China bestraft PwC zum Mandat bei Skandalfirma Evergrande
China bestraft PwC zum Mandat bei Skandalfirma Evergrande
Geldbuße über 55 Mill. Euro – Sechsmonatige Sperre schmerzt
nh Schanghai
Chinesische Behörden belegen den China-Ableger des globalen Wirtschaftsprüfungskonzerns PricewaterhouseCoopers (PwC) mit einer Geldstrafe über 441 Mill. Yuan (rd. 55 Mill. Euro) und verordnen ein sechs Monate währendes Moratorium für PwC-Aktivitäten auf dem Festland. Die Maßnahmen beziehen sich auf fahrlässiges Prüfungsverhalten bei den von PwC kontrollierten Abschlüssen des in zahlreiche Skandale verwickelten Immobilienentwicklers China Evergrande in den Jahren 2018 bis 2020.
Massiver Bilanzbetrug
Evergrande ist mit Rekordverbindlichkeiten von über 300 Mrd. Dollar Symbolträger für die seit über drei Jahren grassierende Verschuldungskrise chinesischer Bauträger. Im März hatte die Wertpapieraufsichtsbehörde CSRC Evergrande mit einer Strafe über 580 Mill. Yuan belegt. Sie trägt einer massiven Bilanzschönung in den Jahren 2019 und 2020 Rechnung, also vor Bekanntwerden der Probleme im Sektor. Dabei soll die Evergrande-Kerneinheit Hengda Real Estate ihre Erlösrechnung mit fingierten Einnahmen aus unrealisierten Wohnungsverkäufen um gut 72 Mrd. Euro überhöht haben.
Auge zugedrückt
In einem Statement des Pekinger Finanzministeriums und der CSRC zu den am Freitag bekanntgegebenen Strafmaßnahmen heißt es, die PwC-Einheit habe es wissentlich versäumt, gewaltige Berichtsfehler und Inkonsistenzen im Zahlenwerk von Hengda aufzudecken. Es habe erhebliche Mängel in Design und Durchführung des Evergrande-Audit gegeben. PwC habe die gefälschten Statements „mit einem geöffneten und einem geschlossenen Auge“ überprüft.
Prüfer leistet Abbitte
PwC ließ am Freitag mitteilen, man sei enttäuscht über die Arbeit der Einheit in China. Sie sei auf „inakzeptable Weise“ hinter den Standards zurückgeblieben, die man von Mitgliedsfirmen des PwC-Verbunds erwarte. Über der Zukunft der China-Aktivitäten von PwC dürfte nun auch über die sechsmonatige Sperre hinaus eine dunkle Wolke hängen. Zahlreiche große Staatsunternehmen haben PwC-Mandate gekündigt. Aus dem wichtigsten Kundenkreis für PwC China dürften auch in Zukunft keine keine neuen Aufträge mehr kommen.
Auch unabhängig vom Fall Evergrande laufen Bestrebungen der Pekinger Regierung, um die bisherige Vormachtstellung der als „Big Four“ bezeichneten vier großen globalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (PwC, EY, Deloitte und KPMG) graduell aufzulösen. Seit dem vergangenen Jahr sorgt Peking dafür, dass sich staatliche Unternehmen immer weiter von Mandaten der Big Four zurückziehen, um diese auf heimische Audit-Firmen umpolen.
Laut den letzten verfügbaren offiziellen Daten des chinesischen Prüferverbands war PwC im Jahr 2022 mit Einnahmen über 7,9 Mrd. Yuan (1 Mrd. Euro) Platzhirsch in China, dahinter lag EY mit 6,7 Mrd. Yuan. Im März 2023 erhielt das Peking-Büro von Deloitte eine Strafe über 211 Mill. Yuan. Hier ging es um Prüfungsmissstände beim staatlichen Finanzinstitut Huarong Asset Management zwischen 2014 und 2019.
Im Fall Huarong kam es letztlich zu einer staatliche Rettungsaktion (Bail-out), mit der ein massiver Zahlungsausfall der bei internationalen Anlegern platzierten auf Dollar-Bonds verhindert wurde. Bei privaten Evergrande hat sich der Staat allerdings für keine Rettungsmaßnahmen hergegeben, die den Bondhaltern zugutekommen.
Wackeliges Liquidationsverfahren
Anfang des Jahres war seitens eines Hongkonger Gerichts ein Liquidationsverfahren für die insolvente Evergrande Group angeordnet worden. Dieses Verfahren hat allerdings nur bedingte Wirkungskraft, weil es bei der Rechtsanwendung auf dem chinesischen Festland einer politischen Überformung und wenig transparenten Umsetzung anheimgestellt ist.