Internet-Konzern

Game over für Turbo von Tencent

Chinas Regulierungskampagne im Tech-Sektor fährt dem erfolgsverwöhnten heimischen Internetriesen Tencent in die Parade und bremst das Wachstum immer stärker ab. Im letzten Quartal kam Tencent erstmals nur noch auf einen einstelligen Umsatzfortschritt. Besonders deutlich sind die Einschnitte im Kerngeschäft mit Online-Spielen und den Werbeeinnahmen auf Social-Media-Kanälen.

Game over für Turbo von Tencent

nh Shanghai

Inmitten der laufenden Unsicherheiten zur Marktbewertung der von regulatorischen Attacken und eines eingetrübten Konsumklimas negativ erfassten chinesischen Internet- und Technologieunternehmen, legt der Branchenprimus Tencent Holdings ernüchternde Zahlen zur Umsatz- und Ertragsentwicklung vor. Im Dezemberquartal stiegen die Konzernerlöse zwar immer noch um knapp 8% auf 144,2 Mrd. Yuan (20,5 Mrd. Euro), im Kontext der Firmenhistorie ist dies allerdings eine denkbar schwache Expansionsrate, mit der Tencent erstmals seit dem Börsengang im Jahr 2004 für eine Quartalsperiode nicht mehr auf ein zweistelliges Wachstum kommt (siehe Grafik).

Auch ertragsseitig gibt es einen Rückschlag zu vermelden. Auf dem Papier sprang der Gewinn nach Steuern zwar um 60% gegenüber der Vorjahresperiode auf 95 Mrd. Yuan an, darin sind allerdings Sondererträge aus dem Abverkauf von Beteiligungspaketen von rund 86 Mrd. Yuan enthalten. So hatte Tencent beispielsweise ihren Anteil am chinesischen E-Commerce-Riesen und engen Kooperationspartner JD.com stark verringert. Der bereinigte Gewinn für die Periode zeigt sich denn auch um 25% auf 24,9 Mrd. Yuan verringert.

Die neuen Tencent-Zahlen vom Mittwoch liegen nur knapp unterhalb der Analystenschätzungen und geben damit keine sonderlich negative Überraschung ab. Sie stellen allerdings eindrucksvoll unter Beweis, wie sehr die Geschäftsperspektiven führender chinesischer Internetunternehmen unter der im vergangenen Jahr sukzessive immer weiter verschärften Regulierungskampagne der Pekinger Regierung gelitten haben. Tencents Erlöswachstum ist in den vergangenen vier Quartalen mit 25%, 20%, 13% und nun zuletzt 8% immer weiter zurückgekommen. Gleichzeitig haben heftige Kurskorrekturen bei chinesischen Tech-Aktien auch bei den Gewinnen ins Kontor geschlagen, weil Tencent bei der Mark-to-Market-Bewertung ihres umfangreichen Beteiligungsportefeuilles im Tech-Sektor Abstriche machen muss.

Der überbordende Einfluss der chinesischen Staats- und Parteiführung auf die Geschicke der heimischen App-Betreiber macht sich in den beiden Kerngeschäftszweigen der Tencent-Gruppe, nämlich On­line-Spiele (Gaming) und Social-Media-Aktivitäten über die Alleskönner-Plattform Wechat besonders stark bemerkbar. Die chinesischen Regulatoren haben im Laufe des vergangenen Jahres zahlreiche Maßnahmen zur Begrenzung eines „ne­gativen sozialen Einflusses“ von Videospielen eingeleitet, darunter eine drastische zeitliche Limitierung des Smartphone-Zugangs von Ju­gendlichen zu den Gaming-Angeboten. Gleichzeitig trocknet die sogenannte Pipeline für neu entwickelte Online-Spiele immer weiter aus, weil die Behörden immer strikter bei der Autorisierung verfahren und bei neu entwickelten Gaming-Titeln die Markteinführung verwehren oder zeitlich stark verzögern.

Für Tencent als weltweiten Marktführer bei Online-Spielen heißt dies, dass gegenwärtig nur noch im von den Pekinger Regulatoren unberührten Auslandsgeschäft Wachstum zu erzielen ist. Im zurückliegenden Quartal etwa zogen die Erlöse aus den internationalen Gaming-Aktivitäten gewohnt kräftig um 34% auf 13,2 Mrd. Yuan an. Im Heimatmarkt allerdings kamen die Umsätze mit 29,6 Mrd. Yuan nur noch um 1% gegenüber der Vorjahresperiode voran und fielen im sequenziellen Quartalsvergleich sogar um 12% zurück. Auch bei den Werbeeinnahmen des Tencent-Konzerns mit seinen verschiedenen Social-Media-Plattformen sieht man Einschnitte, die auf die chinesische Tech-Kampagne zurückzuführen. Nach dem Kahlschlag der Behörden im zuvor boomenden Sektor der Onlineschulungen (Education Technology) ist Tencent ein besonders wichtiger Kundenkreis für Online-Werbung weggebrochen, ähnliches gilt für andere Ausschnitte von Internet-Dienstleistungen und ihrer Bewerbung auf Wechat. Die Erlöse der Sparte fielen um 13%.