Börsengänge

ESG-Spac in 30 Minuten ausverkauft

Es ist der erste Spac (Special Purpose Acquisition Company) für ESG-Themen (Umwelt, Soziales, Governance) überhaupt und zugleich der erste Börsengang eines solchen zunächst leeren Übernahmevehikels in Europa in diesem Jahr: Binnen 30 Minuten waren die Aktien des Börsenmantels ESG Core Investment in Amsterdam ausverkauft.

ESG-Spac in 30 Minuten ausverkauft

cru Frankfurt

Europäische Spacs (Special Purpose Acquisition Companies) waren bisher im Vergleich zu den USA Mangelware. Das ändert sich jetzt. Der Spac-Boom aus den USA findet seinen Weg über den Atlantik – und macht die Börse Euronext in Amsterdam zum neuen Zentrum für die Börsenmäntel: Der erste europäische Spac für reine Investments in ESG-Themen (Umwelt, Soziales und Governance) ist binnen 30 Minuten ausverkauft worden. Alle Aktien des Übernahmevehikels ESG Core Investments seien bereits gezeichnet, berichtet die federführende Emissionsbank Berenberg. Beim ersten Börsengang eines Spac in diesem Jahr in Europa sollen die Telefone nicht mehr stillgestanden haben.

Die Bücher für das 200 Mill. bis 250 Mill. Euro schwere IPO an der Euronext Amsterdam sind am Mittwoch geöffnet und am Donnerstag schon wieder geschlossen worden. Drei Ankerinvestoren übernahmen die Hälfte des Volumens und haben damit auch das Interesse anderer Investoren gestärkt. Vor allem Long-only-Fonds treiben den Angaben zufolge die Nachfrage an.

Der ESG Core Investments ist strukturiert wie ein US-Spac: Die Aktionäre können über eine beabsichtigte Akquisition vorher abstimmen und ihren Anteilsschein zurückgeben, wenn sie nicht einverstanden sind. Auch das hat das Vertrauen der Investoren in die Transaktion erhöht.

ESG Core Investments will ein europäisches Unternehmen kaufen, das in einer der drei Branchen Wasseraufbereitung, erneuerbare Energien oder Energiespeicherung tätig ist. Die Erfolgsbilanz des Gründers – im Fachjargon „Sponsor“ genannt – Infestos Sustainability, deren Geschäftsführer Frank van Roij und Hans Slootweg den Spac führen, lockt Investoren an.

Infestos als Initiator

Infestos gehörte früher der niederländische Energiekonzern Alfen, der im April 2018 an die Börse ging. Der Börsengang brachte 94 Mill. Euro ein, und der Kurs von Alfen hat sich seit der Notierung verneunfacht. Der Sponsor des ESG Core Investment erhält – kostenlos – Gründeraktien, die 20% der Unternehmensanteile repräsentieren. Bis zu einem Jahr nach einer Akquisition dürfen die Aktien nicht verkauft werden – es sei denn, die Aktie wird über 12 Euro und damit über dem Ausgabepreis gehandelt. Die Gründer investieren selbst 15 Mill. Euro beim Börsengang mit einer sechsmonatigen Sperrfrist nach der Akquisition.

Wie bei jedem Börsengang eines Spac werden die Anteile zum Standardpreis von 10 Euro ausgegeben, wobei jede Einheit aus einer Stammaktie und einem Kaufrecht auf ein Achtel einer Aktie zum Zeitpunkt des Börsengangs besteht und einer weiteren Option auf ein Achtel bei Ab­schluss eines Unternehmenszusammenschlusses. Der Ausübungspreis für die Option liegt bei 11,50 Euro und muss innerhalb von fünf Jahren nach einem Unternehmenszusammenschluss ausgeübt werden. ABN Amro und Berenberg sind Book­runner, Kempen ist Co-Bookrunner.

Weiteres Vehikel geplant

Schon plant der britische Rechenzentrenunternehmer Michael Tobin den nächsten Spac in Amsterdam. Tobin, der den europäischen Rechenzentrumsriesen Telecity Group aufgebaut hat, soll Gespräche führen, um 200 Mill. bis 300 Mill. Euro für einen Spac aufzubringen, der Crystal Peak heißt. Er wird von Rupert Robson und Seth Schelin unterstützt, Führungskräfte der Tech-Investmentboutique Torch Partners.

Amsterdam könnte damit zum europäischen Spac-Hub werden, unterstützt durch den kapitalmarktfreundlichen Ruf und ähnliche Regeln wie in den USA, die es Investoren erlauben, ihr Geld bei Bekanntgabe des Fusionsziels eines Spac abzuziehen. Die niederländische Stadt profitiert bereits vom Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union. Amsterdam überholte im Januar London als größtes europäisches Aktienhandelszentrum, weil nach dem Brexit etwa die Hälfte des Handelsvolumens der Stadt auf den Kontinent abgewandert war.

Deutschland hinkt hinterher: In Frankfurt ist bisher nur ein Spac des Schweizer Wagniskapitalgebers Lakestar geplant. Der deutsche Manager Klaus Hommels will mit dem Vehikel in den kommenden Wochen mehrere hundert Mill. Euro für Investments in junge Tech-Firmen einsammeln. Die Berliner Start-up-Schmiede Rocket Internet will ihren Spac an der Nasdaq notieren lassen.