Frauenquote strahlt zu wenig aus

Studie: 30 Prozent als neue gläserne Decke für den Aufsichtsrat

Frauenquote strahlt zu wenig aus

ak Düsseldorf – Die gesetzlich verankerte Geschlechterquote wirkt und hat zu einem Anstieg des Anteils von Frauen in den Aufsichtsräten geführt. Doch die Unternehmen tun nur so viel wie gerade nötig. In einer am Donnerstag vorgelegten Studie bemängelt die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung zudem die geringe Strahlkraft des Gesetzes. Unternehmen, die nicht quotengebunden seien, zögen nicht nach, und auch in den Vorständen der quotengebundenen Konzerne tut sich noch viel zu wenig. Während der Frauenanteil in den Aufsichtsräten dort bereits auf 33,2 % durchschnittlich angestiegen ist, beträgt er in den Vorständen nur 9 %.Nur 107 Unternehmen in Deutschland sind den Angaben zufolge quotengebunden. Denn neben der Börsennotierung müssen sie außerdem noch paritätisch mitbestimmt sein. Von diesen Konzernen bleiben laut der Studie 22 noch unter der Frauenquote von 30 % in ihrem Aufsichtsrat. Bei einem Teil von ihnen haben noch keine Neu- oder Nachwahlen des Kontrollgremiums stattgefunden, sie müssen also demnächst nachziehen. Einige Unternehmen, bei denen schon gewählt wurde, haben von den Auf- und Abrundungsregelungen auf ganze Personen Gebrauch gemacht. “Die Mehrzahl der Unternehmen, die die Quote bereits erfüllen müssen, stellt nur so viele weibliche Aufsichtsratsmitglieder wie unbedingt erforderlich”, erläuterte Studienautorin Marion Weckes. “Die Geschlechterquote in Höhe von 30 % lässt sich damit als neue gläserne Decke für den Aufsichtsrat umschreiben.” Gerade einmal 38 der 107 Unternehmen hätten einen höheren Frauenanteil als gesetzlich vorgeschrieben. Und nur bei einem einzigen, dem SDax-Mitglied Cewe Stiftung, sitzen mehr Frauen als Männer im Kontrollgremium. 23 KomplettverweigererWie wenig das Gesetz zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen ausstrahlt, zeigt ein Blick auf die Gesamtheit der 160 Unternehmen, die in den drei Leitindizes Dax, MDax und SDax vertreten sind. 81 von ihnen sind nicht quotengebunden, weil nicht paritätisch mitbestimmt. Innerhalb dieser Unternehmen gibt es nach wie vor 23 Gesellschaften, die keine Frau in ihrem Aufsichtsrat haben, und weitere 27 mit nur einer einzigen Frau – trotz vieler Neu- und Wiederwahlen in jüngster Zeit.In den Vorständen ist Diversität noch viel weniger angesagt: Zu Beginn des Jahres war der Anteil von Frauen in den Vorständen der Dax-, MDax- und SDax-Unternehmen mit 8 % noch immer einstellig. Von 704 Vorstandsposten waren 56 mit Frauen besetzt. Die verteilen sich auf 49 Unternehmen, weil sieben Unternehmen zwei Frauen in ihren Leitungsgremien haben. Die Großkonzerne im Dax sind – und dabei dürfte der Druck internationaler Investoren eine Rolle spielen – am weitesten: Hier sind 26 Frauen in den Vorständen tätig. In den 60 MDax-Unternehmen waren es zu Jahresbeginn nur 17 – gerade ist Silke Sehm bei der Hannover Rück neu berufen worden – , in den 70 SDax-Firmen sogar nur 13 Topmanagerinnen.Um breiter zu wirken, müsse die Geschlechterquote für viel mehr Unternehmen gelten, fordert die Hans-Böckler-Stiftung. “Ein ,kleines` Quotengesetz, das nur 107 Unternehmen verpflichtet und zudem nur für den Aufsichtsrat gilt, produziert noch keinen Kulturwandel”, lautet das Fazit von Weckes. Sie plädiert dafür, dass der Geltungsbereich des Gesetzes auf alle großen Kapitalgesellschaften im Sinne des Handelsgesetzbuchs (ab 250 Beschäftigte) ausgedehnt wird, unabhängig davon, ob eine Kapitalmarktorientierung vorliegt. Die Quote würde dann in rund 2250 Unternehmen gelten. Geschlechtergerechtigkeit sei schließlich eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die nicht an der Mitbestimmung im Aufsichtsrat festgemacht werden könne, argumentiert die Ökonomin.