EU-Kommission erringt Etappensieg in der Fusionskontrolle
hei Frankfurt
Im Streit um den Zusammenschluss von Telefónica UK und der zu Hutchison gehörenden 3UK hat die EU-Kommission juristisch einen Etappensieg errungen. Auf Empfehlung der EU-Generalanwältin Juliane Kokott soll das Gerichtsurteil vom Mai 2020, das die Untersagung der geplanten Fusion der beiden britischen Telekommunikationsanbieter durch die Kommission für nichtig erklärt hatte, aufgehoben werden.
Stattdessen soll „die Sache zur Entscheidung des Rechtsstreits“ an das Gericht zurückverwiesen werden. Kokott weist darauf hin, dass es sich um die „erste Rechtssache“ handele, die dem Gerichtshof die Möglichkeit gebe, sich zum Begriff „erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs“ – soweit diese auf sogenannten „nicht koordinierten Auswirkungen“ beruhe – zu äußern. Das Gericht folgt in der Regel den Vorschlägen der Generalanwältin.
Die Auseinandersetzung um die Rechtmäßigkeit der Untersagung des geplanten Zusammenschlusses hatte sich an der Beweisführung der Kommission entzündet. Der EuGH war zu dem Schluss gekommen, dass die Wettbewerbshüter hier Fehler gemacht bzw. nicht die geeigneten Maßstäbe angewandt hatten. Strittig war dabei insbesondere, inwiefern die Fusion von Telefónica UK und 3UK zu einer erheblichen Wettbewerbsbeschränkung führen könnte, obwohl die Unternehmen zusammen nicht als marktbeherrschend eingestuft wurden.
Gretchenfrage
Die Frage war und ist indes Kernthema zahlreicher M&A-Transaktionen in der europäischen Telekommunikationsbranche. Denn diese leidet in einzelnen Märkten an einer aus ihrer Sicht zu starken Fragmentierung. Die Zahl der Anbieter und vor allem die der Netze gilt häufig als zu groß, um eine angemessene Rendite auf die immensen Investitionen in die Netzinfrastruktur zu erzielen.
Deshalb ist die Branche seit Jahren um die Konsolidierung innerhalb einzelner Länder bemüht. Dabei liefern sich die Unternehmen in der Regel ein zähes Ringen mit der Kommission. So konnte Telefónica Deutschland die Übernahme von E-Plus hierzulande, die die Zahl der Netzbetreiber von vier auf drei verringerte, nur gegen harte Auflagen durchsetzen. Die Bereitstellung von Netzkapazität für den damals kleinen Wettbewerber Drillisch führte zu dessen Übernahme durch United Internet, die nun ihrerseits wieder als vierter Netzbetreiber in den Markt einsteigen will. In Deutschland gilt derzeit keiner der drei Mobilfunknetzbetreiber Deutsche Telekom, Vodafone und Telefónica Deutschland als marktbeherrschend.
Die Deutsche Telekom brauchte für die Konsolidierung in den relativ kleinen Märkten Österreich und Niederlande ebenfalls sehr lange, um bei ihren Fusionsplänen jeweils ans Ziel zu gelangen. In den Niederlanden hat sich der Konzern auch nach der Reduzierung auf landesweit drei Player zum Rückzug entschlossen.
In Großbritannien liefern sich die Nummer 3 und Nummer 4 des Marktes Telefónica UK und 3UK einen harten Wettbewerbskampf mit den Platzhirschen BT Group und Vodafone. Der Wettbewerb im britischen Markt gilt als seit Jahren äußerst scharf, zeitweise verbrannten alle Telekomanbieter dort Geld. Die Telekom und Orange hatten sich daher seinerzeit auch hier zum Rückzug entschieden und ihr Joint Venture EE an BT Group verkauft.