Dem deutschen Automarkt fehlt es an Zugkraft
jh München
Dem deutschen Automarkt mangelt es weiterhin an Dynamik. Im Juni wurden hierzulande rund 225000 Pkw neu zugelassen. Das sind laut der Statistik des Kraftfahrt-Bundesamts gut 18% weniger als ein Jahr zuvor. Und 1,2 Millionen Neufahrzeuge im ersten Halbjahr bedeuten einen Rückgang um 11%. Verglichen mit 2019 besteht eine Lücke von einem Drittel. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) macht nach wie vor drei wesentliche Gründe für die Schwäche aus: den Mangel an Vor- und Zwischenprodukten, die hohen Rohstoffpreise und die allgemeine Verunsicherung wegen des Kriegs in der Ukraine.
Wie schon im Mai gibt es allerdings einen Lichtblick: Die Pkw-Produktion stieg in Deutschland im Juni den zweiten Monat in Folge. Die Zahl nahm um 19% auf 302500 Pkw zu. Jedoch fällt auch hier der Vergleich mit 2019 ernüchternd aus: Für den Juni ergibt sich ein Rückgang um 19%, fürs erste Halbjahr um 32%.
Die Perspektive hellt sich etwas auf, wie das Ifo-Institut in seiner monatlichen Umfrage festgestellt hat: Den Auftragsbestand bewerteten die Autohersteller deutlich besser: „Sie hoffen, ihre Produktion in den nächsten Monaten auszuweiten“, sagt Oliver Falck, Leiter des Ifo-Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien. Die Produktionserwartungen seien gestiegen.
Aber die Geschäftsaussichten werden gemischt eingeschätzt. Die Unternehmen wollten zwar zusätzliches Personal einstellen. Dennoch sind die Erwartungen von 41,3 Punkten im Mai auf 9,8 Punkte gefallen. Falck begründet dies mit dem Beschluss des EU-Parlaments für ein Ende des Verbrennungsmotors in Neufahrzeugen im Jahr 2035. Außerdem habe sich Ford gegen den Produktionsstandort Saarlouis entschieden, und auch das Ifo-Institut verweist auf den Mangel an wichtigen Vorprodukten. Dagegen hat sich die Geschäftslage der deutschen Autokonzerne etwas verbessert. Falck erwähnt die Tatsache, dass die Unternehmen weiterhin hohe Verkaufspreise durchsetzen.
Zuversicht für Elektroautos
Das Beratungsunternehmen EY rechnet nicht mit einer baldigen Besserung der Marktsituation. „Das Ende dieser aktuellen Krise ist nach wie vor nicht abzusehen, von einer Trendwende ist nach wie vor nichts zu spüren“, sagt Partner Peter Fuß. Optimistisch ist er dagegen für den Verkauf reiner Elektroautos, obwohl die Neuzulassungen in diesem Segment im Juni um 3,5% gesunken sind. Der Marktanteil nahm gleichwohl von 12,2 auf 14,4% zu. „Die Autohersteller bringen immer mehr attraktive Modelle auf den Markt“, betont Fuß. „Zudem führen die hohen Spritpreise zu einem noch größeren Interesse gerade an Elektroautos.“ Fuß rechnet mit höheren Zuwachsraten der E-Fahrzeuge, „sobald sich die Liefersituation wieder normalisiert“.