JSA24Klimatransformation schafft Ertragschancen

Energiewende lockt Investoren an

Die Energiewende bietet Geschäftschancen in unterschiedlichen Segmenten für verschiedene Investorengruppen. Es bauen sich neue Milliardenmärkte auf.

Energiewende lockt Investoren an

Energiewende lockt Investoren an

Windparks, Batteriespeicher und Netzanbindung von grünem Strom versprechen Renditechancen und schaffen neue Milliardenmärkte.

Von Sabine Wadewitz, Frankfurt

Die ökologische Transformation stellt Staaten und Wirtschaft vor große Herausforderungen. Der Übergang zu grüner Energie ist kostenintensiv und löst angesichts der aktuell schwierigen konjunkturellen Situation in Deutschland vielerorts Sorgenfalten aus. Dabei gerät in den Hintergrund, dass die Klimawende vielen Unternehmen neue Geschäftschancen und Investoren attraktive Optionen eröffnet.

Strategen und Finanzinvestoren finden vielfältigste Anknüpfungspunkte. „Die Klimatransformation bietet jede Menge Geschäftschancen. Die Investitionen in grüne Energie, Transportnetze und Speicher sind erstmal hoch. Die Finanzierung muss aufgesetzt werden. Doch es gibt viele aussichtsreiche Projekte“, sagt Boris Scholtka, Partner und Leiter der Energierechtspraxis der Kanzlei Addleshaw Goddard in Deutschland.

Um Investoren für Engagements in grüner Energie zu gewinnen, müssten Pakete geschnürt werden, die vor allem auch für Finanzinvestoren attraktiv seien. „Es wird über die typische Kreditfinanzierung durch Banken hinausgehen müssen, der Finanzierungsbedarf ist zu hoch.“

Neue digitale Ideen

Energieanbieter reüssieren mit neuen digitalen Ideen. Scholtka nennt das Unternehmen Octopus Energy aus seinem Mandantenkreis, das mit einem neuen Geschäftsmodell zum Verkauf von nachhaltigem Strom über digitale Plattformen an Haushalts- und Gewerbekunden sehr erfolgreich unterwegs sei.

Boris Scholtka, Partner und Leiter der Energierechtspraxis der Kanzlei Addleshaw Goddard in Deutschland. Foto: Addleshaw Goddard.

Scholtka begleitet im Mandantenkreis auch Unternehmen aus Spanien und Portugal, die in Deutschland in Windparkprojekte und Batteriespeicher investieren. „Die Kombination aus erneuerbarer Energie und Batteriespeicher ist eine Chance, die viele suchen. Es gibt jede Menge Projektentwickler für Windparks. Wenn die Verträge und die Netzanschlusszusagen vorliegen, dann werden die Projekte gekauft.  Die Nachfrage ist sehr hoch, weil das Ausland den deutschen Onshore-Windmarkt und Batteriespeichermarkt als besonders attraktiv einschätzt.  Die Abnahme von grünem Strom ist hierzulande gesichert. Die Erträge sind nicht mehr wie früher über einen festen Vergütungssatz bestimmt, aber die Vergütung über die gleitenden Marktprämien sind für Investoren attraktiv“, fasst es der Addleshaw-Partner zusammen.

Aus Sicht von Scholtka geht auch an Wärmepumpen kein Weg vorbei. „Es kann nicht alles Fernwärme sein und wir müssen nach EU-Vorgaben aus dem Gas raus.“ Großwärmepumpen, wie sie zahlreiche Stadtwerke derzeit planten, seien gleichwohl noch viel zu teuer. „Das ist klimatechnisch eine gute Sache, aber damit verdient man noch kein Geld. Das Wärmepumpengeschäft mit Privathaushalten bietet Anbietern wie Vaillant, Viessmann und Stiebel Eltron indes gute Marktchancen.“

Unternehmen in der Wasserstofftransformation am Drücker

Chancen sieht er auch in der Wasserstofftransformation. „Die Kernnetzgenehmigung liegt vor. Es gibt hier noch viele Unwägbarkeiten. Am Ende funktioniert es dann ja doch immer. Das liegt oft weniger an den Regierungen, sondern weil es die Unternehmen hinbekommen“, zeigt er sich zuversichtlich.

Es sei derzeit noch schwer, seriös abzuschätzen, wie viel Geld mit Wasserstoff zu verdienen sei. „Wir sehen großes Interesse, den Leitungsausbau zu finanzieren.“ Auch ausländische Investoren, die Wasserstoff aus Drittländern nach Deutschland bringen wollen, schauen sich den Markt intensiv an. Es gebe erste Ausschreibungen, zum Beispiel der Salzgitter AG, für Wasserstofflieferungen als Commodity.

Auch die Netzanbindung von Offshore-Wind ist zentral für die Umsetzung der Energiewende. Wesentliche Bausteine für den Transport der erzeugten Energie sind Konverter und Konverterplattformen, die allerdings mit hohen Projektkosten verbunden sind. Bund und Länder haben im Sommer 2024 Sonderbürgschaftsprogramme auf den Weg gebracht. Nun steigen auch deutsche Werften in die Fertigung ein, während Konverter und Plattformen bis vor Kurzem vor allem in Spanien und Asien gebaut wurden.

Christian Finnern, Head of Germany sowie Leiter des Sektors Transport der Kanzlei Watson Farley & Williams. Foto: Watson Farley & Williams.

Offensichtlich fehlte es den deutschen Herstellern zuvor an politischem Rückenwind. „Das Segment war bisher aufgrund fehlender staatlicher Unterstützung und eines oft politisch geprägten Umfelds in Deutschland weniger im Fokus der deutschen Werften. In Asien beispielsweise gibt es staatliche Förderprogramme und Subventionen, die die maritime Industrie unterstützen und die Wettbewerbsfähigkeit dieser Länder stärken“, erklärt Christian Finnern, Head of Germany und Leiter des Sektors Transport der Kanzlei Watson Farley & Williams.

Mit Blick auf die Zukunft besteht aus Sicht des Anwalts aufgrund der regulatorischen Vorgaben für den Ausbau der Offshore-Windenergie „ein erhebliches Potenzial, dieses Marktsegment zu erschließen und sich gegenüber der internationalen Konkurrenz zu behaupten. Bis 2030 soll in Deutschland die installierte Leistung von Windenergieanlagen auf See, die an das Netz angeschlossen werden, auf mindestens 30 GW und bis 2045 auf mindestens 70 GW steigen“, sagt Finnern. Dadurch werde die Nachfrage nach Spezialschiffen und Energieinfrastruktureinrichtungen auf See signifikant erhöht.

Enorme Chance für Werften

Deutschen Werften biete sich die Möglichkeit, in ein wachsendes Segment einzutreten, das langfristig entscheidend für die Energieinfrastruktur sein werde. Der Bedarf an Spezialschiffen wie Construction Service Operation Vessels und Service Operation Vessels sowie Konverterplattformen werde in den nächsten Jahren deutlich zunehmen. Finnern nennt Schätzungen, wonach für laufende und geplante Projekte bis zu 100 solcher Spezialschiffe benötigt würden. Bis 2045 werde zudem erwartet, dass auf dem deutschen Markt über 30 Konverterplattformen eingesetzt werden. Das Bundeswirtschaftsministerium gibt die Kosten pro Plattform mit circa 2,5 Mrd. Euro an, was das Marktpotenzial verdeutlicht.

Die Projekte zur Energieanbindung seien für verschiedenste Investoren interessant. Der Bereich liege an der Schnittstelle zwischen Energie, Infrastruktur und Transport. Gleichzeitig geht es mit Blick auf das Ziel der grünen Transformation um nachhaltige Investitionen: „Green Finance“ und „Sustainable Finance“. Dabei spiele die konkrete Einstufung der Tätigkeit im Rahmen der Taxonomie-Verordnung eine maßgebliche Rolle, was sich auch auf den Zugang zu Fremdkapital auswirke, sagt Finnern. „Investoren sollten dementsprechend auf Projekte setzen, die von der wachsenden Nachfrage nach Offshore-Lösungen profitieren und gleichzeitig nachhaltige Entwicklungen fördern.“

„Der Markt für Offshore-Serviceplattformen bietet attraktive Investitionsmöglichkeiten, die sowohl Energieunternehmen als auch institutionelle Investoren anziehen. Nicht zu übersehen ist, dass Infrastruktur-Fonds auch in diesem Bereich weiter an Bedeutung gewinnen. Kapitalgeber, die sich auf zukunftsorientierte und nachhaltige Energieprojekte fokussieren, können von den stabilen Wachstumsprognosen in diesem Bereich profitieren“, meint Finnern.

Politische Unterstützung

Entscheidend für Fortschritte in der Energiewende bleibt auch die politische Unterstützung. Auf europäischer Ebene profitieren laut Finnern insbesondere die sogenannten „PCIs“ (Projects of Common Interest) und „PMIs“ (Projects of Mutual Interest) im Rahmen des „CEF Energy“-Förderprogramms von finanzieller Unterstützung und günstigen regulatorischen Bedingungen.

Wie es in Deutschland weitergeht, ist nach dem Ampel-Aus offen. Erste positive Signale habe es in der alten Bundesregierung gegeben. Finnern erwähnt das Sonderbürgschaftsprogramm des Bundes und der Länder für den Bau von Konvertern und Konverterplattformen.

Welchen Kurs die künftige Bundesregierung einschlage, bleibe abzuwarten. „Es gibt insofern bereits Anzeichen für eine stärkere politische Unterstützung, doch um das Potenzial des Marktes voll auszuschöpfen, ist eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Politik und Industrie erforderlich“, meint der Anwalt. Die gezielte Förderung solcher Projekte könne den Weg „für eine nachhaltige Stärkung des Offshore-Sektors ebnen und deutschen Unternehmen langfristig eine stärkere Position im globalen Wettbewerb verschaffen. Eine umfassendere politische Unterstützung würde es ermöglichen, das volle Potenzial dieses Marktes zu realisieren und die Wettbewerbsfähigkeit auf internationaler Ebene zu sichern und zugleich einen zentralen Schritt in der Energiewende zu gehen“, resümiert Finnern.


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