Lieferdienste

Delivery Hero übernimmt Glovo-Mehrheit

Der Lieferdienst Delivery Hero erwirbt weitere 39 Prozent der spanischen Liefer-App Glovo. Der geplante Aktiendeal bewertet die neue Tochtergesellschaft mit 2,3 Mrd. Euro.

Delivery Hero übernimmt Glovo-Mehrheit

hek Frankfurt – Mit moderaten Kursaufschlägen haben Investoren auf die jüngste Akquisition des Lieferdienstes Delivery Hero reagiert. Der im Dax vertretene Konzern stockt seine Beteiligung an der 2015 gegründeten Liefer-App Glovo auf mehr als 80 % auf. Wie Delivery Hero mitteilt, liegt dem Deal eine um Barmittel und Finanzschulden bereinigte Bewertung des spanischen Start-ups von 2,3 Mrd. Euro zugrunde. Die Berliner halten bereits 43,8 % an Glovo und erwerben nun für etwa 780 Mill. Euro weitere 39,4 %. Die Delivery-Hero-Aktie ging daraufhin am Montag mit einem Kursplus von 1 % aus dem Handel.

Die Transaktion soll im zweiten Quartal abgeschlossen werden. Die Wettbewerbshüter mehrerer Länder müssen noch zustimmen. Das Übernahmeziel sei keine Überraschung, die Dringlichkeit der angekündigten Transaktion aber wohl, meint der Analyst Giles Thorne von der Investmentbank Jefferies. Dies deute darauf hin, dass das Endspiel der Konsolidierung in der Essenslieferbranche begonnen habe.

Glovo habe von Anfang an einen Multikategorie-Service angeboten und so eine Vorreiterrolle in der Branche übernommen, begründet Niklas Östberg, CEO und Mitgründer von Delivery Hero, den Erwerb. Die neue Tochter liefert nicht nur Essen von Restaurants aus, sondern auch Einkäufe aus Supermärkten oder Apotheken – ein Bereich, in den Essensdienste wie Delivery Hero nun ebenfalls vordringen. Obwohl Glovo später gestartet sei als Wettbewerber, habe das Unternehmen in 16 der 25 Länder, in denen es tätig ist, eine führende Marktposition erreicht.

Im dritten Quartal 2021 erzielte Glovo den Angaben zufolge 151 Mill. Euro Umsatz und einen Bruttotransaktionswert von 574 Mill. Euro, was einem Anstieg zum Vorjahreszeitraum um 97 % entspreche. Die ausgelieferten Bestellungen seien auf 36 Millionen Bestellungen verdoppelt worden. Derzeit hat Glovo 15 Millionen Nutzer und beschäftigt 70 000 Kuriere. Der hochgerechnete Jahresumsatz wird mit 800 Mill. Euro angegeben, der Jahres-Bruttotransaktionswert mit 3 Mrd. Euro. In Spanien sei das Geschäft auf dem Weg in die Gewinnzone.

Liquidität für Glovo

Die Anteilsaufstockung will Delivery Hero mit neuen Aktien bezahlen. Die Bewertung bezieht sich auf den Bruttowarenwert (GMV), also das über die Plattform abgewickelte Volumen, wobei der Multiplikator dem von Delivery Hero entspreche. Geplant ist die Ausgabe von 7,9 Millionen Anteilscheinen, was 2,8 % der erhöhten Aktienzahl entspricht. Sollte sich der Vollzug erheblich verzögern, könnte der Deal unter Umständen gegen Barzahlung abgewickelt werden, heißt es. Verbliebene Drittgesellschafter können sich bis Ende Januar dem Deal anschließen. Dann würde sich die Zahl der auszugebenden Delivery-Hero-Aktien um 3,8 Millionen erhöhen.

Zudem hat sich der neue Mehrheitseigentümer verpflichtet, Glovo im neuen Jahr bis zu 250 Mill. Euro Liquidität zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus seien Führungskräfte und Mitarbeiter von Glovo berechtigt, binnen vier Jahren bis zu 7,2 Millionen Delivery-Hero-Aktien zu beziehen. Das Berliner Unternehmen war 2018 bei Glovo eingestiegen. Im vergangenen Jahr hatte es sich an einer 450 Mill. Euro schweren Finanzierungsrunde beteiligt. Im Mai hatte Delivery Hero ihr Geschäft auf dem Balkan für 170 Mill. Euro an die Spanier abgegeben, nachdem zuvor im Herbst 2020 das Lateinamerika-Geschäft von Glovo für bis zu 230 Mill. Euro erworben worden war.

Die US-Bank J.P. Morgan unterstützt Delivery Hero als Finanzberater, für juristische Fragen ist die Rechtsfirma Cuatrecasas eingebunden. Morgan Stanley und Latham & Watkins unterstützen die verkaufenden Glovo-Aktionäre. Die beiden Gründer und das Managementteam blieben an Bord, die Marke Glovo, unter der das in Barcelona gegründete Start-up seine Dienste in 1300 Städten anbietet, soll erhalten werden. Vor Weihnachten hatte Delivery Hero mitgeteilt, den Lieferdienst in Deutschland nach kurzer Zeit wieder einzustellen. Nur im Zentrum Berlins ist der Konzern mit seiner Marke Foodpanda weiter unterwegs. Der Wettbewerb in Deutschland hat sich durch neue Lieferdienste wie Gorillas und Flink und den Eintritt von Wettbewerbern wie Doordash verschärft.