„Free Cashflow folgt der üblichen Saisonalität“
hei Frankfurt
Mit einem Kurseinbruch von 8,41% hat die Aktie von Telefónica Deutschland auf Berichte über eine drohende Cashflow-Lücke und daraus resultierende Risiken für die Dividende reagiert. Berenberg-Experte Usman Ghazi warnt in einer umfassenden Studie vor massiven Risiken für den Barmittelzufluss, weil er davon ausgeht, dass die Erlöse aus dem National-Roaming-Vertrag mit 1&1 Drillisch nicht erst im fernen Jahr 2030 deutlich sinken werden, sondern schon deutlich früher. Berenberg sieht infolgedessen eine kumulierte Free-Cashflow-Lücke von 290 Mill. Euro.
Telefónica Deutschland hatte in den beiden vergangenen Jahren außerordentliche Mittelzuflüsse aus dem Verkauf von Mobilfunkstandorten, so dass der Free Cashflow im laufenden Jahr deutlich zurückfällt. Er wird laut Berenberg auf 372 Mill. Euro taxiert. 535 Mill. Euro werden allein in diesem Jahr an die Aktionäre ausgeschüttet. Finanzvorstand Markus Rolle ist jedoch überzeugt, „auch in Zukunft einen starken Free Cashflow zu generieren“. Er sagte der Börsen-Zeitung, „eine solide Bilanz und eine niedrige Verschuldung“ versetze das Unternehmen in die Lage, „in neue Geschäftsmöglichkeiten wie den Ausbau unseres 5G-Netzes in Rekordzeit zu investieren und zugleich unsere attraktive Aktionärsvergütung fortzusetzen“. Dabei solle eine hohe Ausschüttungsquote gemessen am Free Cashflow beibehalten werden. „Der Free Cashflow im Geschäftsjahr 2022 folgt der üblichen Saisonalität“, betonte der Manager.
Am Wochenende war bekannt geworden, dass der Münchner Mobilfunkbieter beim 5G-Netzausbau der Konkurrenz noch hinterherhinkt. Einem internen Dokument der Bundesnetzagentur (BNetzA) zufolge hat Telefónica Deutschland bei der Erfüllung der staatlichen Auflagen in den Bundesländern noch einiges zu tun. Vodafone und Telekom sind dabei schon weiter fortgeschritten. Allerdings geht die Tochter des spanischen Telekomriesen weiterhin davon aus, bis Jahresende alle Auflagen zu erfüllen. Ende Mai habe man bei 40% 5G-Abdeckung gelegen, hieß es dazu.
Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben 2021 die Spitze bei den Investitionen überschritten und rechnet in den folgenden Jahren mit einer Normalisierung der Ausgaben. Wann und in welchem Umfang die Erlösströme aus dem Vertrag mit 1&1 versiegen bzw. deutlich sinken, hängt unter anderem mit der Netzausbaugeschwindigkeit des Newcomers zusammen. Der zu United Internet gehörende Mobilfunkanbieter hat erstmals eigenes Spektrum erstanden und will nun ein Netz aufbauen. Details über Kosten und Tempo dieses Kraftakts sind bisher nicht bekannt.
Bei Telefónica Deutschland stehen die Erlöse aus dem Vertrag mit 1&1 für rund 40 % vom Free Cashflow, so dass Einschnitte hier ein substanzielles Risiko darstellen. Allerdings geht das Unternehmen bisher davon aus, dass wegfallende Teilerträge aufgrund des eigenen Netzausbaus von 1&1 aufgefangen werden können. Die Tendenz zu höhermargigen Tarifen mit mehr Datenvolumen halte an und werde die Erlöse aus dem verbleibenden Kundenbestand erhöhen, lautet die Kalkulation.
Indes können neben 1&1 Drillisch vor allem auch Telekom und Vodafone als Wettbewerber nicht außer Acht gelassen werden. Vor allem Letztere hat in der jüngsten Vergangenheit im deutschen Mobilfunkmarkt Schwäche gezeigt und Kunden an O2 Telefónica verloren. Das Desaster hat zum Rauswurf von Deutschlandchef Hannes Ametsreiter geführt. Sein Nachfolger Philippe Rogge muss zum Angriff übergehen. Auch die Telekom ist dabei, ihr Tarifportfolio attraktiver zu machen (siehe obenstehenden Bericht). Die anstehende Mobilfunklizenzauktion für 800 Megaherzfrequenzen ist ein weiteres Risiko für Telefónica Deutschland. Sie könnte teuer werden. Indes dringen alle drei etablierten Netzbetreiber auf eine Verschiebung und die BNetzA hat signalisiert, der Bitte Gehör zu schenken. Allerdings hat 1&1 für diesen Fall mit Klage gedroht.