Im Gespräch: Erwin Soravia

„Der Vertrauensverlust tut uns richtig weh"

Eine Tochter des österreichischen Immobilienkonzerns Soravia hat Zinszahlungen auf nachhaltige Finanzierungen ausgesetzt. CEO Erwin Soravia erläutert, wie es um die Gruppe steht.

„Der Vertrauensverlust tut uns richtig weh"

„Der Vertrauensverlust tut uns richtig weh"

Der Immobilienunternehmer Erwin Soravia zur Aussetzung von Zinszahlungen für Nachrangfinanzierungen und zum Geschäft seiner Gruppe

Von Helmut Kipp, Frankfurt

Nach der inzwischen weitgehend insolventen Signa-Gruppe ist ein weiteres privates Immobilienunternehmen aus Österreich ins Gerede gekommen. Es handelt sich um die Soravia-Gruppe aus Wien, eine Familiengesellschaft in sechster Generation. Der Stein kam ins Rollen, als kurz vor Weihnachten bekannt wurde, dass die zum Konzern gehörende One Group aus Hamburg die Zinszahlungen für vier Investmentprodukte der ProReal-Serie aussetzt. Seither zittern Anleger um ihr Geld. Sie fragen sich, wie es um die Immobilien- und Baufirma mit insgesamt 4.200 Mitarbeitern steht.

Unsere Gruppe ist solide aufgestellt und verdient gutes Geld.

Erwin Soravia

Parallelen zu Signa oder anderen Problemfällen wie dem Immobilien-Investmentmanager Corestate oder dem Hausbauer Helma weist CEO Erwin Soravia weit von sich: „Unsere Gruppe ist solide aufgestellt und verdient gutes Geld. Wir verfügen über ein breites Spektrum unternehmerischer Tätigkeiten. Die Projektentwicklung macht lediglich gut ein Fünftel des Umsatzes aus", sagt der 1967 geborene Unternehmer im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Der Schwerpunkt liegt im Immobilien- und Gebäudemanagement.

Die Gruppe hat das Geschäftsjahr 2023 nach seinen Angaben mit Gewinn abgeschlossen. Den konsolidierten Umsatz veranschlagt der CEO auf rund 330 Mill. Euro. Hinzu kommen das Hotelgeschäft unter Marken wie Ruby und das Tech-Start-up Numa, eine digitale Plattform für Unterkünfte.

Nachrangfinanzierungen im Feuer

Die vier von der Zinsaussetzung betroffenen Fonds haben ein Volumen von rund 410 Mill. Euro. Das Geld stammt von 11.000 Anlegern. Es handelt sich um Nachrangfinanzierungen, die in drei Fällen mit 6% im Jahr und in einem mit 5,75% zu verzinsen sind. Bei einem Investmentvehikel drohen nun auch Verzögerungen in der Rückzahlung. Die ProReal Deutschland 7 GmbH werde sich „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" ab Juli gegenüber ihren Anlegern im Zahlungsverzug befinden, geht aus einer Pflichtmitteilung hervor. Die Emittentin werde voraussichtlich nicht in der Lage sein, die dann fälligen Zinsen und die spätestens Ende 2024 anstehende Rückzahlung fristgerecht zu leisten. In den ProReal Deutschland 7 haben gut 4.000 Investoren 105 Mill. Euro gesteckt.

Geld für Bauvorhaben

Branchenkenner gehen davon aus, dass Anlegern erhebliche Verluste drohen. Fachanwälte für Kapitalmarktrecht und die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) organisieren bereits Interessengemeinschaften und vertreten Anleger.

Seit 2012 hat One Group nach eigenen Angaben mehr als 950 Mill. Euro Kapital eingeworben. Die gemanagten Assets werden auf der Homepage mit 578 Mill. Euro angegeben. Bisher seien 346 Mill. Euro Anlegerkapital zurückgezahlt worden. Projektentwicklungen ohne laufende Mieteinnahmen seien darauf angewiesen, Zinsen für Schuldverschreibungen aus Verkaufserlösen oder Refinanzierungen zu bedienen, lässt One Group wissen. Das sei marktbedingt nur sehr eingeschränkt möglich.

Die von der One Group eingesammelten Anlegergelder fließen in Bauprojekte der Muttergesellschaft Soravia. Bei vier Projekten gebe es Sanierungsbedarf, weil Finanzierungen oder Verkäufe gescheitert seien oder Vertragsstrafen zu leisten seien, sagt CEO Soravia. Der Markt befinde sich in der schwersten Krise seit 30, 40 Jahren: „Die Finanzierungskosten haben sich in sehr kurzer Zeit verdoppelt. Die Banken fordern deutlich höhere Eigenkapitalquoten. Zugleich sind die Verkaufspreise um ein Drittel gefallen. Diesen Marktgegebenheiten können wir uns nicht entziehen." Vor allem gewerbliche Projekte, die institutionelle Käufer adressieren, seien unter Wasser.

Eine Garantieerklärung für diese Nachranginvestments ist bei diesem Angebot nicht zulässig.

Erwin Soravia

Der Firmenchef ist sich bewusst, dass sein Unternehmen die Reputation unter Anlegern aufs Spiel setzt: „Der Vertrauensverlust tut uns richtig weh. Wir sind keine abgebrühten Hardcore-Guys", sagt er. Man werde alles tun, um das Bestmögliche im Sinne der Anleger zu erreichen. Die Krisenfonds mit Geld aus anderen Konzernteilen zu stützen, kommt für den CEO nicht in Frage. „Es handelt sich um nachrangige Finanzierungen. Eine Garantieerklärung für diese Nachranginvestments ist bei diesem Angebot nicht zulässig", sagt er.

Die vier Nachrangvehikel machen laut Soravia etwa 8% der Kundengelder aus. Insgesamt verwalte die Gruppe knapp 5 Mrd. Euro für Investoren. Die branchenüblichen Senior-Finanzierungen seien besser geschützt als Nachrangkapital.

Erwin Soravia, Foto: katsey

Die derzeit laufende Risikoanalyse der Bauprojekte sei fast fertig. Sie werde in den nächsten Tagen abgeschlossen, sagt der CEO. Dann werde man sehen, wie viel Geld die Projekte brauchen. Zu den bisher vorliegenden Ergebnissen macht Soravia keine Angaben. Zunächst sollen die Anleger informiert werden. Für die Risikoanalyse greift der Konzern auf die Unternehmensberatung Deloitte und Restrukturierungsanwälte der Kanzlei Willkie Farr & Gallagher zurück.

Projektentwicklung bleibt

Die Projektentwicklung werde trotz der Krise zentraler Teil der Gruppe bleiben. „Das Geschäft gehört zu unserer DNA", sagt der CEO. „Die Nachfrage ist grundsätzlich da. Das Wohnungsproblem wird immer größer, und auch der Büromarkt wird sich erholen." Aber die Finanzierungsstrukturen würden sich ändern. Der Markt für nachrangige Finanzierungen sei aus aufsichtsrechtlichen Gründen zu. Solche Produkte erhielten keine BaFin-Erlaubnis mehr. Der früher wichtige Mezzanine-Markt schrumpfe drastisch, viele Mezzanine-Finanzierer seien vom Markt verschwunden. Stattdessen würden vermehrt konservative Fremdfinanzierungs- und Eigenkapitalprodukte verkauft.

Das Volumen der im Bau befindlichen Immobilienprojekte der Gruppe gibt Soravia mit 1,2 Mrd. Euro an. Davon entfallen 55% auf Deutschland und 45% auf Österreich. Einschließlich geplanter Projekte erreicht das Volumen 2,8 Mrd. Euro. Mit Seniortranchen von 50 bis 55% seien die Projekte konservativ finanziert. Das Immobilien- und Gebäudemanagement komme auf etwa 200 Mill. Euro Umsatz, was einem Anteil von rund 60% entspricht. Betreut würden 72.000 Einheiten. Das Eigenkapital auf Konzernebene gibt das Unternehmen mit 135 Mill. Euro an.

Eine Tochter der Wiener Immobiliengruppe Soravia hat Zinszahlungen auf nachhaltige Finanzierungen ausgesetzt. Für Firmenchef Erwin Soravia kommt es nicht in Frage, die Krisenfonds mit Geld aus anderen Konzernteilen zu stützen. Eine Garantieerklärung für diese Produkte sei nicht zulässig, sagt er.

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