Zäsur in der Firmengeschichte

Conti-Aktionäre billigen Spin-off von Autozuliefergeschäft

Der Dax-Konzern Continental steuert auf eine Dreiteilung zu. Nun haben Aktionäre zunächst grünes Licht für die Abspaltung des Autozuliefergeschäfts gegeben.

Conti-Aktionäre billigen Spin-off von Autozuliefergeschäft

Conti-Aktionäre billigen Spin-off

Dax-Konzern steuert auf Aufspaltung zu – Reitzle: Familie Schaeffler „Glücksfall für dieses Unternehmen“

Der Dax-Konzern Continental steuert auf eine Dreiteilung zu. Nun haben Aktionäre zunächst grünes Licht für die Abspaltung des Autozuliefergeschäfts gegeben. Dieses soll nach dem Beispiel der einstigen Conti-Antriebssparte Vitesco als eigenständiges Unternehmen im September an die Börse kommen.

ste Hamburg

Nach dem Aufsichtsrat im März haben nun auch die Aktionäre von Continental dem Plan des Vorstands zur Abspaltung des Unternehmensbereichs Automotive zugestimmt. Bei einer Präsenz von knapp 83% des eingetragenen Grundkapitals erhielt das Vorhaben in der Hauptversammlung am Freitag nur wenige Gegenstimmen. Die nach den Worten von Vorstandschef Nikolai Setzer „bisher tiefgreifendste Neuaufstellung in unserer Unternehmensgeschichte", die neben dem bis September angestrebten Spin-off sowie der Börseneinführung des dann eigenständigen Unternehmens namens Aumovio auch die Trennung vom Kunststoff- und Kautschuk-Bereich Contitech zu einem späteren Termin vorsieht, wurde von Aktionärsschützern und Kleinanlegern kaum in Frage gestellt.

Auch Continental gehe nun wie zahlreiche andere Mischkonzerne den Weg zu einem Pure-Play-Unternehmen, so Ina Jähne von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Die Anwältin sprach von einer „echten Disruption", die bei Continental-Beschäftigten für erhebliche Unsicherheit sorge. Wichtig sei, dass dieser Prozess nicht zu unwiederbringlichem Verlust von Knowhow führen dürfe. Insgesamt teile das DSW, so die Sprecherin, aber die Sicht des Kapitalmarkts, der die Pläne als positives Signal auffasse. „Dem Spin-off stimmen wir zu, und zwar aus der klaren Erwartung heraus, dass sich dies für die Aktionäre positiv auswirkt.“ Anleger hätten in den vergangenen Jahren unter der Schwäche des Autozuliefergeschäfts gelitten.

„Insgesamt wettbewerbsfähiger“

Christian Retkowski von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) sagte, um auf die sich immer schneller verändernden Rahmenbedingungen weltweit reagieren zu können, müssten vor allem große Konzerne „flexibler, manövrierfähiger, resilienter und damit insgesamt wettbewerbsfähiger“ werden. Eine Antwort könne sein, komplexe Unternehmensstrukturen aufzubrechen, dabei einzelne Bereiche abzuspalten und diese selbstständiger aufzustellen.

Eine Abspaltung der Automotive-Sparte bei Continental „macht aus unserer Sicht Sinn", erklärte der SdK-Sprecher. Er scheine die richtige Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft zu sein. Doch der Spin-off werde die hausgemachten Probleme im Continental-Konzern wie niedrige Margen nicht einfach beiseiteschieben. Die Abpaltung von Automotive „kann und muss der erste Schritt sein“, um verloren gegangenes Vertrauen am Kapitalmarkt zurückzugewinnen. Zugleich dürfe Vertrauen bei der Belegschaft nicht verloren gehen.

„Logische Antwort“

Bei dem fünfstündigen Treffen mit gut 400 Aktionären im Kuppelsaal des Hannover Congress Centrums hatten zuvor Aufsichtsratschef Wolfgang Reitzle sowie Vorstandschef Setzer für den Plan zur Aufspaltung von Continental geworben. Sie sei „aus Sicht des Aufsichtsrats die logische und konsequente Antwort auf die fundamentalen Veränderungen, die wir seit einigen Jahren erleben und die sich immer weiter beschleunigen“, so Reitzle. Unternehmen, die in diesem Umfeld nicht nur überleben, sondern wertsteigernd wachsen wollten, benötigten größtmögliches Tempo und die dafür entsprechende Flexibilität. „Vor allem aber müssen sie voll und ganz fokussiert sein.“

Erfolgreiche Beispiele für eine solche Fokussierung auf Kerngeschäfte gebe es viele im Markt, fügte der seit 2009 amtierende Aufsichtsratsvorsitzende hinzu. Sie zeigten, dass aus Spin-offs hervorgegangene Unternehmen Umsatz, Profitabilität, die Beschäftigtenzahl und schließlich ihren Unternehmenswert deutlich steigern konnten. „Es gibt kaum ein Konglomerat, das nicht mit einem Abschlag bewertet wird – das umso mehr, je weniger Synergien es in sich trägt.“ Der Kapitalmarkt bewerte hochspezialisierte Unternehmen seit langem besser als Mischkonzerne, unterstrich Reitzle. In der aktuellen geopolitischen Lage sei Fokussierung aber auch operativ ein Erfolgsfaktor. Genau das gelte auch für Continental. „Continental hat großes Potenzial, mehr Wert zu schaffen.“

„Glücksfall für dieses Unternehmen“

Reitzle stellte sich in der Hauptversammlung hinter die Familie Schaeffler, die seit 15 Jahren mit einem Anteil von 46% größter Aktionär von Continental ist. Er kenne die Familie seit mehr als 40 Jahren. Es sei ihm keine andere Familie bekannt, die auch in schwierigen Zeiten mit stark fallendem Aktienkurs so loyal zu einem Unternehmen gestanden habe wie die Familie Schaeffler zu Continental. Unter Beifall fügte der Aufsichtsratschef hinzu: „Die Unternehmerfamilie Schaeffler ist ein Glücksfall für dieses Unternehmen.“

In der Hauptversammlung stimmten die Aktionäre unter anderem auch Satzungsänderungen zur Reduzierung der Größe des Aufsichtsrats und zur Flexibilisierung des Ortes der Aktionärstreffen zu. Hauptversammlungen von Continental sollen künftig auch in anderen deutschen Großstädten mit mehr als 150.000 Einwohnern oder an jedem deutschen Börsenplatz möglich sein.

Lob für Präsenzformat

Aktionärsschützer lobten die Ausrichtung der jüngsten Hauptversammlung im Präsenzformat. Die Verwaltung versuche nicht, so SdK-Sprecher Retkowski, sich „im Vorstandsfernsehen hinter den Kameras“ zu verstecken, sondern stelle sich der Diskussion über überaus wichtige Themen zum Aumovio-Spin-off und zu einem Verkauf von Contitech.

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