Großinsolvenzen steuern auf Rekordhoch zu
Großinsolvenzen steuern auf Rekordhoch zu
Wert des Corona-Jahres 2020 könnte übertroffen werden – Saniererbranche im Aufwind
sar Frankfurt
In Deutschland haben zwischen Juli und September 78 Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 10 Mill. Euro Insolvenz angemeldet. Das zeigen Statistiken der Restrukturierungsberatung Falkensteg. Damit bleibt die Zahl der Insolvenzen auf einem hohen Niveau: Der Fünf-Jahres-Durchschnitt liegt für Unternehmen dieser Umsatzgröße bei 60 Insolvenzen pro Quartal.
Mit Blick auf den bisherigen Jahresverlauf liegt die Zahl der Großinsolvenzen mit bislang 249 Fällen um 26% über dem Vorjahr. 2023 wurden im Zeitraum Januar bis September 197 Großinsolvenzen gemeldet. Damit steuern die Fallzahlen im laufenden Jahr auf ein Rekordhoch zu, erklärt Falkensteg-Partner Tillmann Peeters. „Die Großinsolvenzen werden in diesem Jahr voraussichtlich den Rekordwert von 330 Fällen erreichen – ein Niveau, das deutlich über dem Coronajahr 2020 liegt und eine Steigerung zum Vorjahr von 18% bedeutet.“
Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH), das auch kleinere Insolvenzen einbezieht, sah die Insolvenzzahlen im dritten Quartal bereits auf dem höchsten Stand seit 14 Jahren und erwartet weiter steigende Fallzahlen.
Knappe Kapazitäten
Die Zunahme bei den Insolvenzfällen hat auch Auswirkungen auf die Branche der Restrukturierer und Sanierungsberater. Die deutsche Saniererbranche erlebe „einen deutlichen Aufschwung“, beobachtet Peeters. Doch die Kapazitäten sind knapp. Die Gesellschaft für Restrukturierung TMA Deutschland bemängelte kürzlich, dass insbesondere Banken bei Restrukturierungen am liebsten mit Restrukturierern arbeiten, die sie bereits kennen. Dies erschwere es Berufseinsteigern, Erfahrung im Umgang mit Krisenfällen zu sammeln.
Obwohl in vielen Beratungshäusern derzeit Personal aufgebaut werde, stießen die Firmenretter jetzt schon an die Kapazitätsgrenzen, beobachtet auch Peeters. Er sieht trotz der hohen Nachfrage eine gedämpfte Stimmung in der Branche. Denn ein Allheilmittel für viele Krisen haben auch die Restrukturierer nicht: „Wir stehen bei der Sanierung vor Herausforderungen, für die wir derzeit keine adäquaten Lösungsansätze haben“, sagt Peeters. An vielen Stellen seien tiefgreifende Strukturreformen erforderlich, um dem schwachen Wirtschaftswachstum und geopolitischen Risiken zu begegnen.
Autozulieferer stellen meiste Insolvenzen
Neues Ungemach droht durch die von den USA angekündigten Zollerhöhungen. Sie würden die Automobilindustrie treffen, die hierzulande ohnehin bereits angeschlagen ist. Im dritten Quartal führten Automobilzulieferer die Liste der Großinsolvenzen mit 13 Fällen an, gefolgt von der Immobilienbranche (zehn Insolvenzanträge) und Metallwarenherstellern (acht Fälle).
Das am Umsatz gemessen größte Insolvenzverfahren im dritten Quartal ist der Falkensteg-Analyse zufolge Inapa Deutschland, ein Dienstleister für Papier, Verpackung, Großformatdruck und Logistik, der in der Statistik mit gut 720 Mill. Euro Umsatz geführt wird. Mehr als 1.000 Beschäftigte sind betroffen.