Verdacht der Steuerhinterziehung

Ermittler durch­leuchten Mail-Verkehr verdäch­tiger Fonds

Im Strafverfahren gegen rund 20 Private-Equity-Fonds wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung durchsuchen die Ermittler den E-Mail-Verkehr zwischen Geschäftsführern nach Beweismaterial.

Ermittler durch­leuchten Mail-Verkehr verdäch­tiger Fonds

Von Stefan Kroneck, München

Im Strafermittlungsverfahren gegen 20 Private-Equity-Fondsgesellschaften wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ist die Staatsanwaltschaft München I damit beschäftigt, umfangreiches Beweismaterial zu sammeln und zu sichten. Nach Informationen der Börsen-Zeitung wertet die zuständige Justizbehörde in der bayerischen Landeshauptstadt Da­tenmaterial aus, welches die Verdachtsmomente erhärten könnte.

Dabei stehen unter anderem E-Mails zwischen den in Deutschland ansässigen Adressen und deren ausländischen Tochterzweckgesellschaften im Vordergrund. Im Detail geht es beim Durchsichten vor allem um den schriftlichen Austausch zwischen Geschäftsführern der Muttergesellschaften und Führungskräften der Fonds außerhalb Deutschlands. Sollten die Strafverfolger auf E-Mails stoßen, die Weisungen aus der Unternehmenszentrale in Deutschland an Geschäftsführer im Ausland eindeutig beinhalten, so dürfte das deren Vorwurf untermauern, die im Visier stehenden Kapitalbeteiligungsgesellschaften hätten am deutschen Fiskus vorbei fällige Körperschaft-, Gewerbe- und Kapitalertragsteuer nicht gemeldet.

Luxemburg auch betroffen

In ihrer Argumentation bedient sich die Justizbehörde dem Rechtskonstrukt des faktischen Geschäftsführers. Angewandt auf die aktuelle Causa bedeutet das, dass die in Deutschland ansässigen Manager der betroffenen Gesellschaften aufgrund ihrer Weisungen an die ihnen untergeordneten Kollegen im Ausland faktisch in Personalunion auch diese Tochtereinheiten führen. Schlussendlich unterliegen die ausländischen Gesellschaften damit ebenso den deutschen Abgabenvorschriften und nicht dem Steuerhoheitsrecht jenes Landes, in welchem die Auslandseinheiten ihren Sitz haben. Bislang war dabei vor allem von Großbritannien die Rede gewesen. Dem Vernehmen nach sollen auch Adressen in Luxemburg betroffen sein.

Die in Verdacht stehenden Private-Equity-Fonds, überwiegend mit Sitz in München, bedienen sich einem Firmengeflecht mit Dependancen in anderen europäischen Ländern. In diesen Staaten profitieren die Gesellschaften und indirekt deren Klienten von vergleichbar deutlich niedrigeren Steuersätzen als in Deutschland. Die Zweckgesellschaften dienen vor allem institutionellen Investoren und vermögenden Privatanlegern als Verwahrstellen, wie zu hören ist.

Den Ermittlern zufolge handelt es sich um ein möglicherweise illegales Steuerverkürzungsmodell. Die be­troffenen Adressen erwidern dem Vernehmen nach, die Strukturen der Kapitalbeteiligungshäuser seien ge­setzeskonform mit deutschem Steuerrecht. Deren Auslandstöchter agierten unabhängig von den deutschen Unternehmenszentralen. Da­her unterlägen diese ausschließlich der Steuergesetzgebung vor Ort.

Im Juni berichtete diese Zeitung erstmals darüber, dass die Staatsanwaltschaft in der Sache fast zwei Dutzend Private-Equity-Häuser durchleuchtet (vgl. BZ vom 23. Juni). Der entstandene finanzielle Gesamtschaden für den deutschen Staat könnte sich auf bis zu einen einstelligen Euro-Milliardenbetrag belaufen.

Den betroffenen Ge­sellschaften drohen hohe Geldstrafen und umfangreiche Steuernachforderungen, involvierten Geschäftsführern sogar hohe Freiheitsstrafen.

Auf Steuerrecht spezialisierte Anwaltskanzleien und Unternehmensberater stehen dem Vernehmen nach wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung ebenfalls im Visier. Vorermittlungen hatten im Jahr 2019 begonnen. Die Staatsanwaltschaft München habe, so heißt es, dann im Dezember 2020 formell ein Strafverfahren eingeleitet.

Kritiker sehen sich bestätigt

Das heikle Thema hat der kontrovers geführten Debatte in der deutschen Unternehmens- und Steuerberaterbranche über riskante Mandate in Bezug auf Steuersparmodelle neue Nahrung gegeben. Aufgrund der öffentlich bekannt gewordenen Strafermittlungen gegen Private-Equity-Adressen sehen sich manche Unternehmensberater in ihrer kritischen Haltung gegenüber solchen Gesellschafterkonstrukten bestätigt. Sie raten von solchen komplexen Mandaten ab. Ihr Argument: Das Risiko sei zu groß, mit deutschem Steuerrecht zu kollidieren. Der Reputationsschaden wäre zu hoch.