Flugzeugfinanzierung bietet stabile Cash-flows in turbulenten Zeiten
Die erste Hälfte des Jahres 2019 stand klar im Zeichen der Luftfahrtbranche, leider nicht im positiven Sinne. Das Jahr wurde von der Pleite der deutschen Charter-Airline Germania eingeleitet, dicht gefolgt von der Insolvenz des isländischen Billiganbieters Wow Air. Und Anfang März gab Airbus bekannt, dass die Produktion des größten Passagierflugzeugs der Welt – dem A380 – eingestellt wird. All dies wurde überschattet von dem tragischen Absturz des Fluges 302 von Ethiopian Airlines am 10. März 2019, der zu einem weltweiten Flugverbot für den von Boeing produzierten Flugzeugtyp B737 Max 8 führte.Zusätzlich ist das Thema Nachhaltigkeit immer mehr in den Fokus gerückt, gerade im Hinblick auf die Umweltbelastung durch den Flugverkehr. Aus Investorensicht machen diese Schlagzeilen zunächst wenig Appetit auf die Assetklasse “Aviation”. Dabei bietet diese Nische des alternativen Anlagespektrums langfristige und stabile Renditen, die auch im direkten Vergleich mit anderen Assetklassen attraktiv sind. Es ist, wie so oft, alles eine Frage der richtigen Strategie.Die Luftfahrtbranche und insbesondere der Passagierverkehr zeigen einen überaus stabilen Wachstumstrend über die vergangenen 50 Jahre. Immer eng entlang des Weltwirtschaftswachstums, allerdings ohne die starken Ausschläge, die z. B. an den Aktienmärkten zu beobachten waren. So hatten selbst die signifikantesten Krisen der letzten 20 Jahre – die Terroranschläge des 11. September 2001 und die Finanzkrise im Jahr 2007/08 – nur einen kurzfristigen Einfluss auf den nachhaltigen Wachstumstrend des weltweiten Passagieraufkommens. Immobilie mit FlügelnDies hat zur Folge, dass z. B. die beiden größten Flugzeughersteller der Welt, Airbus und Boeing, volle Auftragsbücher präsentieren können und auch mittelfristig quasi in Vollauslastung produzieren werden. So erwartet Boeing, dass sich die derzeitige Flotte von rund 26 000 Flugzeugen bis zum Jahr 2038 auf etwa 44 000 erhöhen wird. Zusätzlich zu den neu hinzukommenden Flugzeugen erwartet Boeing weitere rund 20 000 Flugzeuge, die Teile der bestehenden Flotte ersetzen. Diese Steigerung hat einen enormen Finanzierungsbedarf zur Folge. Allein im Jahr 2019 beläuft sich der Kapitalbedarf auf rund 140 Mrd. Dollar, Tendenz steigend. Im Gegensatz zu vielen anderen Assetklassen haben die beiden großen Hersteller ihren Markt fest im Griff und sorgen für eine grundsätzlich knappe Verfügbarkeit. Dies stabilisiert die Preise auch für ältere Flugzeuge und lässt verhältnismäßig genaue Prognosen bis hin zum Verkauf von Einzelteilen zu.Das richtige Flugzeug bringt auch in turbulenteren Zeiten einen stabilen Cash-flow, denn für die gängigen Modelle besteht grundsätzlich ein hoher Bedarf. Die Einnahmen-Seite einer Flugzeugbeteiligung besteht aus stabilen Leasingzahlungen, die über mehrere Jahre vertraglich fixiert sind. Die Kostenseite beinhaltet vor allem Instandhaltung und Vermarktung. Der Kauf des Flugzeugs wird im Normalfall teilweise mit einem Kredit finanziert, der durch das Flugzeug besichert ist und aus den stabilen Cash-flows getilgt wird. Somit ähnelt die Investition in ein Flugzeug in gewisser Weise der Investition in eine Immobilie oder anderen “Real Assets”, mit ähnlich stabilen Einnahmen und Cashflow-Profilen. Der große Vorteil ist jedoch, dass Flugzeuge beweglich und hoch standardisiert sind, also innerhalb von wenigen Wochen am anderen Ende der Welt von einem neuen “Mieter” genutzt werden können – quasi eine standardisierte Immobilie mit Flügeln.Für den langfristigen Erfolg einer Investition im Flugzeugmarkt ist vor allem eine Unterscheidung wichtig: Die Prognosen für den Markt von Flugzeugen sind stabil, aber nicht die für den Markt von Fluglinien. Damit Investoren auch bei den anfangs genannten Schlagzeilen ruhig schlafen können, ist Marktexpertise gepaart mit einem fundierten technischen Verständnis entscheidend. Der Erfolg der Investmentstrategie beruht maßgeblich auf dem zu Grunde liegenden Asset, also dem Flugzeug und dessen Verwertungsmöglichkeiten. Die Liquidität eines Flugzeugs – und somit die Wahrscheinlichkeit einer zufriedenstellenden Vermarktung – hängt wiederum von der weltweiten Anzahl des jeweiligen Flugzeugtyps, der Diversifikation der potenziellen Betreiber und dem typenspezifischen Auftragsbestand bei den Herstellern ab.Zu den global meistgenutzten Flugzeugen zählen die Produktfamilien A320 von Airbus und B737 von Boeing. Sie werden weltweit für Kurz- und Mittelstreckenflüge eingesetzt und erfreuen sich grundsätzlich weit verbreiteter Beliebtheit. Ein solches standardisiertes Flugzeug bietet Schutz vor dem Airline-Risiko, da es im Fall einer Airline-Pleite in kurzer Zeit an eine andere Fluggesellschaft verleast werden kann. Neben der Qualität des Flugzeugs kann zusätzlich durch die durchdachte Auswahl der betreibenden Airline Mehrwert geschaffen werden. Breites SpektrumDas Universum von Leasingnehmern besteht aus einem breiten Spektrum von starker Bonität bis hin zu sehr finanzschwachen Fluglinien. Während am oberen Ende der Bonitätsskala kaum noch attraktive Renditen zu erzielen sind, bietet sich der Fokus auf sogenannte “Tier 2” Airlines an. Diese verfügen zwar noch über eine zufriedenstellende Bonität – insbesondere in Kombination mit dem werthaltigen Asset -, offerieren Investoren aber auch eine Renditeprämie, die im relativen Rendite-Risiko-Verhältnis attraktiv erscheint. Sollte die Fluglinie wider Erwarten doch einmal ausfallen, ist bei dem richtigen Flugzeugtyp eine schnelle Vermarktung sichergestellt.Die Auswahl des Flugzeugtyps ist auch unter Aspekten der Nachhaltigkeit wichtig: Fast die Hälfte des prognostizierten Marktwachstums der nächsten Jahre wird durch technologischen Wandel getrieben. Neue Flugzeugtypen, wie z. B. der A320neo, sind um bis zu 15 % effizienter als ihre Vorgängermodelle. Sie sind emissionsärmer und produzieren eine deutlich geringere Lärmbelastung. Eine nachhaltige und an ESG-Kriterien (Environmental, Social und Governance) ausgerichtete Investitionsstrategie sollte sich also auf moderne und effizientere Flugzeugmodelle konzentrieren. So leistet jede Investition einen nachhaltigen Beitrag zu einer saubereren und schallärmeren LuftfahrtindustrieDie Entscheidung, in Eigenkapital oder Fremdkapital von Flugzeugen zu investieren, hängt grundsätzlich von den Rendite- und Risikozielen jedes Investors ab. Die skizzierte Investmentstrategie lässt sich grundsätzlich aber in beiden Fällen anwenden. Hierzu bieten sich verschiedene Zugangswege an – von Kapitalmarktprodukten bis hin zu maßgeschneiderten Lösungen.Grundsätzlich empfiehlt es sich für die meisten Investoren, in von Spezialisten gemanagte Fonds zu investieren, die eine optimale Kombination aus Flugzeugtyp und Fluggesellschaft für ein diversifiziertes Portfolio darstellen. Somit ist nicht nur eine proaktive laufende Überwachung der Investitionen, sondern auch ein in kritischen Situationen schnelles und effektives Eingreifen sichergestellt. Julius Hünnemeyer, Investment Director bei der Prime Capital AG