Gerresheimer vertröstet auf später
ak Köln
Gerresheimer hat einen ordentlichen Umsatzschub im vergangenen Jahr nicht in eine entsprechende Marge umsetzen können. Während Umsatz und Nettoergebnis die Prognose erreichten, blieb die bereinigte operative Rendite (auf Ebitda-Basis) im Kerngeschäft mit 21,4% unter der avisierten Spanne. Auf der Umsatzseite kam der Produzent von Inhalatoren, Spritzen und Fläschchen für die Pharma- und Kosmetikindustrie stärker voran. Das organische Plus von 7,4% im Konzern lag am oberen Ende die Zielbandbreite.
Auf dem Ergebnis von Gerresheimer allerdings lasteten höhere Rohstoff- und Energiekosten sowie gestiegene Logistik- und Frachtraten. Allein im vierten Quartal habe das zu einer Ergebnisbelastung von 10 Mill. Euro geführt, erläuterte Finanzvorstand Bernd Metzner bei der Bilanzvorlage. Er betonte jedoch, dass es sich nur um einen temporären Effekt handele. Gerresheimer könne die höheren Kosten zügig in den Preisen an die Kunden weitergeben. „Wir sind auch adäquat gegen höhere Energiekosten abgesichert – für die nächsten Quartale und für die nächsten Jahre“, versicherte Metzner. Der Start ins neue Geschäftsjahr sei sehr gut verlaufen. Für das erste Quartal prognostizierte die Gerresheimer-Führung einen Anstieg bei Umsatz und bereinigtem Ebitda im zweistelligen Prozentbereich.
Im aktuellen Geschäftsjahr will der MDax-Konzern die wichtigsten Steuerungsgrößen Umsatz, bereinigtes Ebitda sowie bereinigtes Ergebnis je Aktie jeweils im hohen einstelligen Prozentbereich steigern. Mittelfristig hat der Vorstand das Margenziel angehoben. Bislang lag es bei 23% für die bereinigte Ebitda-Rendite. Jetzt hält das Management 23 bis 25% für möglich.
Einen wichtigen Beitrag zum geplanten beschleunigten Wachstum sollen die Schwellenländer leisten. „Bis 2024 wollen wir unseren Umsatz in China und Indien mehr als verdoppeln“, kündigte Vorstandschef Dietmar Siemssen an. Bislang erlöst Gerresheimer in beiden Märkten zusammen rund 95 Mill. Euro. Der pandemiebezogene Umsatz ist dagegen recht konstant. Gerresheimer als einer von weltweit nur drei Herstellern von Impfstofffläschchen aus Borosilikatglas nehme rund 6 Mill. Euro pro Quartal mit dem Absatz von Covid-19-Impfstofffläschchen ein, sagte Siemssen. Die Kapazitäten sind ausgebaut worden.
Von jetzt an ist nach Angaben des Vorstands auch der Geschäftsbereich Advanced Technologies in den Prognosen von Gerresheimer enthalten. Hier hat das Unternehmen Aktivitäten in der vernetzten Medizintechnik untergebracht. Ausgangspunkt war der Erwerb der schweizerischen Sensile Medical vor wenigen Jahren. Die Sparte schreibt derzeit noch rote Zahlen, soll aber vom kommenden Jahr an oder spätestens 2024 nennenswerte Umsatzbeiträge liefern und dann auch den Break-even schaffen, wie Siemssen bekräftigte. Ein neues Entwicklungsprojekt für eine vernetzte Medikamentenpumpe hat der Konzern Ende vergangenen Jahres an Land gezogen. Auftraggeber ist ein nicht genanntes US-Biotechunternehmen.
Recycelte Kunststoffe
Zum ersten Mal hat Gerresheimer einen eigenständigen Nachhaltigkeitsbericht vorgelegt. Laut Siemssen arbeitet der Konzern daran, immer mehr recycelte Kunststoffgranulate in der Produktion der Gerresheimer-Verpackungen zu nutzen. Die Pharmakunden seien in dieser Hinsicht aber zurückhaltend. Der Konzern versuche deshalb, über Produkte für die Kosmetikindustrie zu zeigen, dass die Verpackungen mit Recycling-Anteil qualitativ überzeugen könnten. Gerresheimer will bis 2030 seine CO2-Emissionen um 50% im Vergleich zu 2019 reduzieren. Der Konzern plant auch, der Science Based Target Initiative beizutreten. Die Vorstandsvergütung berücksichtigt künftig Nachhaltigkeitsziele.
Das Ziel einer höheren Diversität wird Gerresheimer aller Voraussicht nach jedoch verfehlen. Bis April dieses Jahres hatte der Aufsichtsrat eigentlich geplant, erstmals eine Frau in den bislang dreiköpfigen, ausschließlich männlich besetzten Vorstand zu berufen. Eine Veränderung oder Erweiterung im Vorstand sei derzeit jedoch nicht geplant, lautete auf Nachfrage die Auskunft von Konzernchef Siemssen.
Wertberichtigt Seite 8
Gerresheimer | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
in Mill. Euro | 2021* | 2020* |
Umsatz | 1498 | 1419 |
Bereinigtes Ebitda | 306 | 310 |
Kunststoff | 204 | 212 |
Glas | 143 | 137 |
Advanced Technology | −15 | −14 |
Ebit | 147 | 156 |
Ber. Konzernergebnis | 133 | 124 |
Konzernergebnis | 87 | 90 |
Bereinigtes Ergebnis je Aktie (Euro) | 4,13 | 3,90 |
Dividende (Euro) | 1,25 | 1,25 |
Cashflow lfd. Geschäft | 212 | 222 |
Investitionen | 206 | 174 |
Nettofinanzschulden | 1025 | 961 |
*) Geschäftsjahr endet am 30.11.Börsen-Zeitung |