"Der Aufsichtsrat braucht nicht nur Zahlen"
swa Frankfurt – Der Aufsichtsrat ist seit vielen Jahren mit immer neuen Regeln konfrontiert worden, um Unabhängigkeit und Professionalität zu stärken. Die Kontrollgremien sind aber auch selbst gefordert, um ihre Arbeit zu verbessern, mahnt Edgar Ernst, der Mandate bei Vonovia, Tui und Metro hat und Präsident der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung ist. Mit Blick auf die Effizienzprüfung appelliert er an die Aufsichtsräte, sich kritisch mit “dem eigenen Wertbeitrag” zu befassen. Dabei hält er es für nötig, in bestimmten Zeitabständen auch eine Einschätzung von unabhängigen Dritten einzuholen. Der Aufsichtsrat müsse aus dem Ergebnis dann allerdings auch Schlussfolgerungen ziehen, sagte Ernst auf dem 8. Frankfurter Aufsichtsratstag des Arbeitskreises deutscher Aufsichtsrat (Adar).Im Zusammenspiel zwischen Vorstand und Aufsichtsrat sei es entscheidend, “kein Feindbild” aufzubauen. Ernst empfiehlt eine enge Abstimmung zwischen CEO und Aufsichtsratschef sowie zwischen CFO und Vorsitzendem des Prüfungsausschusses.Der Aufsichtsrat müsse in der Informationspraxis einen Mittelweg zwischen Überfrachtung und Minimalversorgung finden. Das Gremium benötige aber nicht nur Zahlen, sondern ausreichende inhaltsreiche Erläuterungen. Notwendig seien kontinuierliche Informationen über die aktuelle Situation des Unternehmens. Dazu gehörten Erläuterungen über Markt und Wettbewerber. Auch im Dialog mit dem Abschlussprüfer müssten Themen jenseits des Zahlenwerks angesprochen werden. Der Aufsichtsratsvorsitzende sollte aus Sicht von Ernst Mitglied oder ständiger Gast im Prüfungsausschuss sein.Ernst hält es für zielführend, dass auch Mitglieder aus der zweiten Führungsebene im Aufsichtsrat präsentieren. “Das motiviert die Manager und hilft dem Aufsichtsrat in der Nachfolgeplanung.” Er empfiehlt darüber hinaus regelmäßige Treffen mit dem Leiter der internen Revision.In näherer Zukunft sind Aufsichtsräte durch die neuen Vorgaben für die Vorstandsvergütung in der Umsetzung der EU-Aktionärsrechterichtlinie gefordert. Im Gesetzentwurf des ARUG II wird verlangt, dass die Vergütung zur Förderung der Geschäftsstrategie und langfristigen Entwicklung des Unternehmens beiträgt. Die Leistungskriterien zur Bestimmung der variablen Vergütung sollen sich neben operativen Kriterien vor allem auch an strategischen Zielsetzungen orientieren. Die Verknüpfung von Strategie und Vergütung stelle die Praxis vor Herausforderungen, erklärt Michael Bursee, Vergütungsexperte von Korn Ferry. So gestalte sich zum Beispiel die Messung der Strategieumsetzung schwierig, doch sie sei machbar. Strategie im FokusAus Sicht von Bursee reichen aktienbasierte Vergütungselemente nicht aus, um die Orientierung an der Unternehmensstrategie zu gewährleisten. Es müssten weitere Komponenten dazukommen. Der Deutsche Corporate Governance Kodex hatte in einem ersten überarbeiteten Entwurf des Regelwerks vorgeschlagen, die langfristige variable Vorstandsvergütung ausschließlich in Aktien zu gewähren, was auf großen Widerstand in Unternehmen gestoßen war. Daraufhin hatte die Kodex-Kommission diesen Passus abgeschwächt und empfiehlt nun eine überwiegende Gewährung in Aktien oder ein Aktieninvestment.