Flucht aus Private Equity durch die Hintertür
Flucht aus Private Equity durch die Hintertür
Houlihan Lokey: Sekundärverkäufe von Fondsanteilen steigen 2024 auf Rekordwert von 150 Mrd. Dollar − 2025 Abschwächung erwartet
Von Christoph Ruhkamp, Frankfurt
Der Verkauf ihrer Unternehmensbeteiligungen zu akzeptablen Bewertungen ist für Private-Equity-Firmen bei hohen Zinsen und schwacher Konjunktur schwierig geworden. Dementsprechend wenig Verkaufserlöse haben sie in den vergangenen zwei Jahren an ihre institutionellen Investoren – im Fachjargon die „Limited Partners“ – zurückfließen lassen. Doch anstatt weiter festzusitzen, verabschieden sich viele Großanleger wie Pensionsfonds, Versicherer oder Stiftungen neuerdings aus Private-Equity-Beteiligungen, indem sie ihre Anteile an bestehenden Fonds auf dem Sekundärmarkt verkaufen.
Sekundärmarktvolumen bei 150 Mrd. Dollar
„Wir gehen davon aus, dass das Sekundärmarktvolumen in diesem Jahr zwischen 145 Mrd. und 150 Mrd. Dollar liegen wird“, sagte Matt Swain, Head of Direct Placements and Secondaries bei der Investmentbank Houlihan Lokey in New York, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Das bedeutet, dass 2024 das bisherige Rekordjahr 2021 mit 132 Mrd. Dollar Volumen in den Schatten stellen wird.“ Houlihan Lokey vermittelt Secondaries-Transaktionen, bei denen sich Großanleger von Private-Equity-Beteiligungen trennen oder Private-Equity-Firmen bestehende Fondsanteile in einen neuen Fonds übertragen. Wettbewerber auf diesem Feld sind Evercore, William Blair oder PJT Partners. Anbieter von Secondaries-Fonds sind Ardian, Hamilton Lane oder StepStone Group.
„Für das kommende Jahr erwarten wir dann aber auch schon wieder einen Rückgang um rund 10% auf ungefähr 140 Mrd. Dollar, und in Europa einen Rückgang von 40 Mrd. Dollar auf 35 Mrd. Dollar im Jahr 2025“, sagte Swain. „Dafür gibt es mehrere Gründe. Einige Deals, bei denen es um Beteiligungen an Unternehmen geht, die außerhalb der USA produzieren, werden wegen der befürchteten Zölle auf Importe in die US schwierig werden. Auch wenn Präsident Trump an einem Tag zum Beispiel twittert, die Biotechnologie-Branche müsste neu geordnet werden, dann würde das für eine Weile einen negativen Effekt auf Deals in diesem Sektor haben.“
Nenner-Effekt
Ein anderer Grund sei der Nenner-Effekt: „Wenn die Aktienkurse steigen und der Anteil von Aktien an der Vermögensallokation wächst, dann entsteht wieder mehr Raum für Private-Equity-Beteiligungen bei den institutionellen Investoren“, erklärte Swain. „Das Private-Equity-Fundraising wird 2024 voraussichtlich bei etwa 750 Mrd. Dollar liegen – also in ähnlicher Höhe wie im Jahr davor.“ Institutionelle würden ihre Private-Equity-Fondsbeteiligungen bald wieder weniger oft abstoßen. Außerdem seien auch immer weniger Verkäufer von Fondsbeteiligungen in einer schwierigen Lage. In Europa dagegen dürfte der Secondaries-Markt wachsen, „weil die Vertrautheit mit diesem Instrument in den vergangenen Jahren zugenommen hat“. 2024 erwartet Swain in Europa ein Volumen von 40 Mrd. Dollar für Secondaries.
Liquidität benötigt
Angesichts der seit zwei Jahren andauernden Liquiditätsknappheit in der Private-Equity-Branche ist es keine Überraschung, dass Secondaries-Fonds in den Jahren 2023 und 2024 schneller gewachsen sind als jede andere Anlageklasse in den Private Markets abseits der öffentlichen Wertpapiermärkte. „Secondaries-Fonds bieten eine Reihe von Instrumenten, die GPs und LPs nutzen, um ihren eigenen Liquiditätsbedarf sowie den ihrer Stakeholder zu verwalten“, fasst Hugh MacArthur von der Unternehmensberatung Bain die Vorteile zusammen. „Secondaries sind im Vergleich zum Rest der Branche immer noch winzig, aber es gibt allen Grund zu der Annahme, dass sie einen Weg finden werden, zu wachsen.“
Bain schätzt den Wert der 28.000 noch unverkauften Private-Equity-Firmenanteile auf 3,2 Bill. Dollar. Rund 40% dieser Firmen seien vier Jahre oder länger in den Portfolios. Der Rückstau sei damit rund viermal so groß wie während der Finanzkrise 2008. Das sei der Hauptgrund, warum Secondaries-Fonds im Jahr 2023 um 92% mehr Kapital einsammelten.
Für Private-Equity-Firmen ist es schwierig geworden, einzelne Unternehmen zu verkaufen. Da sie aber dringend Liquidität benötigen, um ihren Anlegern etwas zurückzugeben, erleben Secondaries-Fonds einen Aufschwung. Deren Transaktionsvolumen ist auf ein Rekordniveau gestiegen.