Im GesprächVeronika von Heise-Rotenburg

Firmenhandy-Vermieter Everphone kratzt an der Gewinnschwelle

Der Trend geht zu "use, not own" – bei Autos, Elektroscootern oder teuren Handtaschen. Davon will der Firmenhandy-Vermieter Everphone profitieren. Laut Finanzchefin Veronika von Heise-Rotenburg hat das Start-up gerade die Gewinnschwelle im operativen Geschäft erreicht.

Firmenhandy-Vermieter Everphone kratzt an der Gewinnschwelle

Im Gespräch: Veronika von Heise-Rotenburg

Everphone kratzt an der Gewinnschwelle

Finanzchefin des Start-ups aus Berlin braucht vorerst keinen Börsengang fürs Wachstum – Firmenhandy-Vermieter erzielt erstmals positives Monatsergebnis

Von Christoph Ruhkamp, Frankfurt

Einen Börsengang braucht der Firmenhandy-Vermieter Everphone aus Berlin vorerst nicht, und auch der Einstieg eines Finanzinvestors, der das Wachstum weiter ankurbelt, steht nicht unmittelbar an. „Wir sind für die nächsten zwölf bis 18 Monate bezüglich Fremdkapital ausfinanziert“, sagt Finanzchefin Veronika von Heise-Rotenburg im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Von dem Fremdkapital, das wir bei der letzten Finanzierungsrunde aufgenommen haben, ist erst die Hälfte ins Geschäft geflossen. Das eingeworbene Eigenkapital wird ausreichen, um die Profitabilität zu erreichen.“

Ende 2023 hatte sich das Berliner Start-up, das Smartphones, Laptops und Tablets an Unternehmen für die Nutzung durch deren Mitarbeiter vermietet, 250 Mill. Euro Fremdkapital von Citigroup, Phoenix Insurance und der KfW beschafft. Hinzu kamen 21 Mill. Euro Eigenkapital, die im Rahmen der Series-D-Finanzierungsrunde von dem Wagniskapitalgeber Capnor sowie Bestandsinvestoren wie dem Everphone Haupteigentümer Cadence Growth Capital aufgebracht wurden. Auch Gründer Jan Dzulko, der die Firma 2016 gestartete hatte, steuerte etwas bei.

Erstmals Gewinn vor Zinsen und Steuern

Im Jahr 2023 hat Everphone rund 85 Mill. Euro Umsatz gemacht. Für das erste Halbjahr 2024 kündigt Heise-Rotenburg an: „Wir haben in den Monaten Mai und Juni erstmals die Ebit-Profitabilität erreicht“ – also einen Gewinn vor Zinsen und Steuern.

Everphone vermietet mit rund 250 Beschäftigten derzeit rund 400.000 Smartphones, Tablets und Laptops an B2B-Kunden, das heißt rund 1.000 kleinere Firmen und weitere 1.000 größere Unternehmen, darunter Konzerne wie EY und Henkel. „Wir ersparen der IT unserer Kunden rund zwei Stunden Arbeit pro Gerät“, nennt Heise-Rotenburg das Hauptmotiv ihrer Klienten. Rund 85% der Geräte sind Smartphones.

Nach meist drei Jahren gehen die Geräte an Everphone zurück, und sie haben dann noch einen Restwert von rund einem Viertel des Einkaufspreises, der meist bei um die 600 Euro pro Gerät liegt. Danach werden die Geräte entweder neu vermietet oder an große Handelshäuser für gebrauchte Handys wie Backmarket, Swappie oder As good as new versteigert, die sie „refurbishen“ und dann an Privatleute verkaufen.

Kredite mit Assets besichert

„Wir können das Kapital für unseren Einkauf günstig leihen, weil die Kredite der Banken mit den Geräten als Assets besichert sind“, erklärt Heise-Rotenburg. Dafür wird das Eigentum an den Geräten auf eigens gegründete Zweckgesellschaften übertragen – so genannte Special Purpose Vehicle (SPV), die insolvenzsicher von dem Unternehmen getrennt sind. Jeder Einkauf wird zu etwa 5% mit Eigenkapital hinterlegt, das zurück kommt, sobald der Kredit getilgt wird. Als vergleichbare Wettbewerber gelten CHG, Grover und Hofy. Auch Topi, Way und Landis haben vergleichbare Geschäftsmodelle. Everphone ist in ganz Europa tätig und verfügt auch über eine kleine Niederlassung in Miami in den USA.

Laut Heise-Rotenburg sind „asset-basierte Finanzierungen in Start-ups eine smarte Idee“ und werden durch Förderbanken wie die KfW als unterstützungswürdig eingeschätzt. „Der Trend geht zu use, not own“, sagt die 41 Jahre alte, promovierte Wirtschaftsjuristin, die mit ihrem Mann seit zehn Jahren glücklich verheiratet in Vaterstetten bei München lebt.

„Use, not own“ braucht aber Kapital: „Irgendjemand muss diese von den Menschen benutzten Assets anschaffen, halten und damit finanzieren.“ Asset-heavy-Geschäftsmodelle gelten indes als relativ sicher, aber auch schwieriger skalierbar. „Venture-Capital-Investoren werden, wenn sie investieren, nicht auch die Assets finanzieren“, sagt Heise-Rotenburg. „Da müssen traditionelle Banken ran und können das auch besser und billiger.“ Während früher asset-basierte Strukturen in Start-ups einfach nicht umsetzbar gewesen seien, hätten inzwischen einige Unternehmen solche Strukturen in den vergangenen fünf Jahren erfolgreich zur Anwendung gebracht. Neben Everphone waren Beispiele dafür der Konkurrent Grover sowie die Auto-Abonnement-Firmen Finn und Cluno oder der Scooter-Verleiher Tier. Heise-Rotenburg arbeitete vor ihrem Wechsel zu Everphone für Cluno, die dann vom Online-Gebrauchtwagenhändler Cazoo übernommen wurde.

Handtaschen zur Miete

Ein exotischerer Fall für Asset-heavy-Geschäftsmodelle ist der Vermieter teurer Handtaschen Fobe. Schon fast etabliert ist der Solaranlagen-Vermieter Enpal und im Schlepptau dessen Konkurrenten Einskommafünf und Golfstrom. „Das zieht natürlich einerseits weitere Banken an, andererseits Start-up-Gründerinnen und Early-Stage-Investoren, weil man jetzt weiß: das kann klappen und Eigenkapital ist nicht die Grenze des Wachstums", erklärt Heise-Rotenburg. „So gibt es noch weitere Jungunternehmen, die es versuchen, zum Beispiel mit Fitnessgeräten (Miete an Studios), Energiespeichern (Tagesmiete an Veranstalter), Wellness-Pavillions, Tiny Homes als Airbnb und Lkw-Elektrobatterien für Tauschstationen.“

Als Everphone die jüngste Finanzierungsrunde bekannt gab, gratulierte die Deutsche Börse auf ihren Bildschirmen dazu. Derselbe Glückwunsch hätte auf den Bildschirmen der Nasdaq in New York 7000 Dollar gekostet. So dürfte sich Everphone im Falle eines Börsengangs von Frankfurt genauso stark angezogen fühlen wie von New York.

Kapitalintensive Geschäftsmodelle wurden von Venture-Capital-Fonds gemieden. Das ändert sich jetzt. Laut Veronika von Heise-Rotenburg, Finanzchefin des Firmenhandy-Vermieters Everphone, sind „asset-basierte Finanzierungen in Start-ups eine smarte Idee“. Der Trend gehe zu use, not own.

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