IG Metall fürchtet um 300 000 Arbeitsplätze
jh München – Die IG Metall stellt sich auf Auseinandersetzungen um Arbeitsplätze mit den Industrieunternehmen in Deutschland ein. 300 000 Stellen stünden im Feuer, sagte Jürgen Kerner, Vorstandsmitglied und Hauptkassierer der Gewerkschaft, im Münchner Club Wirtschaftspresse. “Wir gehen davon aus, dass es im Herbst in jedem Betrieb eine Auseinandersetzung gibt.” Dann stehen in der Metall- und Elektroindustrie sowie in der Stahlbranche Tarifrunden an. Die IG Metall werde um jeden Arbeitsplatz kämpfen.Die von der Coronavirus-Pandemie verschärfte Konjunkturschwäche trifft nach Kerners Darstellung vor allem die Autoindustrie mit ihren überwiegend mittelständischen Zulieferern. Diese hielten eine Krise über zwei bis drei Jahre nicht durch. Der Staat müsse sich deshalb etwas einfallen lassen. Als Beispiel für Hilfen nannte er den Staatsfonds in Frankreich.”Wir merken inzwischen, dass wir Ende 2020 noch nicht aus der Krise sein werden”, sagte Kerner, der unter anderem in den Aufsichtsräten von Siemens, Thyssenkrupp und Traton sitzt. Die IG Metall plädiert deshalb für eine Verlängerung der Kurzarbeit auf 24 Monate. Die Signale aus der Politik seien positiv, fügte er hinzu. Erst nach dem Ausschöpfen der Kurzarbeit sollte man sich Gedanken machen, “kollektiv die Arbeitszeit zu senken”.Auf die Frage, ob Unternehmen wie in der Vergangenheit die Krise nutzten, um Restrukturierungen mit Stellenabbau durchzusetzen, antwortete Kerner: “Ein Großteil der 300 000 ist Optimierung unter dem Deckmantel Corona.” Jetzt trauten sich Firmen, Pläne aus der Schublade zu holen, die schon lange vor Ausbruch der Pandemie entworfen worden seien. “Wenn die ersten Unternehmen damit durchkommen und sich optimieren, dann wird der Druck auf andere steigen.” Kerner appelliert, nicht zu vergessen, wie erfolgreich die deutsche Industrie die Finanz- und Konjunkturkrise 2008/09 bewältigt habe. Mit Kurzarbeit könnten auch jetzt Mitarbeiter gehalten werden, die wie vor einem Jahrzehnt im nächsten Aufschwung dringend gebraucht würden. Thema im WahlkampfKerner erwartet, dass Arbeit ein wichtiges Thema im Wahlkampf zur nächsten Bundestagswahl wird, die im Herbst 2021 stattfindet. Er glaube nicht, dass die Politik dann viel mehr Arbeitslose in Deutschland wolle. Wenn Parteien mit einem Nachjustieren des Konjunkturpakets punkten wollten, müsse dies noch in diesem Jahr passieren. Wenn ein großer Teil der aus seiner Sicht gefährdeten 300 000 Industriearbeitsplätze verloren gingen, gewönne das rechte Lager der Politik, vermutet das SPD-Mitglied. “Das darf man nicht zulassen.”