Der neue Kodex hofft auf mehr Akzeptanz bei Investoren und Unternehmen

Governance-Standards deutlich verkürzt und lesbarer gestaltet - Grundsätze ersetzen Darstellung kleinteiliger gesetzlicher Bestimmungen

Der neue Kodex hofft auf mehr Akzeptanz bei Investoren und Unternehmen

swa Frankfurt – Der Deutsche Corporate Governance Kodex ist 16 Jahre nach Inkrafttreten erstmals einer umfassenden Überarbeitung unterzogen worden. Ein Drittel der Wörter sind gekürzt worden, indem die Kommission den Fokus auf das Wesentliche gelegt hat, wurde bei der Präsentation des neuen Regelwerks für gute Unternehmensführung betont. Man habe eine Vielzahl kleinteilige gesetzliche Bestimmungen herausgenommen, ohne die Substanz anzutasten, erläutert der Vorsitzende der Kodex-Kommission Rolf Nonnenmacher (siehe Interview auf dieser Seite). Nach der Modernisierung sei zu hoffen, dass möglichst viele institutionelle Investoren den Kodex als “das maßgebliche Regelwerk” ansehen werden. Nur so könne ein unüberschaubares Nebeneinander von Kodex und einer Vielzahl von Abstimmungsrichtlinien von Investoren und Stimmrechtsberatern verhindert werden.Der Kodex zeigt sich in einer neuen Struktur, wird doch zur Gliederung der Empfehlungen eine neue Kategorie von Grundsätzen eingeführt. Diese werden aus “wesentlichen rechtlichen Vorgaben und elementaren Standards guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung abgeleitet”, heißt es. Die Unternehmen sollen künftig auch erläutern, auf welche Weise sie die Grundsätze des Kodex anwenden. Damit wird der bisherige Ansatz des “Comply or Explain”, wonach sich die Firmen zur Umsetzung der Kodex-Empfehlungen äußern, um ein “Apply and Explain” ergänzt. Die Erklärung zur Anwendung der Grundsätze soll es Aktionären und anderen Stakeholdern ermöglichen, dass sie sich ein Urteil über die Corporate Governance des Unternehmens bilden, so die Hoffnung der Kommission. UnabhängigkeitskriterienNeben der Kodexreform wurde das Regelwerk in den Themen Unabhängigkeit von Aufsichtsräten und Vorstandsvergütung deutlich nachgeschärft. Um Anforderungen an die Unabhängigkeit von Aufsichtsräten auf der Anteilseignerseite zu konkretisieren, setzt die Kommission auf einen Katalog an Indikatoren für Interessenkonflikte. Kritisch wird gesehen, wer in den zwei Jahren vor der Wahl noch Vorstandsmitglied war, wer als Lieferant, Kunde, Berater oder Kreditgeber wesentliche Geschäftsbeziehungen hat, wer noch variable Vergütung von der Gesellschaft bekommt, wer kontrollierender Aktionär ist, wer eine nahe familiäre Beziehung zu einem Vorstandsmitglied hat oder wer mehr als zwölf Jahre im Aufsichtsrat sitzt.Sofern ein oder mehrere dieser Indikatoren erfüllt sind und das Aufsichtsratsmitglied dennoch als unabhängig angesehen wird, soll dies in der Erklärung zur Unternehmensführung begründet werden, schreibt der Kodex künftig vor.Die tiefgreifendste Anpassung der Empfehlungen betrifft die Vorstandsvergütung, wo das Gesetz zur Umsetzung der EU-Aktionärsrechterichtlinie künftig die Standards setzt. Die Kodex-Kommission hatte deshalb mit der Veröffentlichung ihres neuen Vorschlags gewartet, bis der Referentenentwurf des Gesetzes zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) vorliegt. Die Richtlinie will die Mitwirkung der Aktionäre bei börsennotierten Gesellschaften verbessern. Dazu gehört eine Reihe von Regelungen zu Mitspracherechten der Anleger bei der Vergütung von Aufsichtsrat und Vorstand. Aus dem Kodex gestrichen wurden angesichts des neuen Gesetzesrahmens die Vorgaben zur Offenlegung der Vorstandsgehälter und damit auch die Mustertabellen zur Darstellung der gewährten und zugeflossenen Bezahlung der obersten Führungsriege. Im Kodex neu gefasst sind die Regelungen zur Zusammensetzung der Vorstandsvergütung, wobei auf eine Vereinfachung der Systeme hingewirkt werden soll. So heißt es, dass der Aufsichtsrat im ersten Schritt vorab die Ziel-Gesamtvergütung für den Vorstand festlegen soll, ergänzt durch eine Maximalvergütung. Abhängig von der Zielerreichung soll dann im Nachhinein die Höhe der variablen Vergütungsteile bestimmt werden. Für den kurzfristigen Bonus sieht der Kodex vor allem operative Zielgrößen vor wie Ebitda oder Produktivität, aber auch nicht-finanzielle Aspekte wie Mitarbeiter-Engagement. Die gewährten Beträge sollen jährlich in bar ausgezahlt werden. Die langfristige variable Vergütung soll sich an der Umsetzung strategischer Maßnahmen orientieren und ausschließlich in Aktien mit mindestens vierjähriger Haltefrist gewährt werden. Die langfristige variable Vergütung soll schon bei Gewährung variabel sein und die kurzfristige übersteigen. Damit der Aufsichtsrat auf außergewöhnliche Vorkommnisse reagieren kann, wird eine Clawback-Möglichkeit eingeräumt, wonach variable Vergütung einbehalten oder zurückgefordert werden kann – auch bereits ausbezahlte.Die Kommentierungsfrist für den neuen Entwurf läuft bis zum 31. Januar 2019. “Intensive Diskussion erwünscht”, sagt Nonnenmacher. Stellungnahmen sollen auf der Website der Kommission veröffentlicht werden. Der neue Kodex könnte dann im April fertig sein.