Chemie nimmt Fahrt auf
swa Frankfurt
– In der deutschen Chemieindustrie wächst die Zuversicht. Nach einem positiven Jahresauftakt rechnet der Branchenverband VCI nun für 2021 mit einem Wachstum der Chemie- und Pharmaproduktion von 4,5% und einem Preisanstieg von 3,5%. Der Umsatz der drittgrößten Industriebranche Deutschlands sollte somit deutlich um 8% auf 206 Mrd. Euro zulegen. Bereits im März hatte der VCI höhere Ziele gesteckt und einen Anstieg der Produktion um 3% in Aussicht gestellt. Die Preisentwicklung war damals noch auf eine Teuerung von 2% geschätzt worden.
„Die ersten Monate machen Hoffnung auf ein gutes Chemiejahr. Die Nachfrage nach Chemikalien und Pharmazeutika nimmt zu“, sagt VCI-Präsident Christian Kullmann, im Hauptberuf Vorstandschef des Spezialchemiekonzerns Evonik. Die Aussichten seien jedoch nicht ungetrübt. Sorgen bereiteten den Unternehmen derzeit Engpässe bei Materialien und Vorprodukten. „Sie beeinträchtigen mittlerweile bei jedem zweiten Unternehmen die Betriebsabläufe“, erklärt der Manager. Er geht davon aus, dass sich diese Situation im Verlauf des Jahres wieder entspannen wird. Gebremst werde die Chemieindustrie auch von Problemen in der Logistik, insbesondere im Containerverkehr. Während 2020 vor allem der Mangel an Aufträgen belastete, sei es derzeit die Materialknappheit, heißt es vom VCI.
Produktion und Umsatz setzten im ersten Quartal ihren Erholungskurs fort und lagen erstmals wieder über Vorkrisenniveau. Die Pharmaproduktion habe sich deutlich beschleunigt, während Lieferschwierigkeiten bei Vorprodukten die Herstellung chemischer Erzeugnisse leicht gebremst hätten. Die Auslastung der Anlagen habe im Vergleich zum vierten Quartal 2020 spürbar zugenommen auf 86,5% – ein Wert oberhalb des Normalbereichs (siehe Grafik).
In den ersten drei Monaten kam die Chemie- und Pharmaproduktion binnen Jahresfrist um 0,8% voran, gegenüber dem Vorquartal zeigt sich ein Wachstum um 1,1%. Die Preise kletterten im Jahresvergleich noch moderat um 0,3%, zum Vorquartal ist es ein Plus um 2,2%. Die Chemie ohne Pharma baute die Produktion im Quartal im Jahresvergleich um 1% aus.
Die Erholung der weltweiten Industriekonjunktur habe die Nachfrage nach Chemieprodukten aus deutschen Werken befördert. Insbesondere die Geschäfte mit Kunden in der Europäischen Union liefen gut. Der Absatz habe hier erstmals wieder das Niveau von vor der Coronakrise übertroffen, teilt der VCI mit. Die Nachfrage nach Chemieprodukten aus Asien habe ebenfalls zugenommen. Im Inlandsgeschäft liegt der Umsatz im Jahresvergleich noch leicht unter dem ersten Quartal 2020. Die Zahl der Beschäftigten sei mit 464400 stabil.
In den Produktgruppen zeigt sich eine unterschiedliche Entwicklung. Materialengpässe und Lockdown schlagen sich in den Sparten mehr oder weniger intensiv nieder. Während Konsumchemikalien unter dem Lockdown litten, bremsten Engpässe vor allem in der Basischemie. Für die Hersteller anorganischer Grundstoffe habe sich 2021 ein schwieriges Jahr fortgesetzt. Besser gelaufen sei es in der Petrochemie. Die Anbieter von Fein- und Spezialchemikalien seien gut ins Jahr gestartet. Am stärksten vom Lockdown getroffen waren Hersteller von Wasch- und Körperpflegemitteln. Geschlossene Läden, Homeoffice und abgesagte Veranstaltungen hätten die Nachfrage nach Kosmetikprodukten reduziert. Ein stabiler Absatz von Hygieneartikeln und Desinfektionsmitteln habe diese Schwäche nur zum Teil kompensiert, der Umsatz der Sparte lag um fast 10% unter Vorjahr.