Rettungspaket

Gläubiger stützen Adler Group

Durch die Einigung mit wichtigen Anleihegläubigern hat der Wohnungskonzern Adler nach eigener Aussage eine existenzbedrohende Situation abgewendet. Die Finanzierung sei nun bis Mitte 2025 gesichert.

Gläubiger stützen Adler Group

hek Frankfurt – Die abgestürzte Adler-Aktie hat am Montag einen Kurssprung verzeichnet. Im Handelsverlauf legte die Notierung zeitweise mehr als 60 % zu. Auch die Anleihen zogen kräftig an. Mit dem Anstieg reagieren die Papiere auf die Einigung mit einer Gruppe von Bondholdern. Der krisengeschüttelte Wohnungskonzern erhält frisches Geld von seinen Gläubigern. Außerdem werden Fälligkeiten und Zinszahlungen bis Mitte 2025 prolongiert, um den Cash-Abfluss einzudämmen.

Den Rettungsplan, über den mehrere Monate verhandelt worden sei, brachte Adler Group am Freitagabend mit dem Lenkungsausschuss von Bondholdern unter Dach und Fach. Demnach stellt eine „Kerngruppe“ von Anleihegläubigern bis zu 937,5 Mill. Euro besichertes Fremdkapital bereit, das bis Ende Juni 2025 läuft. Dafür muss Adler eine endfällige Verzinsung von happigen 12,5 % im Jahr zahlen. Die Zusage steht unter dem Vorbehalt, dass Adler ein positives Sanierungsgutachten vorlegt.

„Perfekter Sturm“

Bei den Bonds der Muttergesellschaft Adler Group werden die Zinszahlungen bis 31. Juli 2025 aufgeschoben. Im Gegenzug steigt der Zinssatz um 2,75 Prozentpunkte. Zudem erfolgt eine anteilige Besicherung. Die Laufzeit der am 26. Juli 2024 fälligen Schuldverschreibung im Volumen von 400 Mill. Euro soll bis Ende Juli 2025, also um ein Jahr, verlängert werden.

Die Zinssätze der Adler-Group-Unternehmensbonds bewegen sich zwischen 1,5 % und 3,25 %. Der Aufschlag von 2,75 Punkten entspricht also grob einer Verdoppelung der Zinslast. Die Anleihen haben ein Volumen von 3,2 Mrd. Euro.

Für die Veröffentlichung eines geprüften Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr 2022 hat Adler der Vereinbarung zufolge nun Zeit bis Ende 2023. Die bislang in den Anleihebedingungen gesetzte Deadline, den 30. April 2023, kann das Unternehmen kaum einhalten, weil noch immer kein Wirtschaftsprüfer gefunden wurde. Die Adler-Bilanz gilt als sehr komplex.

In einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz bezeichnet Stefan Kirsten die Einigung als Befreiungsschlag, mit dem eine „existenzbedrohende Situation“ abgewendet werde. Die Gruppe werde finanziell stabilisiert. Die bis Mitte 2025 fälligen Rück- und Zinszahlungen würden prolongiert. Zudem habe man Zeit für die Prüfung des Konzerns gewonnen. Adler könne nun deutlich entspannter in Verhandlungen über Assetverkäufe gehen. „Wir stehen nicht mehr mit dem Rücken an der Wand, so dass uns jeder bei jedem Deal erpressen kann“, sagt Kirsten. „Das passiert zurzeit.“

Ziel sei, dass die geänderten Anleihebedingungen spätestens im ersten Quartal 2023 wirksam werden. „Kein Prüfer, enge Fristen, schlechte Märkte, schwindende Liquidität: Die Adler Group ist in den vergangenen Wochen in einen perfekten Sturm geraten“, sagt Kirsten. Nun könne das Unternehmen seinen Kurs wieder stärker selbst bestimmen.

„Das Ganze hat aber einen Preis. Der Deal ist teuer“, räumt Kirsten ein, ohne detaillierte Angaben zu den Kosten zu machen. Adler habe parallel eine Insolvenz in Eigenverwaltung prüfen lassen: „Das wäre unser Plan B gewesen.“ Dieses Verfahren wäre nach seinen Angaben mit Zusatzkosten in einer Größenordnung zwischen 1 Mrd. und 2 Mrd. Euro doppelt so teuer gewesen. Wichtig sei: Es gebe keinen Haircut, also keinen Forderungsverzicht, und keine Verwässerung durch einen Debt-Equity-Swap.

Der Vereinbarung beigetreten sind der Mitteilung zufolge Gläubiger, die etwa 45 % der unbesicherten, nicht wandelbaren Anleihen der in Luxemburg ansässigen Adler Group repräsentieren. Zeitnah sei beabsichtigt, mit einer Mehrheit der Anleihegläubiger eine entsprechende Vereinbarung zu schließen, heißt es.

Die Anpassungen sollen in einem Verfahren nach dem deutschen Schuldverschreibungsgesetz erfolgen. Sollten erforderliche Quoren und/oder Mehrheiten verfehlt werden, zieht Adler Group ein StaRUG-Verfahren (vorinsolvenzliche Re­struk­turierung) oder ein vergleichbares Verfahren nach ausländischem Recht in Betracht.

Adler Group verpflichtet sich laut der Mitteilung, keine Dividenden auszuschütten. Die Aufnahme weiterer Finanzverbindlichkeiten soll unter Einschränkungen möglich sein. Eine neue Gesellschaft in Luxemburg soll in Zukunft den Großteil der Vermögenswerte halten. Das Senior-Management werde um einen Chief Restructuring Officer erweitert und außerdem der Verwaltungsrat um einen Kapitalmarktexperten vergrößert. Die Kandidaten für beide Positionen würden mit den Bondholdern der Adler Group abgestimmt.

Neue Covenants

Des Weiteren werden sogenannte Financial Maintenance Covenants für den Verschuldungsgrad (Loan-to-Value, LtV) von 87,5 % bis Ende 2025 und danach 85 % vereinbart. Wird diese Bedingung gerissen, „sind wir im Default“, erläutert ein Adler-Sprecher. Der Covenant werde erstmals zum 31. Dezember 2024 getestet und dann jedes Quartal.

Bisher liegt die Obergrenze für die Verschuldung bei 60 % des Immobilienvermögens. Dabei handele es sich um einen sogenannten Incurrence Based Covenant: Bei einer Verletzung dürfe Adler keine neuen Schulden aufnehmen.

Die neue Fremdfinanzierung ist mit einem besicherten Eigenkapitalinstrument verbunden, das zum Bezug von 25 % der Adler-Aktien berechtigt – Ausübungspreis 0 Euro. Der neue Kredit dient laut den Angaben vor allem dazu, fällige Finanzverbindlichkeiten der Gruppe zu refinanzieren. So stehen bei der Tochter Adler Real Estate in den nächsten Jahren 535 Mill. Euro und beim Projektentwickler Consus zusätzlich 80 Mill. Euro zur Rückzahlung an.

Lock-up

Die Kerngruppe der Bondholder unterwirft sich einem Lock-up. Das heißt: Die Anleihen dürfen weder übertragen noch abgetreten oder verkauft werden. Andere Bondholder können dem Lock-up beitreten und sollen die Möglichkeit erhalten, sich an der besicherten Fremdfinanzierung zu beteiligen. Ausgenommen ist der 2023 auslaufende Wandler der Adler Group.

Bei der Besicherung rangieren die neue Fremdfinanzierung an erster, die 2024er Anleihen, der Wandler und die Schuldscheine der Adler Group an zweiter und die übrigen Bonds an dritter Stelle. Auch bei der deutschen Tochter Adler Real Estate, die eigene Bonds begeben hat, werden geänderte Anleihebedingungen angestrebt, und zwar für die 2024 und für die 2016 auslaufenden Papiere (Gesamtvolumen 600 Mill. Euro), so dass die Bonds dann zweitrangig besichert werden könnten.

Die Bondhoder müssen dem Rettungspaket auf Gläubigerversammlungen zustimmen. Dafür ist eine Mehrheit von 75 % der Abstimmenden erforderlich. Gläubiger, die an der Abstimmung teilnehmen, zahlt Adler eine Gebühr von 25 Basispunkten. Der Finanzberater PJT und die Kanzlei White & Case haben Adler unterstützt. Für den Lenkungsausschuss der Anleihegläubiger arbeiten Houlihan Lokey als Finanz- und Hengeler Müller als Rechtsberater.

Der an diesem Dienstag fällige Convertible der Tochter Consus über 120 Mill. Euro werde zurückgezahlt, kündigt Kirsten an. Die auf der Homepage veröffentlichte Präsentation enthält eine Liquiditätsplanung, wonach Adler Group Ende 2024 noch 109 Mill. und Adler Real Estate 57 Mill. Euro Free Cash hat. Die auf 2025 vorgetragenen Verbindlichkeiten und den 2025 fälligen Bond wolle man durch Assetverkäufe finanzieren, heißt es.