Umfrage

Das dicke Ende steht noch bevor

Die Folgen der Coronakrise haben viele Unternehmen in Schieflage gebracht. Noch spiegelt sich das nicht in den Insolvenzzahlen. Das dürfte sich auf längere Sicht ändern.

Das dicke Ende steht noch bevor

ab Köln – Dank der umfangreichen staatlichen Stützungsmaßnahmen ist die Insolvenzwelle hierzulande bislang ausgeblieben. Daran wird sich kurzfristig auch nichts ändern, schätzen 270 Insolvenzverwalter, Sanierungsberater und Banker in Sanierungsabteilungen, die die Unternehmensberatung Ebner Stolz im April befragte. Mittel- bis langfristig gehen jedoch 68% der Sanierungsexperten von steigenden Insolvenzzahlen aus. Schon ab Mitte des Jahres dürfte sich der Insolvenzstau, der Ergebnis der bis Ende April ausgesetzten Insolvenzantragspflicht ist, in der Insolvenzstatistik spiegeln, so die Einschätzung.

Das wird auch Konsequenzen für die M&A-Prozesse im Nachgang zu Unternehmensinsolvenzen haben. Kurzfristig rechnet derzeit zwar noch die Mehrheit der Befragten (68%) mit stockenden M&A-Prozessen. Vom kommenden Jahr an sollte es allerdings zu einer spürbaren Zunahme bei den Investorenprozessen kommen, glaubt knapp die Hälfte der Befragten (49%).

Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen dürfte die unverändert hohe Liquidität im Markt vor allem Finanzinvestoren unter Druck setzen. Jeweils mehr als zwei Drittel der Befragten rechnen kurzfristig (69%) wie auch mittel- und langfristig (70%) mit einem unverändert hohen oder steigenden Engagement dieser Investorengruppe.

Zum anderen werden Investorenprozesse aber auch zunehmen, da sich für strategische Investoren Chancen ergeben. Kurzfristig erwarten 38% der Befragten zwar noch geringere Aktivitäten seitens dieser Investorengruppe, mittel- bis langfristig ergäben sich jedoch zahlreiche Opportunitäten. Entsprechend rechnen 44% der Sanierungsexperten auf längere Sicht mit einem steigenden Engagement der Strategen.

Dazu beitragen dürfte auch die Entwicklung der Kaufpreise, die in den vergangenen zwölf Monaten schon rückläufig waren. Hier ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Fast drei Viertel der Befragten erwarten, dass die Preise kurzfristig weiter zurückgehen. Und auch für das kommende Jahr rechnet die Hälfte der Umfrageteilnehmer mit Preisen auf niedrigem Niveau.

Damit rücken „Dual Track“-Verfahren stärker in den Fokus. Knapp zwei Drittel der Befragten (65%) sehen das zweigleisige Vorgehen, das Verkauf und Eigensanierung ermöglicht, inzwischen als zwingend erforderlich an. Damit eng in Verbindung steht, dass an die Stelle eines vollständigen M&A-Prozesses zu­nächst ein Markttest tritt, um die Erfolgsaussichten für einen Verkauf auszuloten und zugleich eine Werteinschätzung des Unternehmens vorzunehmen. Diese Einschätzung vertreten 56% der Befragten.

Die Zunahme der Investorenprozesse wird im Umkehrschluss dazu führen, dass die Bedeutung der Sanierung in Eigenregie, die im vorigen Jahr ins Zentrum des Interesses gerückt war, abnimmt. Jetzt rechnen 39% der Befragten damit, dass Insolvenzen in M&A-Transaktionen münden, nur noch 24 (i.V. 50)% sehen in der eigenen Sanierung die Zukunft. 37% halten die Abwicklung für das wahrscheinlichste Szenario am Ende einer Insolvenz.

Zu den am schlimmsten von der Pandemie betroffenen Branchen zählen unverändert Tourismus, Handel und Textilwirtschaft. Als krisenfest gelten dagegen die Pharma- und die Chemieindustrie. Als besonders resilient wird inzwischen die IT-Industrie eingeschätzt (siehe Grafik).