Erneute Klageschlappe für Bayer
Bayer verliert erneut Prozess
Kläger bekommt bislang höchste Schadenersatzsumme zugesprochen – Aktie schmiert ab
ab Düsseldorf
Bayer hat erneut eine schwere Schlappe vor einem Jury-Gericht in den USA einstecken müssen. Das Geschworenengericht in Philadelphia sprach einem an Krebs erkrankten Kläger Schadenersatz von 2,2 Mrd. Dollar zu. Es ist die bislang höchste Schadenersatzsumme, die ein Gericht im Zusammenhang mit den Klagen rund um das glyphosathaltige Pestizid Roundup verhängt hat. Bayer kündigte an, in Berufung zu gehen.
"Wir können das Urteil der Jury nicht nachvollziehen, das im Widerspruch zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Bewertungen der Regulierungsbehörden auf der ganzen Welt steht", heißt es in einer Stellungnahe des Konzerns. Bayer hatte sich die Klagewelle gegen Glyphosat 2018 mit der Übernahme von Monsanto eingekauft.
Schlusslicht im Dax
An der Börse kam das Urteil schlecht an. In der Spitze gab der Dax-Wert am Montag um 5,7% nach. Die Marktkapitalisierung ist mittlerweile auf 30 Mrd. Euro zusammengeschnurrt. Damit setzt sich die Talfahrt der Aktie fort, obwohl Bayer schon 2023 zu den größten Verlierern im Dax gehört hatte. Neben der wieder aufgelebten Klagewelle hat Bayer im November auch einen herben Forschungsrückschlag erlitten.
Bayer geht davon aus, in der Berufung zumindest "den verfassungswidrig überhöhten Schadenersatz" deutlich verringern zu können. Bei den bislang verlorenen Prozessen sei der Schadenersatz insgesamt um mehr als 90% reduziert worden, heißt es. Nach den Angaben haben die Leverkusener zehn der letzten 16 Roundup-Prozesse gewonnen. Das Gros der anhängigen Klagen wurde beigelegt.
Allerdings sind nach den zuletzt verfügbaren Zahlen noch immer 52.000 Klagen in der Causa Roundup anhängig. Wie andere Kläger führte auch der klagende Landschaftsbauer seine Krebserkrankung auf die berufliche und private Nutzung von Roundup zurück.
"Judicial Hellhole"
Der Philadelphia Court of Common Pleas trage den wenig schmeichelhaften Beinamen "Judicial Hellhole", schreibt Bayer und fügt an: "Wir sehen erhebliche Fehler im Prozess, u.a. suggestive Fragen der Klägerseite, Fragen zu Dokumenten, die unsere Experten nie zuvor gesehen hatten, sowie Fragen, die mit dem zentralen Thema in diesem Fall nichts zu tun haben." Erst kürzlich habe ein Gericht in Louisiana eine gleichgelagerte Klage abgelehnt, weil die Beweislage nicht ausreichend gewesen sei, sagte ein Sprecher.
Glyphosat ist ein seit Jahren umstrittenes Herbizid. Während die Regulierungsbehörden weltweit das Pflanzenschutzmittel als nicht krebserregend einstufen, hat die Krebsforschungsagentur IARC der Weltgesundheitsbehörde WHO Glyphosat 2015 als "wahrscheinlich krebserregend" bewertet. Bayer verweist darauf, dass ein US-Berufungsgericht erst im November 2023 eine Warnung vor Glyphosat für verfassungswidrig erklärt habe.
EU-Zulassung verlängert
Zudem hat die EU-Kommission Glyphosat erst im Dezember für weitere zehn Jahr zugelassen. Vorausgegangen war allerdings ein heftiger Streit zwischen den 27 EU-Mitgliedstaaten, die sich nicht auf qualifizierte Mehrheit verständigen konnten. Nur deshalb lag der Ball am Ende im Feld der Kommission, die sich auf Basis wissenschaftlicher Bewertungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und der Europäischen Chemikalienagentur für die erneute Zulassung entschied.