Grover macht Sprung auf Milliardenbewertung
sp Berlin
Der Berliner Miet-Commerce-Anbieter Grover hat bei Investoren unter der Führung des US-Impact-Investors Energy Impact Partner 110 Mill. Dollar Eigenkapital eingesammelt. Die in der Series C zugrunde gelegte Bewertung für das 2015 gegründete Start-up liegt erstmals oberhalb von 1 Mrd. Dollar, wie das Unternehmen am Donnerstag mitteilte. Hinzu kommen in der jüngsten Finanzierungsrunde 220 Mill. Dollar Fremdkapital, die von Fasanara Capital zur Verfügung gestellt werden. Insgesamt hat Grover, die Verbrauchern und Firmenkunden Elektronik vom Smartphone bis zur Playstation im Mietmodell anbietet, nach Angaben des Informationsdienstes Crunchbase bei gut zwei Dutzend Investoren bereits 2 Mrd. Dollar Fremd- und Eigenkapital eingesammelt und zählt damit zu den am besten finanzierten Start-ups aus Deutschland.
„Das ist für uns ein Riesenerfolg“, sagt Linda Rubin, die als Chief Investment Officer (CIO) seit dem vergangenen Jahr die Investorenansprache verantwortet, zum Sprung auf die Milliardenbewertung. Vor allem die Expansionsstrategie für die USA, das Wachstumspotenzial in bestehenden und neuen Märkten in Europa sowie die Pläne für das Geschäftskunden-Segment hätten die Investoren überzeugt. Aber auch das Thema ESG, bei dem Grover als Vertreter der Kreislaufwirtschaft punkten kann, gewinne für Investoren zunehmend an Bedeutung.
„Auch wenn ich nicht das Gefühl hatte, dass der Markt enorm unter Druck ist: Ich glaube schon, dass Investoren genauer hinschauen als noch vor einem halben Jahr“, sagt Rubin zum Marktumfeld. Für Unternehmen wie Grover, bei denen die Zahlen und das Team passten, bestehe aber weiterhin großes Investoreninteresse. Seit der Series B vor knapp einem Jahr habe sich der Umsatz verdoppelt auf eine Run Rate von 140 Mill. Euro zum Jahresende. Die Mobilisierung von rund 1,5 Mrd. Dollar Fremdkapital in den vergangenen zwölf Monaten, mit dem Grover ihr Inventar von derzeit gut 500000 Elektronikgeräten bis Ende 2024 auf 5 Millionen erweitern will, habe für Investoren viel Risiko aus dem Geschäftsmodell genommen. „Alles zusammen hat Grover für die Investoren auch zu dieser Bewertung eine sehr runde Geschichte ergeben“, sagt Rubin.
Starker Start in den USA
Die frischen Mittel will Grover unter anderem in die Expansion in den USA investieren, wo das Unternehmen erst im Herbst gestartet ist. „Wir waren trotz unserer hohen Erwartungen überrascht, wie sehr der Markt auf so ein Geschäftsmodell gewartet hat“, sagt Rubin. Aber auch in Deutschland und den weiteren Bestandsmärkten Spanien, Österreich und Niederlande habe man noch viel vor. Für den Einstieg in weitere europäische Ländermärkte gebe es noch kein Datum. Weit oben auf der Agenda stehe der Ausbau B2B-Geschäfts, das Grover erst auf Anfrage von Unternehmen gestartet hat und das zuletzt 15% des Umsatzes ausmachte. Das Thema Embedded Finance, in das Grover im November mit einer eigenen Debit-Karte gestartet ist, soll ebenfalls ausgebaut werden, sagt Rubin.
Trotz der von Inflation und Geopolitik getrübten Stimmung unter Verbrauchern traut sich Grover in diesem Jahr eine Verdoppelung des Umsatzes zu. Der Trend zu flexiblen Mietmodellen werde in unsicheren Zeiten eher noch verstärkt. „Es kommt jetzt mehr darauf an, worauf wir uns konzentrieren wollen und woher wie viel Wachstum herkommen soll“, sagt Rubin. Nach der jüngsten Runde könne man sich wieder ganz auf das operative Geschäft konzentrieren.
„Diskussionen über das Thema Spac oder ein IPO stehen erst mal nicht auf der Agenda“, stellt die ehemalige Investmentbankerin klar, deren Ankunft bei Grover im vergangenen Jahr von vielen Beobachtern als Zeichen für einen bevorstehenden Börsengang gewertet wurde. Auch über einen Deal mit einem Spac wurde spekuliert. „Für mich war das Allerwichtigste, erstmal das Eigenkapital einzusammeln, damit es für die Expansionsziele der Firma auf der Kapitalseite auch weiter keinen Engpass gibt. Das ist gelungen“, sagt Rubin dazu nur.
Mittelfristig könnte das Thema IPO für Grover und ihren Chief Investment Officer doch eine Rolle spielen, wie Firmengründer Michael Cassau, der Rubin im vergangenen Jahr zu Grover lotste, am Donnerstag andeutete. „Wir beschäftigen uns aktuell nicht konkret mit einem Börsengang. Aber in den nächsten fünf Jahren könnte das relevant werden“, sagte der CEO im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters.
Neben Energy Impact Partner aus New York, die erst im November einen Fonds über 1 Mrd. Dollar für Impact-Investments auf die Beine gestellt hat, kommen im Rahmen der jüngsten Finanzierungsrunde auch Co-Investor Partners aus Frankfurt, Korelya Capital aus Paris und die südkoreanischen Investoren Mirae Asset mit LG Electronics neu an Bord. Insgesamt ziehen laut Crunchbase acht Adressen in der Series C mit.