DHL baut 8.000 Stellen in Deutschland ab
DHL baut 8.000 Stellen in Deutschland ab
Jahreszahlen und Ausblick übertreffen Markterwartungen – Aktienrückkaufprogramm um 2 Mrd. Euro aufgestockt – Kurs legt zeitweise um 12 Prozent zu
md Frankfurt
Der Logistikkonzern DHL (ehemals: Deutsche Post) erwartet für das laufende Jahr einen leichten Anstieg des operativen Gewinns im Vergleich zu 2024. In der vergangenen Berichtsperiode war ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 5,89 Mrd. Euro erwirtschaftet worden, wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte. Das ist ein Rückgang im Vergleich zu 2023 um 7,2%, aber etwas mehr, als Analysten im Schnitt erwartet hatten – gemäß Bloomberg 5,82 Mrd. Euro. Das Schlussviertel 2024 brachte nach drei Quartalen mit Ergebnisrückgängen wieder einen Anstieg; dies sei vor allem dem Business-to-Consumer-Geschäft (B2C) in den Bereichen TDI (zeitgenaue, eilige internationale Sendungen), Paket Deutschland und E-Commerce zu verdanken, wie Vorstandschef Tobias Meyer in der Bilanzpressekonferenz ausführte. Insgesamt legte das Ebit zwischen Oktober und Ende Dezember um 13% auf 1,85 Mrd. Euro zu.

Für 2025 prognostiziert der Vorstand ein Ebit von mindestens 6 Mrd. Euro. Die Marktschätzung beläuft sich auf 6,4 Mrd. Euro. Dazu sollen die vier DHL-Divisionen (Express; Global Forwarding, Freight; Supply Chain; E-Commerce) mindestens 5,5 Mrd. Euro beisteuern und Post & Parcel Germany rund 1 Mrd. Euro. Diese Summe wird um etwa 0,4 Mrd. Euro verringert, die auf Group Functions entfallen.
Der heutige Umsatz- und Ergebnisschwerpunkt der Gruppe sowie die Firma DHL entspringt einer zur Jahrtausendwende durchgeführten Übernahme:
Maßgeblich zum Erfolg der Gruppe beigetragen hat die Übernahme des US-Logistikkonzerns DHL. 1998 hatte die Post eine Minderheitsbeteiligung an DHL erworben, die im Jahr 2000 ausgebaut wurde. Im Januar 2002 hielt die Post erstmals die Mehrheit an dem Unternehmen. Im Juli 2002 erwarben die Bonner den 25-prozentigen DHL-Anteil von Lufthansa Cargo und erhöhten so ihre Beteiligung auf 75%. Im Dezember 2002, nachdem die Post die verbleibenden Anteile von zwei Investmentfonds und Japan Airlines erworben hatte, wurde DHL eine 100-prozentige Tochter der Deutschen Post. Durch diese Akquisition erweiterte die Post ihr internationales Netzwerk erheblich und stärkte ihre Präsenz auf dem globalen Logistikmarkt, denn DHL war hier bereits ein etablierter Akteur.
Effekte der veränderten Zoll- und Handelspolitik ausgeklammert
Die Schätzung des operativen Gewinns sowie der übrigen Prognosen für 2025 erfolgt unter Ausklammerung der potenziellen Effekte aus Änderungen in der Zoll- und Handelspolitik, die von den USA ausgehend nun auch in anderen Ländern – etwa China und Kanada – und Wirtschaftsgemeinschaften wie der EU vorgenommen werden. Die genauen Auswirkungen der Zoll- und Handelspolitik auf die Geschäfte von DHL sind nach Aussage von Meyer schwer abzuschätzen. Für DHL hätten sie sowohl positive als auch negative Seiten. Ähnlich wie beim Brexit sei auf der einen Seite zu erwarten, dass die Anzahl der Sendungen zurückgeht, auf der anderen Seite dürfte DHL an Wertschöpfung gewinnen, weil zum Beispiel mehr Sendungen zu verzollen sind. „Die Leidtragenden werden kleinere Unternehmen sein“, sagte Meyer voraus.
Freier Cashflow übertrifft Konsensschätzungen
Der freie Cashflow, eine der wichtigsten Zielgrößen im Konzern, blieb 2024 im Vergleich zum Vorjahr mit 2,94 Mrd. Euro nahezu unverändert; M&A-Transaktionen herausgerechnet, lag der freie Mittelzufluss bei 3,0 Mrd. Euro. Analysten hatten im Schnitt nur mit 2,68 Mrd. Euro gerechnet. Auch für dieses Jahr wird ein freier Mittelzufluss von rund 3 Mrd. Euro erwartet – ebenfalls mehr, als im Markt prognostiziert worden ist. Die Rendite auf das investierte Kapital (Return on Invested Capital, Roic) fiel auf 14 (16)%. Insgesamt hat DHL ihre selbst gesteckten Ziele für 2024 erreicht.
DHL (ehemals: Deutsche Post) | |||
Konzernangaben nach IFRS | |||
in Mill. Euro | 2024 | 2023 | 2022 |
Umsatz | 84.186 | 81.758 | 94.436 |
Operatives Erg. (Ebit) | 5.886 | 6.343 | 8.436 |
Jahresüberschuss | 3.332 | 3.675 | 5.359 |
Operativer Cashflow | 8.722 | 9.258 | 10.965 |
Freier Cashflow | 2.944 | 2.942 | 3.067 |
Nettofinanzverschuld.* | 18.998 | 17.739 | 15.856 |
Gewinn je Aktie, verwässert (Euro-Cent) | 281 | 304 | 433 |
Dividende je Aktie (Euro-Cent) | 185 | 185 | 185 |
* per 31. Dezember |
Der Überschuss sank den Angaben zufolge um gut 9% auf 3,33 Mrd. Euro. Der Hauptversammlung wird die Zahlung einer unveränderten Dividende von 1,85 Euro je Aktie vorgeschlagen. Das entspricht einer Ausschüttungsquote von 64%, was oberhalb der Spanne von 40 bis 60% liegt, die sich das Management als Zielspanne gesetzt hat. Finanzchefin Melanie Kreis stellte klar, dass hier die Dividendenkontinuität ausschlaggebend war.
Aktienkurs bricht nach oben aus
Der Aktienkurs von DHL, die an der Börse noch unter Deutsche Post läuft, sprang am Donnerstag zeitweise um rund 12% auf 43,58 Euro. Das Papier hatte allerdings die Dax-Rally der vergangenen Monate nicht mitgemacht und seit Mitte Oktober zwischen 33 und 38 Euro gependelt. Die Marktkapitalisierung liegt nun bei gut 50 Mrd. Euro.

Das 2022 initiierte Aktienrückkaufprogramm im Volumen von bis zu 4 Mrd. Euro wird um 2 Mrd. aufgestockt. Es sollte ursprünglich dieses Jahr auslaufen; nun wird es bis Ende 2026 verlängert. Bis Anfang Dezember 2024 wurden 3 Mrd. Euro zurückgekauft; es verbleiben also noch rund 2 Mrd. Euro für weitere Rückkäufe. Die zurückgekauften Aktien werden gemäß der Homepage entweder eingezogen, zur Bedienung langfristiger Vorstandsvergütungen und möglicher zukünftiger Belegschaftsaktienangebote oder zur Erfüllung möglicher Verpflichtungen aus der Wandelanleihe 2017/2025 verwendet.
Stellenabbau im Brief- und Paketgeschäft
DHL kündigte einen Stellenabbau im einstigen Kerngeschäft an: dem Brief- und Paketgeschäft im deutschen Heimatmarkt. Hier sollen dieses Jahr 8.000 Stellen – entsprechend 4% der im Bereich Post & Parcel Germany Beschäftigten – gestrichen werden, indem frei werdende Stellen nicht neu besetzt werden, etwa wenn Beschäftigte in Rente gehen oder den Konzern aus anderen Gründen verlassen.
Per Ende 2024 beschäftigte DHL im Unternehmensbereich Post & Paket Deutschland etwa 187.000 Personen; davon sind rund 170.000 tarifgebundene Mitarbeiter, die Kündigungsschutz genießen. Erst am Dienstag hatte der Konzern mit der Gewerkschaft Verdi im Tarifstreit eine Einigung für die Briefträger und Paketboten erzielt. Meyer nannte als Gründe für den Jobabbau die sinkende Briefmenge, die schwierige regulatorische Situation und „einen relativ hohen Tarifabschluss“. Für Investitionen, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit brauche es Profitabilität. Der Vorstand wiederholte die Forderung, dass jeder Unternehmensbereich – also auch Post & Parcel Germany – die Investitionen, die für die Division geplant seien, selbst verdienen müsse. Bei Post & Paket Deutschland entspreche das einem Wert von rund 1 Mrd. Euro Ebit pro Jahr, konkretisierte CFO Kreis und fügte hinzu: „Für die Erwirtschaftung der Dividenden und Aktienrückkäufe sind die DHL-Divisionen zuständig.“
Der Bund hält über die Förderbank KfW noch 17% an DHL. Der Free-Float-Anteil liegt bei 79,1%; die übrigen 3,9% hält das Unternehmen selbst.
Netto-Null-Ziel bis 2050 bestätigt
DHL Group strebt an, bis 2050 Netto-Null-Treibhausgasemissionen in der eigenen Logistik zu erreichen. Zwischenziele bis 2030 umfassen die Elektrifizierung von zwei Dritteln der Fahrzeuge für die Zustellung auf der letzten Meile und die Erhöhung des Anteils nachhaltigerer Kraftstoffe in allen Transportmodi auf über 30%, einschließlich der Verwendung von SAF (Sustainable Aviation Fuel). Meyer stellte vor Medienvertretern klar, dass nur aufgrund veränderter politischer Konstellationen in den USA und Deutschland keine Veränderungen an den selbstgesteckten Nachhaltigkeitszielen von DHL vorgenommen werden. Kreis ergänzte, dass Nachhaltigkeit in Konzern und in den Produkten mehr und mehr zum Wettbewerbsvorteil werde. Die Kosten dafür bezifferten sich auf durchschnittlich 300 Mill. bis 400 Mill. Euro.
Die über Monate vernachlässigte DHL-Aktie hat am Donnerstag stark zugelegt. Grund waren die Jahreszahlen für 2024 und der Ausblick. Beides fiel positiver aus, als Analysten erwartet hatten. Um die Profitabilität im einstigen Kerngeschäft Post & Paket Deutschland zu stabilisieren, werden 8.000 Stellen gestrichen.