Pharma-Zulieferer

Gerresheimer-Marge unter Druck

Gerresheimer verkauft viele Spritzen und Fläschchen für Covid-19-Impfstoffe, gleichzeitig drücken Kosten die Marge. Konzernchef Dietmar Siemssen gibt sich zuversichtlich für die zweite Jahreshälfte, die Investoren überzeugt die Entwicklung aber nicht.

Gerresheimer-Marge unter Druck

ak Köln

 Gerresheimer hat das Wachstumstempo erhöht, aber gleichzeitig im zweiten Quartal an Profitabilität eingebüßt. Wie der Hersteller von Fläschchen, Spritzen und Inhalatoren für die Pharmaindustrie am Dienstag mitteilte, kletterte der Umsatz zwischen März und Mai (Geschäftsjahr per 30. November) organisch um 7,5%. Getragen wurde das vor allem vom Geschäft mit Glasbehältern. Hier machen sich die anziehenden Erlöse mit Herstellern von Biotech-Medikamenten bemerkbar sowie die zusätzlichen Umsätze mit Fläschchen für die Corona-Impfstoffe.

Gerresheimer ist neben Schott und der italienischen Stevenato einer von nur drei Herstellern weltweit, die Impfstoff-Ampullen (Vials) aus Borosilikatglas produzieren. Der MDax-Konzern aus Düsseldorf will bis Ende dieses Jahres seine jährliche Kapazität um 1 Milliarde auf 4 Milliarden Fläschchen ausgebaut haben. Heute lägen bereits Aufträge für 2023 von Co­rona-Impfstoff-Produzenten vor, be­richtete Konzernchef Dietmar Siemssen. In diesem Jahr habe Gerresheimer bereits über 300 Millionen Vials für Covid-19-Impfungen ausgeliefert. Pro Stück beträgt der Umsatz etwa 3 bis 5 Cent. Die bisherige An­nahme, bis Ende 2022 etwa 1 Milliarde Corona-Vials zu verkaufen, könnte nach Angaben des Managements um rund 20% übertroffen werden.

CEO Siemssen zeigte sich mit dem zweiten Quartal in einer Telefonkonferenz sehr zufrieden. „Unsere Strategie trägt Früchte“, kommentierte er das Wachstum.

Allerdings geriet die Marge von Gerresheimer unter Druck. Verantwortlich waren nach Darstellung des Vorstands höhere Kosten für Rohstoffe sowie für Energie und CO2-Zertifikate. „Ich sehe das als nicht dramatisch an“, sagte Siemssen. Er bezeichnete die Effekte als temporär, da Gerresheimer die gestiegenen Kosten etwas zeitversetzt weitergeben könne. Im Kerngeschäft ging die bereinigte Ebitda-Marge im zweiten Quartal um 1,6 Prozentpunkte auf 22,6% zurück. Im ersten Halbjahr lag sie damit bei 21 (i.V. 21,4)%. Gerresheimer peilte für das Gesamtjahr einen Wert zwischen 22 und 23% an, kann aber traditionell im zweiten Halbjahr in der Regel noch in der Profitabilität zulegen. „Wir blicken sehr zuversichtlich auf die zweite Jahreshälfte und das dritte Quartal“, sagte Siemssen. Die Investoren schickten die Gerresheimer-Aktie dennoch mit einem Kursabschlag von 8,9% in den Keller.

Hohe Investitionen

Das Geschäft mit smarten Mikropumpen, das in der Sparte Advanced Technologies untergebracht ist und bislang nicht in die Prognosen von Gerresheimer einfließt, kam auf niedrigem Niveau weiter voran. Die Entwicklungsprojekte mit vernetzten Medizintechnikgeräten würden planmäßig weitergeführt, hieß es knapp im Zwischenbericht.

Deutlich angestiegen sind die Investitionen von Gerresheimer. Nach Angaben von Siemssen werden die Kapazitäten weiter ausgebaut, vor allem für die Herstellung von Spritzen, bei denen der MDax-Konzern zweistellige Umsatzzuwächse verzeichnet. Die höheren Investitionen waren eine Ursache des deutlich gesunkenen Free Cash-flows, der mit –91 (–38) Mill. Euro im ersten Halbjahr tiefrot gefärbt war. Im Gesamtjahr peilt der Vorstand einen positiven Wert an.

Die Verschuldung von Gerresheimer hat zugenommen, der Leverage liegt jetzt bei 3,3 (Ende November: 3,0). Laut CFO Bernd Metzner hat der Konzern in den Kreditverträgen einen Spielraum bis 3,75. Mittelfristig will Gerresheimer die Verschuldung auf 2,5 bis 3 drücken.

Gerresheimer
Konzernzahlen nach IFRS
1. Halbjahr
in Mill. Euro2021120201
Umsatz680667
Bereinigtes Ebitda136135
 Kunststoff8787
 Glas6467
 Advanced Technologies–6–8
Ber. Ebitda-Marge (%)20,020,3
Ebit6158
Konzernergebnis3934
Ber. Konzernergebnis5951
Cash-flow lfd. Geschäft–1031
Investitionen8464
Nettofinanzschulden10559612
1) Geschäftsjahr endet am 30.11.;2) zum 30.11.2020Börsen-Zeitung