Übernahme von Netzwerkausrüster Juniper wackelt

HPE wehrt sich gegen US-Blockade von Milliarden-Deal

Das US-Justizministerium will die Übernahme von Juniper Networks durch Hewlett Packard Enterprise verhindern. Investoren, die auf einen M&A-Aufschwung unter Donald Trump gehofft hatten, sind geschockt.

HPE wehrt sich gegen US-Blockade von Milliarden-Deal

HPE wehrt sich gegen US-Blockade von Milliarden-Deal

xaw New York

Während M&A-Banker über ein Deal-freundlicheres Marktumfeld unter dem neuen US-Präsidenten Donald Trump jubeln, zieht das amerikanische Justizministerium (DOJ) erst die Daumenschrauben an. Der Kartellregulator reichte am Donnerstag bei einem Bundesgericht in San Francisco Klage ein, um die 14 Mrd. Dollar schwere Übernahme des Netzwerkausrüsters Juniper durch Hewlett Packard Enterprise zu verhindern.

Mehr Geld für weniger Leistung

In den vergangenen Wochen hatten die beiden Unternehmen dem Vernehmen nach noch im regen Austausch mit US-Regierungsvertretern gestanden und wollten somit eine Blockade abwenden. Doch der geplante Merger „werde den Wettbewerb erheblich reduzieren und das Innovationspotenzial schwächen“, sagte Omeed Assefi, der kommissarische Leiter der Kartellrechtsabteilung im Justizministerium. Dies werde dazu führen, dass weite Teile der amerikanischen Wirtschaft mehr bezahlen würden, um weniger Leistung von den Anbietern drahtloser Technologien zu erhalten.

Juniper Networks zählt zu den führenden Ausrüstern am amerikanischen W-LAN-Markt. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | PAUL SAKUMA.

Cisco Systems ist im Wireless-Network-Markt für große Unternehmenskunden und Regierungsorganisationen führend, Juniper und HPE folgen auf den nächsten Plätzen. Gemeinsam würden die drei Unternehmen nach Berechnungen des US-Justizministeriums 70% des Segments kontrollieren. HPE und Juniper Networks wehren sich gegen die Intervention der Regierung und kündigten in einer Mitteilung an, den Deal „energisch vor Gericht verteidigen“ zu wollen. Sie verweisen dabei darauf, dass die Übernahme in 14 anderen Rechtsräumen grünes Licht erhalten habe, unter anderem in Großbritannien und der Europäischen Union.

Stärke gegen globale Rivalen benötigt

Nach Darstellung von HPE und Juniper würde ein Deal den Wettbewerb sogar stärken, da ein kombiniertes Unternehmen gegen globale Rivalen wie der chinesischen Huawei, deren drahtlose Netzwerk-Produkte in den USA seit 2022 vom Verkauf ausgeschlossen sind, konkurrenzfähiger sei. Zudem steige durch einen Zusammenschluss die Kapazität für Investitionen in Forschung und Entwicklung und komme somit Kunden zugute, die ein „umfassenderes KI-getriebenes, in der Cloud beheimatetes IT-Paket“ erhielten.

Die Behauptung des Justizministeriums, dass der W-LAN-Markt hauptsächlich aus drei großen Spielern bestehe, habe mit den Realitäten des Marktes nichts zu tun. Der Regulator ignoriere andere gut kapitalisierte Branchenvertreter mit ähnlichen Anteilen wie Juniper, die über alle Kundensegmente hinweg aktiv seien und damit auch im Enterprise-Solutions-Geschäft. Die Abnehmer aus dem Kreis der Großunternehmen holten sich für die meisten Aufträge Angebote von fünf verschiedenen Wettbewerbern ein. Zudem seien die Eintrittsbarrieren infolge des KI-Booms und einer Verschiebung hin zu Cloud-getriebenen Geschäftsmodellen ohnehin gesunken. Die Analyse des Justizministeriums sei damit „voller Fehler“, der Regulator überschreite mit dem Eingriff seine Kompetenzen.

Hoffnung auf freundlicheres Umfeld unter Trump

Zuletzt hatte sich das noch ganz anders angehört: „Wir führen sehr gute Gespräche mit dem Justizministerium und müssen uns einfach durch den üblichen Prüfprozess arbeiten“, sagte Antonio Neri, CEO von Hewlett Packard Enterprise, Anfang Dezember im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Er sei „sehr zuversichtlich, dass wir die Akquisition spätestens im Frühjahr 2025 abschließen werden“, führte der Vorstandschef des 2015 von HP abgespaltenen Informationstechnologieriesen aus.

Antonio Neri, CEO von HPE, wirft dem US-Justizministerium Fehler in der Analyse des drahtlosen Netzwerkmarktes vor. Foto: picture alliance/KEYSTONE | ALESSANDRO DELLA VALLE.

Neri betonte zugleich, dass sich die Voraussetzungen mit dem Machtwechsel in Washington nicht grundlegend veränderten. Doch die Hoffnung vieler Investoren und Analysten war klar: Dadurch, dass das Justizministerium eine Entscheidung über den Deal in die Zeit der Trump-Administration verschiebe, wurde eine Freigabe ihrer Meinung nach wahrscheinlicher. Denn der Republikaner wirbt mit einer marktfreundlicheren Regulierung, die zuletzt die Hoffnung auf einen allgemeinen Aufschwung bei M&A beflügelt. „Der M&A-Markt hat 2024 Zeichen einer Belebung gezeigt, und es sind genügend Treiber vorhanden, die 2025 für eine Beschleunigung sorgen könnten“, kommentieren die Analysten von S&P Global Market Intelligence und beziehen sich dabei neben einer gelockerten Geldpolitik der Federal Reserve auch auf ein weniger aggressives Vorgehen der Kartellbehörden.

Analysten sehen hohes Potenzial durch Deal

Insbesondere die Wettbewerbsaufsicht FTC setzte dem Technologiesektor in der Regierungszeit von Präsident Joe Biden hart zu, indem sie vor Gericht gegen Übernahmen durch die Branchenriesen vorging und ihre bestehenden Geschäftsmodelle mit Monopol- und Verbraucherschutzklagen attackierte. Dabei arbeitete sie eng mit dem Justizministerium zusammen. Doch mit der ehemaligen FTC-Vorsitzenden Lina Khan, die sich mit ihrer engen Auslegung des Kartellrechts auf beiden Seiten des politischen Spektrums Feinde machte, und Jonathan Kanter, dem Leiter der Antitrust-Abteilung des DOJ, sind die entscheidenden Protagonisten dieses Kurses unter Trump nicht mehr an Bord.

Der ehemalige Assistenz-Generalbundesanwalt, Jonathan Kanter, ist als zentraler Protagonist der harten US-Kartellregulierung nicht mehr am Steuer. Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Mark Schiefelbein.

Umso überraschender trifft Investoren die Blockade der Juniper-Akquisition. Die Aktie des Netzwerkausrüsters stand im späten New Yorker Handel am Donnerstag ebenso unter Druck wie das Papier von HPE. Zuletzt hatten Analysten den erwarteten Deal noch mit großem Optimismus begleiten: Morgan Stanley stufte die Aktie von HPE im Dezember von „Equal Weight“ auf „Übergewichten“ hoch und verwies darauf, dass das IT-Unternehmen durch die damals als wahrscheinlich geltende Juniper-Akquisition seine ohnehin starke Basis an Cloud-Kunden erweitern werde. Dies könne die Gewinnstärke des in Texas ansässigen Unternehmens um 40 bis 50% antreiben und damit für äußerst positive Bewertungseffekte sorgen, betonte das Research-Team der Investmentbank noch vor zwei Monaten.

Unternehmen „fest entschlossen“

Zuletzt hatten HPE und Juniper laut Insidern eine Vereinbarung abgelehnt, durch die das neu besetzte Justizministerium mehr Zeit erhalten hätte, über eine mögliche Intervention zu entscheiden. Dass sie eine tiefere Prüfung der Untersuchungsergebnisse zum Merger aus der Biden-Administration offenbar nicht abwarten wollten, geht für sie nun nach hinten los. Doch zeigen sich die Unternehmen „fest entschlossen“ und optimistisch, die Transaktion doch noch zum Abschluss zu bringen.

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