030 bis zu 40 Millionen Autos mit Cariad-Software ausgestattet sein.“

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