Gold-Baisse bringt Minenindustrie in Bedrängnis
Von Martin Dunzendorfer, FrankfurtIm US-Bundesstaat Colorado läuft noch bis Mittwoch das Denver Gold Forum, eines der wichtigsten Branchentreffen weltweit. Alles, was in der Goldindustrie Rang und Namen hat, ist vertreten. Angereist sind die Teilnehmer mit der Erwartung, in den zahlreichen Diskussionsrunden einerseits etwas Klarheit über die zu erwartende Entwicklung in der Branche zu gewinnen, die angesichts der seit Jahren anhaltenden Baisse des Goldpreises nicht rosig ist, und andererseits Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt zu bekommen, wie den sinkenden Margen und hohen Schulden, die viele Goldproduzenten aufweisen, begegnet werden kann.Eine Option, wie das Geschäft rentabler und zukunftsträchtiger gestaltet werden kann, haben Barrick Gold, bislang nach Marktkapitalisierung die Nummer 2 der Branche, und Randgold Ressources durch die Bekanntgabe ihrer Fusionsabsicht aufgezeigt (siehe Bericht oben).Die Transaktion, aus der ein neuer Branchenführer hervorgehen würde, dürfte zum alles beherrschenden Thema auf der Konferenz geworden sein. Gleichwohl stellt sich Unternehmensvertretern, Bankern und Investoren die Frage, was den Abwärtstrend der Umsätze und Ergebnisse – von Fusionen und Übernahmen abgesehen – stoppen kann. Schließlich hat die Entwicklung des Goldpreises in den vergangenen fünf Monaten angesichts der insgesamt günstigen Rahmenbedingungen stark enttäuscht. Und unter Marktbeobachter wird nicht ausgeschlossen, dass die Leithammel der Branche – Newmont Mining und Barrick – wegen der Preisschwäche ihre Jahresprognosen revidieren müssen. Prognosebasis unterschrittenIn einem Monat, am 25. Oktober, wird Newmont die Zahlen für das dritte Quartal vorlegen. Am Aktienkursverlauf des nach Börsenwert immer noch schwersten Goldminenbetreibers der Welt (siehe Grafik) lässt sich ablesen, welche Wirkung der niedrige Unzenpreis wohl auf die Zwischenbilanz haben wird. Dies gilt in noch stärkerem Maße für die Nummer 2, Barrick Gold, die ihr Quartalsergebnis am gleichen Tag wie der Erzrivale präsentieren wird.Newmont, mit Sitz in Denver, hatte ihrer Jahresprognose einen durchschnittlichen Preis von 1 200 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm) zugrunde gelegt. Das mag im vierten Quartal 2017 eine zurückhaltende Annahme gewesen sein – nach der Entwicklung in den vergangenen Monaten und jüngsten Kursen von unter 1 200 Dollar ist sie das nicht mehr. Im ersten Quartal lag der Goldpreis gemäß Bloomberg im Schnitt noch bei 1 325 Dollar je Unze und im zweiten bei 1 253 Dollar. In diesem Jahresviertel liegt der Mittelwert nur noch bei 1 225 Dollar nach 1 280 im Vorjahr.Zwar ist eine Verfehlung des von Newmont angesetzten Durchschnittswertes weder im Gesamtjahr noch im zu Ende gehenden dritten Quartal zu erwarten, doch erstens weist der Trend nach unten, zweitens ist dann ein Unterschreiten des Mittelwertes im Schlussviertel des Jahres möglich und drittens sinkt mit nachgebendem Durchschnittspreis der Spielraum, mit dem höher als kalkulierte Einnahmen steigende Kosten – ein weiteres Problem der Branche – ausgleichen könnten.Noch mehr als Newmont dürfte der Abwärtstrend in diesem Jahr Barrick alarmieren. Der im westkanadischen Vancouver ansässige Goldproduzent legte seinen Schätzungen für 2018 einen Unzenpreis von durchschnittlich 1 300 Dollar zugrunde. Damit dürften die Prognosen für das Goldgeschäft von Barrick auf tönernen Füßen stehen. Sinkende Ergebnisse Schon die Halbjahreszahlen von Newmont gaben keinen Anlass für Zuversicht. Der Erlös ging leicht auf 3,48 (i.V. 3,57) Mrd. Dollar zurück. Das bereinigte Nettoergebnis fiel im Vergleich zum Vorjahr um 14 % auf 329 Mill. Dollar. Der operative Cash-flow sank von 893 Mill. auf 662 Mill. Dollar, und der freie Cash-flow brach auf 178 (539) Mill. Dollar ein.Die Goldverkäufe sanken auf 2,54 (2,77) Millionen Unzen. Im Schnitt wurden pro verkaufter Unze 1 310 (1 235) Dollar erlöst bei Kosten von 750 (677) Dollar. Newmont hat sich zum Ziel gesetzt, 2018 und 2019 jeweils 4,9 bis 5,4 Mill. Unzen Gold zu fördern, wobei die Löwenanteile der Goldproduktion zuletzt Nordamerika (39 %) und Australien (32 %) – also politisch “sichere” Regionen – beisteuerten. Mehrproduktion als AusgleichImmerhin plant Newmont keine Ausweitung der Produktion; mit diesem Kniff versuchen viele Minenbetreiber, ihre anvisierten Umsatzziele doch noch zu erreichen, da die sinkenden Preise per se die Erlöse drücken. Zudem gilt es, die Gläubiger der in der Regel hoch verschuldeten Unternehmen zu bedienen. Das über die gesamte Branche gesehen steigende Goldangebot drückt aber tendenziell den Unzenpreis – ein Teufelskreis.Der Umsatz von Barrick ging im ersten Halbjahr im Vergleich zur Vorjahreszeit um fast 16 % auf 3,5 Mrd. Dollar zurück. Das adjustierte Nettoergebnis – Goldproduzenten sind wahre Künstler im “Bereinigen” – fiel von 423 auf 251 Mill. Dollar. Der operative Cash-flow sank auf 648 (943) Mill. Dollar, der freie Cash-flow auf 9 (204) Mill. Dollar. Die Goldproduktion fiel um 23 % auf 2,12 Millionen Unzen. Im Schnitt wurden pro verkaufter Unze 1323 Dollar erlöst bei Kosten von 865 (778) Dollar.Trotz der beträchtlichen Kursverluste ist die Mehrheit der Goldminenbetreiber noch ambitioniert bewertet, da die Gewinne relativ stärker sinken. Unter den schweren Branchenvertretern weisen Barrick, Newcrest und Goldcorp auf Basis der Konsensgewinnschätzungen von Analysten für 2019 mit Kurs-Gewinn-Verhältnissen von 17,3 bis 18,3 noch die günstigsten Kennziffern auf (siehe Tabelle). Die besten Konsensempfehlungen können Wheaton (“sofort kaufen”) sowie Goldcorp und Agnico-Eagle (“starker Kauf”) vorweisen.